Dein Name
es nur um die Putzfrau ging, der meine Frau nicht Bescheid gegeben hatte, daà wir verreist sind. Als ich mich endlich wieder beruhigte, las ich den Bericht, den mir ein Freund aus Teheran weitergeleitet hatte. An dem Schock, den er hervorrief, mag die Scham beteiligt gewesen sein, daà ich mich so maÃlos über die paar Euro geärgert oder mein Ãrger sich jedenfalls an ihnen entzündet hatte. Man findet jeden Tag solche Nachrichten aus Gefängnissen, doch diese fand mich nicht wie jeden Tag. Wie zur BuÃe begann ich, den »Bericht über die letzten Momente des würdigen Todes des Studentenführers Akbar Mohammadi, der einem unmenschlichen System zum Opfer gefallen ist« zu übersetzen. Per Mail bat ich die Autorin Mariam Kaschani um Erlaubnis, die deutsche Fassung zu veröffentlichen, und um eine Kontonummer für das Honorar.
Die Leiche Akbar Mohammadis wurde im Dorf Tschangemian bei Amol begraben. Ringsum standen Sicherheitsbeamte. Die Eltern hatten keine Erlaubnis erhalten, an dem Begräbnis teilzunehmen. Aus der Türkei kommend, waren sie am Dienstag, dem 1. August, nachts um halb drei in Teheran gelandet. In der Nacht zuvor hatten sie noch im persischen Dienst eines Auslandssenders vom schlechten Zustand ihres Sohnes berichtet. Nun kehrten sie nach Iran zurück, damit sie an seiner Leiche weinten, obwohl der Sohn verboten hatte, daà man um ihn weint. Etwa zweihundert Menschen hatten sich im Terminal 1 des Flughafens Mehrabad in Teheran versammelt, um die trauernden Eltern zu trösten. Aber auch diesen Trost hat man den Eltern versagt. Als sie aus dem Flugzeug ausstiegen, wurden sie von Sicherheitsbeamten abgeführt. Einige Stunden später wurde bekannt, daà die Eltern »unter Bewachung« in ihre Heimatstadt Amol gebracht worden waren.
Manutschehr Mohammadi, der Bruder von Akbar, hat vom Gefängnis aus erklärt, daà ihm eine Ausgangsgenehmigung zugesagt worden sei, um dem Begräbnis seines Bruders beizuwohnen. Seine Stimme war der Schmerz selbst, als er von Akbar sprach. Zugleich freute er sich, daà ihm vergönnt war, am Grab seines Bruders niederzufallen.
Bevor Akbars Körper der Erde anvertraut wurde, kamen seine Mitgefangenen im Saal eins von Trakt 350 des Evin-Gefängnisses zusammen und verdichteten all ihre Wehklagen in einer Minute des Schweigens. Dann ergriff Doktor Nasser Zarafschan das Wort, der inhaftierte Rechtsanwalt, der die Angehörigen ermordeter Dissidenten vertreten hatte. »Aus welchem Grund wurde Akbar Mohammadi trotz seiner Herzkrankheit wieder in den allgemeinen Gefängnistrakt verlegt?« fragte er: »Wer hat diese Verlegung veranlaÃt?« Die Gefängnisleitung habe den Tod bewuÃt herbeigeführt, fuhr Doktor Zarafschan fort, weil sie Akbar Mohammadi im Wissen um seinen lebensbedrohlichen Zustand zurück in Trakt 350 verlegt habe. AnschlieÃend trug Chaled Hordani ein Gedicht vor, das er Akbar Mohammadi gewidmet hatte. AuÃerdem wurde ein Aufruf der politischen Gefangenen verlesen, bevor die Mithäftlinge von ihren Erinnerungen an Akbar berichteten, von seinen letzten Stunden, von dem Moment, als er in die Zelle zurückgebracht wurde, von dem Wärter, der ihn anschrie: »Selbst wenn du hier wie ein Hund krepierst, werden wir dir keine Beachtung schenken.«
Einer seiner Mitgefangenen hat die letzten Momente Akbar Mohammadis wie folgt geschildert: »Sein Brustkorb wurde heiÃ. âºMein Herz tut mir wehâ¹, sagte er: âºGebt mir etwas Kaltes, damit ich es aufs Herz lege.â¹ Wir haben es ihm nicht gegeben. Das Eis hätte seinen Zustand nur verschlimmert. Statt dessen haben wir kalte Wasserflaschen geholt. Er legte sie unters Hemd, auf sein Herz. Nach ein paar Minuten war die Flasche nicht mehr kalt, so daà wir die zweite Flasche auf sein Herz legten. Wir haben seine FüÃe massiert. Zwanzig Minuten lang haben wir seinen linken Fuà massiert. Sein Fuà war steif wie ein Stück dürres Holz. Er bewegte sich nicht. Sein Körper war ausgetrocknet. Durch seine Lippen zogen sich tiefe Risse. Seine Sehkraft war fast erloschen. âºLieber Akbarâ¹, sagten wir, âºlaà endlich gut sein! Brich den Hungerstreik ab! Du bringst dich um.â¹ âºDas Regime muà wissen, daà wir keine Hunde sindâ¹, antwortete er: âºEs soll wissen, daà wir Menschen sind, es soll endlich verstehen, daà wir eine Würde haben.â¹ Er war wütend
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