Dein Name

große Herausgeber. Der arme Wirt! entfährt es dem Handlungsreisenden, der den Gastgeber fragt, ob er einen Kontakt zu dem Herausgeber beschaffen könne, eine Postadresse oder Telefonnummer. Er weiß jetzt, wo er hinfahren möchte, wenn seine Baustellen geschlossen sind.
    Um die Tochter beginnt er sich ebenfalls wieder zu sorgen. Schon wieder, noch immer ist die Frau ein Pflegefall. Aus schlechtem Gewissen und Erschöpfung erlaubt sie der Älteren alles, greift nicht ein, spielt im Bett mit ihr Monopoly, obwohl gleich die Klavierlehrerin klingelt und die Tochter noch nicht angezogen ist, dann taucht auch noch sein Vater auf, bis es wirklich spät wird, Schluß jetzt, zieh dich sofort an, befiehlt die Frau im Bett, diese Runde noch, erwidert die Ältere, okay, diese eine Runde noch, knickt die Frau ein, und danach: jetzt ziehst du dich sofort an, ich habe keine Lust auf Klavier, beeil dich, schrei mich nicht so an, red nicht so mit mir, ich hasse die Klavierlehrerin, entschuldige dich bei Opa, es klingelt, die Klavierlehrerin steht an der Tür, die Ältere erst halb angezogen, der Vater beleidigt abgezogen, die Frau keine zwanzig Stunden, nachdem sie wieder zu Hause ist, am Rande des Nervenzusammenbruchs, und es sind noch viereinhalb Monate bis zum 17. Juni 2007, in denen sie das Bett möglichst nicht verlassen soll. Und er, was macht er, während Frau und Tochter sich anbrüllen, der Vater verärgert verschwindet und die Klavierlehrerin klingelt? Liefert im Arbeitszimmer wieder eine Meinung ab, um den Betrieb am Laufen zu halten, seid doch mal ruhig!, ansonsten Organisieren, Haushalt, Kochen, Hausaufgaben, dazu noch das zweite Kinderzimmer einrichten und das Bad renovieren, das muß natürlich auch jetzt geschehen, ist klar, damit einem der Kot nicht bis zum Knie reicht, das Hochbett im anderen Kinderzimmer, damit das Klavier hineinpaßt, das im künftigen zweiten Kinderzimmer steht, die Haushaltshilfe, die natürlich Iranerin sein soll, damit sie im Idealfall später aufs Baby aufpaßt – aber von welchem Geld, sollte die Krankenkasse die Haushaltshilfe nicht zahlen?, und die Schwägerinnen denken, er würde nur knausern, wenn er mitteilt, daß er nächstes Jahr auf den Skiurlaub verzichtet, der ihn fünfzehn Meinungen kostet, fünfzehnmal so tun, als sei er interessiert. Hoffentlich stirbt jetzt nicht noch jemand. Alles andere schreibt sich oder schreibt sich nicht, aber wenn jemand seine Seele aushaucht, gilt die Regel, daß alles stehen- und liegengelassen wird für ihn. Sex ist auch verboten, wegen der Operation noch Monate nach der Geburt, und es war natürlich ein ganz großer Fehler, ein wirklich dickes Ei, das er sich geleistet hat, daß er am Abend ihrer Entlassung von den Augustinerinnen – und sie war schon niedergeschlagen genug – von den natürlichen Trieben der Menschen sprach, nicht nur der Männer, und daß es nichts zu tun habe mit ihr, überhaupt sei sie wunderschön mit ihrem Kugelbauch, das stimmt auch, heute morgen hat er sie im Bad lange betrachtet, frisch rasiert wegen der Operation, wunderschön, daß er beim Schreiben schon wieder Erektion bekommt, aber es ginge nun einmal nicht, das sei ihnen verschlossen im konkreten physischen Sinne. – Dann hol dir halt fünfmal täglich einen runter, unterbrach sie ihn schnippisch, soviel Mitgefühl darf ich wohl erwarten. Die Waschmaschine im Büro, das niemals eine Wohnung zu werden scheint, piept am Samstag, dem 27. Januar 2007, um 13:31 Uhr. Er muß die Wäsche aufhängen, im türkischen Supermarkt unten rasch einkaufen und nach Hause. Um 14 Uhr erwartet er eine Iranerin, die sich als Haushaltshilfe bewirbt.
    Weitere Chemotherapien sind nicht mehr nötig. Ihre Stimme hörte er im Hintergrund Grüße bestellen, Salâm beresun , wörtlich: Ȇberbringe Frieden«. Sie ist also wieder zu Hause. Ob er kommen soll, fragte der Freund aus Köln noch rasch, als ob er kommen könnte. Im Augenblick nicht, antwortete der Bildhauer in München. Der Freund fragte nicht, warum die Ärzte erst jetzt die Ursache für die Rückenschmerzen erkannt haben. Das muß man doch erkennen können, sagt er sich am Sonntag, dem 28. Januar 2007, um 23:11 Uhr, Rheuma muß man doch auf den ersten Blick von Metastasen unterscheiden können. Bei der Ungeborenen erkennen sie auf dem Bildschirm einmal wöchentlich soviel. Im