Dein Name
mit ihren verwirrenden Namen richtig übersehe. Hedayatollah Sohrab wiederum war GroÃvaters bester Freund auf der Amerikanischen Schule in Teheran, geht aus dessen Selberlebensbeschreibung hervor.
Die nächsten beiden, sogar ziemlich langen Kapitel handeln wieder nur von den Bahais: »Religionsfreiheit und die Aktivitäten der Bahai-Studenten« und »Warum ich kein Bahai geworden bin«. Daà GroÃvater so oft die Bahais erwähnt, überrascht mich deshalb, weil sie in unserer Familie nie erwähnt wurden. Für den allgemeinen Leser mit Interesse an der Geschichte Irans, an den er dachte, ist das insofern interessant, als die Geschichtsbücher selten auf die breite Wirkung dieser neuen Religion auf die europäisch orientierten Eliten Irans eingehen. Der Respekt, mit dem GroÃvater über die Bahais schreibt â vor jedem ihrer Namen steht Ãghâ , »Herr« â, kontrastiert seltsam mit der schroffen Ablehnung ihrer Lehre. Er selbst fand das wahrscheinlich gar nicht seltsam. Er konnte einen anderen Glauben schroff ablehnen und dessen Anhängern dennoch zugetan sein. Genaugenommen wäre das Toleranz, nicht die Gleichgültigkeit unserer Tage. Für einen Muslim, der an Mohammad als das Siegel der Propheten glaubt, ist es nichts Besonderes, das Christentum oder das Judentum gelten zu lassen, da er sie als Vorgängerreligionen in die eigene Offenbarungsgeschichte einreihen kann, ebenso den Zoroastrismus. Ein neuer Prophet hingegen muà aus dieser Sicht ein falscher Prophet sein, da er sonst den Islam widerlegte. Eine theologische Anerkennung ist daher strenggenommen unmöglich. GroÃvater, der seit seiner Jugend »mit dieser Gruppe« in ständigen Kontakt stand und viele ihrer Wortführer persönlich kannte, hat »nicht den geringsten Zweifel daran, daà ihre Lehre keinerlei Verbindung zu den wahren Religionen Gottes und ihre Gründer keinerlei Ãhnlichkeit mit irgendeinem von Gottes Gesandten aufweisen«. Seine Cousins, die Bahais waren, nennt er im nächsten Satz dennoch aziz , »lieb«, nur daà sie und er schon länger das Gespräch über religiösen Themen vermieden, da es zu nichts führe als beidseitigem Ãrger. Er schildert, wie er sich dennoch vor einigen Jahren bei einem der üblichen Donnerstagabende, an denen sich vierzig, fünfzig Verwandte und Bekannte in einem Wohnzimmer trafen, in einen Disput mit Hedayatollah Sohrab verwickeln lieÃ, den Vater des Cousins in Rüdesheim, den wir als Brigadegeneral Sohrab kannten, wenn ich mich nicht vertue, Chef der Isfahaner Wehrdienstbehörde ( nezâm wazife-ye Esfahân müÃte Wehrdienstbehörde sein). Er könne doch Englisch, rief der immer gutgelaunte Hedayat GroÃvater zu, der steif wie immer auf einem Stuhl an der gegenüberliegenden Querwand saÃ, da werde er wissen, daà auf jedem Medikament ein Verfallsdatum steht: »Wie kommt es, daà ihr dann an einer Religion festhaltet, deren Haltbarkeit längst abgelaufen ist? Seht ihr denn nicht, welche moralische Verkommenheit die muslimischen Gesellschaften erfaÃt hat? Und ist diese offenkundige Realität nicht Beweis genug, daà es sinnlos ist, die islamische Lehre zu befolgen?« Mit mühsam unterdrückter Wut brachte GroÃvater seine Argumente vor, die ich nicht aufzählen will. Wichtiger ist mir, was er als Oberhaupt der Familie danach schreibt: Wenn er etwas für wahr oder falsch erkläre, sei das kein Grund für einen anderen, ihm einfach zu glauben. Er rate, mehr noch: er hinterlasse es seinen Kindern und Enkeln ebenso wie den jüngeren unter seinen Lesern als sein Vermächtnis, die metaphysischen Angelegenheiten nicht für nachrangig zu halten und sich nicht damit zu begnügen, was sie hier und dort, von ihren Eltern, Verwandten oder Lehrern darüber hörten. Jeder Mensch sei ausersehen, die unterschiedlichen religiösen Lehren selbständig zu erforschen. Die Traditionen und Sitten könne man von Ãlteren übernehmen, aber die Grundprinzipien einer Religion müsse jeder Mensch sich selbst erschlieÃen, und zwar mit den Mitteln seiner eigenen Vernunft. Er empfehle, sich geeignete Lehrer zu suchen, möglichst viele Bücher zu lesen und vor allem nachzudenken, jede Unsicherheit, jede Frage, jeden möglichen Widerspruch zu erwägen, um schlieÃlich zu einem eigenen Urteil zu gelangen. Wahrheit könne niemals nachgeahmt,
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