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vormittag jemanden, der die Satellitenanlage repariert, weil er Samstag nachmittag zwanzig iranische Freunde erwartet, um auf der Terrasse das Spiel gegen Mexiko zu sehen (wenn es nicht gegen Mexiko wäre, könnte er eine der iranischen Kneipen am Zülpicher Platz aufsuchen, die sich wie alle iranischen Kneipen Kölns für die Kundschaft mexikanisch tarnen und damit für ein Spiel gegen Mexiko ausscheiden), dann geht der Nachbar die Gasse auf und ab und fragt in einem Laden, egal welchem, er fragt: Sag mal, kennst du jemanden, der uns schnell die Satellitenanlage repariert, heute nachmittag das Spiel Iran gegen Mexiko, du weiÃt schon. In dringenden Fällen wie FuÃball nimmt er die Ãltere mit, weil die Türken, Araber, Iraner und der deutsche Ko-Kioskbetreiber noch eine Spur bemühter sind, wenn ihnen ein Kind freundlich guten Tag wünscht. Im ersten Laden, sagen wir dem bulgarischen Paketshop, heiÃt es: Satellit?, heute?, isse nicht möglich, heute Samstag, musse du Montag komme. Dann sagt der Nachbar fünf Sekunden nichts, hält einfach mal die Klappe und das Schweigen aus. Die Ãltere schaut derweil traurig zu Boden, was man ihr nicht sagen muÃ, weil die Aussicht, Iran gegen Mexiko zu verpassen, sie wirklich betrübt. â Wart mal, ich ruf Freund an, sagt der Paketannehmer spätestens in der sechsten Sekunde. Der Freund ist aber nicht da. â Ich ruf andre Freund an. Der kennt sich aber nur mit Telefonanlagen aus. Für Telefonanlagen kann der Nachbar auch zum Iraner gegenüber gehen. â Gleich kommt Freund, den kann ich fragen, will ihnen der Paketannehmer nicht die Hoffnung rauben. Der Nachbar hinterläÃt eine Handynummer und geht mit der Ãlteren über die StraÃe zum Iraner gegenüber, bei dem sich der Vorgang auf persisch wiederholt, allerdings in vierfacher Länge, weil die Höflichkeitsfloskeln dazukommen (dafür fällt das Schweigen weg), danach in den Kiosk und noch in drei, vier andere Läden zwischen der Kneipe und dem Ausgang der Gasse zum Bahnhof. Um ein Uhr ist die Satellitenanlage repariert. Einer von den Freunden ist schlieÃlich aufgetaucht oder herbeigerufen worden oder kennt wieder einen anderen Freund, der zufällig heute im türkischen Supermarkt einkaufen wollte, oder einer der Händler schickt seinen Sohn, der übers Wochenende die Familie besucht â er studiert Elektrotechnik in Darmstadt â, oder der Händler selbst kommt nach Ladenschluà schnell vorbei, um sicherzugehen, daà die Ãltere das Spiel auf keinen Fall verpaÃt und der Nachbar die Gäste nicht wieder ausladen muÃ, zumal das Pide schon bestellt, das Kölsch schon geliefert worden ist. Im besagten Fall war es der Iraner von gegenüber, der keinen seiner Freunde erreicht und deshalb selbst vorbeigeschaut hat, weil er sich als Mobilfunkhändler auch mit Satelliten auskennt, der gleiche Iraner, der heute das Handy repariert, das dem Nachbar gestern beim Spülen ins Wasser fiel. Was haben Männer auch in der Küche zu suchen? machte der Iraner von gegenüber sich lustig: Der entschwundene Mahdi habe wörtlich gesagt, daà Männer nicht spülen sollen, nachzulesen bei Kufi, fünftes Buch, vierter Band, die genaue Seitenzahl trage er nach, was ihm nicht gelingen wird, weil Kufi bereits hundert Jahre tot war, als der Mahdi Mama sagte. Wie gern wüÃte der Nachbar, wie es Hanna-Zoe geht. Er selbst hat nach der Geburt der Töchter noch vor den Rundmails an das komplette AdreÃverzeichnis jedesmal zwanzig oder dreiÃig solcher Geburtsanzeigen gesimst. Die Nachricht von Hanna-Zoes Geburt ist vom 1. November 2005, 12:14 Uhr, die Absenderin eine Tanja, die zusammen mit Lars-Uwe unterzeichnet hat, ihrem Mann oder Freund, dem Vater jedenfalls. Aus dem Ordner mit den versandten Mitteilungen, der zwei Einträge enthält, läÃt sich ersehen, daà das Handy einer Sabine gehörte. 0049.162.3933.169 gratuliert Sabine zum neuen Auto und heiÃt ihn oder sie »willkommen im micra-club!:-) allzeit gute fahrt!«. Im Postskript kündigt sie für den 17. Juni ihre Hochzeit an, »einladung folgt!«. Aus der zweiten gesendeten Nachricht, die Sabine zu löschen vergaÃ, Empfänger »mama + papa«, geht hervor, daà ihr Leben sich einschneidend verändert hat: »Buddi, goodbye basel. Trete letzte heimfahrt an. Das kapitel ist abgeschlossen, montag beginnt ein neues.
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