Dein Name

mir doch für den Fall unserer Versöhnung vorgenommen, das islamische Gebet zu verrichten, und hat meine Frau einen neuen Grund, nach Iran zu reisen.
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    In Hamm, wo ein Zugteil mit dem anderen verbunden wird, tragen die Menschen T- Shirts auf dem Bahngleis, so daß auch ihm bald warm werden müßte. Eine pünktliche Ankunft vorausgesetzt, ißt der Handlungsreisende am Donnerstag, dem 12. April 2007, gegen halb neun mit der Findungskommission in Berlin zu Abend, um die Details des Brotberufs zu besprechen, den er am Münchner Flughafen im Marschschritt zwischen Sicherheitsschleuse und Boarding doch noch ergriffen hat. Anderthalb Stunden zuvor hatte er Nasrin Azarba zum letzten Mal gesehen. »In meinem Leben habe ich ja nur zu oft erfahren, daß Pläne und Wünsche, mochten sie auch mit meiner Natur zusammenstimmen, weit über die Wirklichkeit hinausgriffen und dann von den Umständen erdrükt wurden, die das Schiksaal dem Lebensweg vorausbestimmt hatte«, schreibt Hölderlin am 23. Juni 1801. »Ich will meine Lage verändern und bin entschlossen, das Leben eines privatisirenden Schriftstellers, das ich führe, nicht länger fortzusezen.« Eingestanden hatte sich der Handlungsreisende längst, daß ihn das letzte Jahr, die Engpässe und Unwägbarkeiten, die sich plötzlich auftaten, empfänglicher gemacht haben für eine Festanstellung – »weichgekocht« nannte er es zwischen Sicherheitsschleuse und Boarding. In jedes Mikrophon sprechen zu müssen, das ihm vor die Nase gehalten wird, ist nicht die Berufung, die er meinte, als er allen Berufen entsagte. Heute zum Beispiel rief ein Nachrichtenmagazin an, um den Handlungsreisenden zum Verband der Exmuslime zu befragen, dessen Gründung in Deutschland das Tagesthema ist. Was er dachte, sagte der Handlungsreisende natürlich nicht, sondern redete sich damit heraus, gleich zum Bahnhof gehen zu müssen. Überhaupt Meinungen – mit Meinungen ließe sich leicht überleben im Westen, er müßte nur immer neue Meinungen ausstoßen, besser noch eine Meinungsmaschine anschaffen mit mehreren Mitarbeitern, die am laufenden Band Meinungen von ihm produziert zu sämtlichen Themen zwischen Holocaust, Heterosex und dem Heiligem oder, was das Heilige betrifft, sich am besten in zwei Muslime aufteilen, einen echt, einen ex, dann müßte er nicht über eine Festanstellung nachdenken, dann könnte er bei jedem Anruf auf einen Knopf drücken und schon spuckte die Maschine die gewünschte Meinung für oder gegen Holocaust, Heterosex und das Heilige aus, aber er will das nicht, er will keine Meinungen mehr, wenn überhaupt einen Brotberuf, will er Bericht erstatten, Beschreibungen statt Thesen, Fragen statt Expertisen, Widersprüche statt Urteile, doch Berichte will keiner haben und erst recht nicht bezahlen, allein schon die Spesen, was sagen Sie? viertausend Euro?, dafür haben wir unsere Korrespondenten (aber die schreiben elf Artikel im Monat aus sieben Ländern und werden eingespart einer nach dem anderen), wenn Sie hingegen eine Meinung haben, die nehmen wir gern, zum Monotheismus, zur Neuen Monogamie oder heute zu den Exmuslimen, sagen Sie schon, was denken Sie darüber, es dauert nicht lang, und wir zahlen sehr gut. Relativ schnell gelang es ihm, das Nachrichtenmagazin abzuschütteln. Nein, über die Gefährdungslage der Exmuslime könne er nichts sagen, sein Gebiet sei der deutsche Roman – aber Sie haben doch Islam studiert! – und als Orientalist Texte des siebten bis zwölften Jahrhunderts; ein Altgermanist sei schließlich auch nicht per se geeignet, sich kompetent zum Rechtsradikalismus zu äußern. Zum Schluß lobte das Nachrichtenmagazin sein akzentfreies Deutsch, da war der Handlungsreisende endgültig bedient. Bin hier geboren, knurrte er. Ach so, stammelte das Nachrichtenmagazin. Kommt vor, kläffte der Handlungsreisende. Stimmt, entschuldigte sich das Nachrichtenmagazin. Himmel hilf, klagte der Handlungsreisende, aber das Nachrichtenmagazin hatte schon aufgelegt. Um 0:41 Uhr wird er mit dem Nachtzug weiter zur Beerdigung fahren, Ankunft so Gott will in München um 9:01 Uhr. Die Ansage, daß man in der ersten Klasse am Platz bedient werde, scheint nicht an ihn gerichtet gewesen zu sein. Auf dem Tisch liegen drei Bände Hölderlin, als wolle er sie alle bis München lesen, im Rollkoffer außerdem Band neun für