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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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es nur um die Putzfrau ging, der meine Frau nicht Bescheid gegeben hatte, daß wir verreist sind. Als ich mich endlich wieder beruhigte, las ich den Bericht, den mir ein Freund aus Teheran weitergeleitet hatte. An dem Schock, den er hervorrief, mag die Scham beteiligt gewesen sein, daß ich mich so maßlos über die paar Euro geärgert oder mein Ärger sich jedenfalls an ihnen entzündet hatte. Man findet jeden Tag solche Nachrichten aus Gefängnissen, doch diese fand mich nicht wie jeden Tag. Wie zur Buße begann ich, den »Bericht über die letzten Momente des würdigen Todes des Studentenführers Akbar Mohammadi, der einem unmenschlichen System zum Opfer gefallen ist« zu übersetzen. Per Mail bat ich die Autorin Mariam Kaschani um Erlaubnis, die deutsche Fassung zu veröffentlichen, und um eine Kontonummer für das Honorar.
    Die Leiche Akbar Mohammadis wurde im Dorf Tschangemian bei Amol begraben. Ringsum standen Sicherheitsbeamte. Die Eltern hatten keine Erlaubnis erhalten, an dem Begräbnis teilzunehmen. Aus der Türkei kommend, waren sie am Dienstag, dem 1. August, nachts um halb drei in Teheran gelandet. In der Nacht zuvor hatten sie noch im persischen Dienst eines Auslandssenders vom schlechten Zustand ihres Sohnes berichtet. Nun kehrten sie nach Iran zurück, damit sie an seiner Leiche weinten, obwohl der Sohn verboten hatte, daß man um ihn weint. Etwa zweihundert Menschen hatten sich im Terminal 1 des Flughafens Mehrabad in Teheran versammelt, um die trauernden Eltern zu trösten. Aber auch diesen Trost hat man den Eltern versagt. Als sie aus dem Flugzeug ausstiegen, wurden sie von Sicherheitsbeamten abgeführt. Einige Stunden später wurde bekannt, daß die Eltern »unter Bewachung« in ihre Heimatstadt Amol gebracht worden waren.
    Manutschehr Mohammadi, der Bruder von Akbar, hat vom Gefängnis aus erklärt, daß ihm eine Ausgangsgenehmigung zugesagt worden sei, um dem Begräbnis seines Bruders beizuwohnen. Seine Stimme war der Schmerz selbst, als er von Akbar sprach. Zugleich freute er sich, daß ihm vergönnt war, am Grab seines Bruders niederzufallen.
    Bevor Akbars Körper der Erde anvertraut wurde, kamen seine Mitgefangenen im Saal eins von Trakt 350 des Evin-Gefängnisses zusammen und verdichteten all ihre Wehklagen in einer Minute des Schweigens. Dann ergriff Doktor Nasser Zarafschan das Wort, der inhaftierte Rechtsanwalt, der die Angehörigen ermordeter Dissidenten vertreten hatte. »Aus welchem Grund wurde Akbar Mohammadi trotz seiner Herzkrankheit wieder in den allgemeinen Gefängnistrakt verlegt?« fragte er: »Wer hat diese Verlegung veranlaßt?« Die Gefängnisleitung habe den Tod bewußt herbeigeführt, fuhr Doktor Zarafschan fort, weil sie Akbar Mohammadi im Wissen um seinen lebensbedrohlichen Zustand zurück in Trakt 350 verlegt habe. Anschließend trug Chaled Hordani ein Gedicht vor, das er Akbar Mohammadi gewidmet hatte. Außerdem wurde ein Aufruf der politischen Gefangenen verlesen, bevor die Mithäftlinge von ihren Erinnerungen an Akbar berichteten, von seinen letzten Stunden, von dem Moment, als er in die Zelle zurückgebracht wurde, von dem Wärter, der ihn anschrie: »Selbst wenn du hier wie ein Hund krepierst, werden wir dir keine Beachtung schenken.«
    Einer seiner Mitgefangenen hat die letzten Momente Akbar Mohammadis wie folgt geschildert: »Sein Brustkorb wurde heiß. ›Mein Herz tut mir weh‹, sagte er: ›Gebt mir etwas Kaltes, damit ich es aufs Herz lege.‹ Wir haben es ihm nicht gegeben. Das Eis hätte seinen Zustand nur verschlimmert. Statt dessen haben wir kalte Wasserflaschen geholt. Er legte sie unters Hemd, auf sein Herz. Nach ein paar Minuten war die Flasche nicht mehr kalt, so daß wir die zweite Flasche auf sein Herz legten. Wir haben seine Füße massiert. Zwanzig Minuten lang haben wir seinen linken Fuß massiert. Sein Fuß war steif wie ein Stück dürres Holz. Er bewegte sich nicht. Sein Körper war ausgetrocknet. Durch seine Lippen zogen sich tiefe Risse. Seine Sehkraft war fast erloschen. ›Lieber Akbar‹, sagten wir, ›laß endlich gut sein! Brich den Hungerstreik ab! Du bringst dich um.‹ ›Das Regime muß wissen, daß wir keine Hunde sind‹, antwortete er: ›Es soll wissen, daß wir Menschen sind, es soll endlich verstehen, daß wir eine Würde haben.‹ Er war wütend

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