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häufigste Motiv. Erst die Dankbarkeit, damit die Anerkennung, daà Gott die Welt tatsächlich so gut eingerichtet hat, wie Er behauptet, erlaubt die Klage und in letzter Konsequenz Anklage wie bei einem gebrochenen Vertrag, die nicht Undankbarkeit und damit Unglauben ist, vielmehr ein Appell. Nur die Gerechtigkeit kann man einklagen, an die man glaubt. Nein, das ist nicht nur das Alter, widersprach er, das Leben hat uns ordentlich auf den Kopf gehauen, damit wir zu Verstand kommen, wie die gnädige Frau es wollte, möge ihre Seele froh sein, Verstand, aql , nicht im Sinne der Ratio, sondern wie im Koran einschlieÃlich der sinnlichen Wahrnehmung, wir hören, sehen, riechen, tasten Gott, und zwar genau dort, wo es zu laut ist, zu hell, zu heiÃ, zu kalt oder es stinkt, wo es unsere Kräfte übersteigt. Nur in Märchen ist die Erkenntnis so schön wie eine Fee, nur Esoterikern geschieht sie auf Wolken. Sie ist ein Schlag gegen den Kopf, ach was, ein dauerndes Schlagen, permanenter Schmerz, genauso haben es die Bücher beschrieben, man muà nur die Berichte von den Offenbarungen lesen, der Engel würgt die Propheten, die vor Angst und Schmerz sabbern, am ganze Körper zittern, denen Schaum vor den Mund tritt, ekelhaft, bestimmt haben sie sich auch vollgepiÃt vor Schrecken, wie nackte Babys geschrien, und das wurde hinterher nur zensiert, weil man sich etwas Erhabenes unter einer Offenbarung vorstellen wollte, nicht konsequente Demütigung, Fertigmachen, Heulen und Zähneklappern; aber liest man zwischen den Zeilen, findet man das Ausradierte noch, Erkenntnis radikal und damit radikaler Schmerz, Wurzelbehandlung. Mehr als eine Ahnung davon bietet jedes Leben, ist doch das Ãbermenschliche nur die Verlängerung des Menschlichen und künden die Religionen also nicht vom Himmel, sondern vom Irdischen in seinem Extrem. So war es bei den Eltern und deren Eltern und deren Eltern, und so werden auch die Kinder und deren Kinder und deren Kinder nicht begreifen, warum sich die einen zum Dank fünfmal am Tag niederwerfen, die anderen einen Tag der Woche Gott zu ehren ruhen oder der Taxifahrer in Athen sich an jeder Kirche bekreuzigt, bevor sie es nicht selbst hören, sehen, riechen, tasten.
Rom, Blicke zu Ende gelesen, da ich nach dem Streit, der bis auf weiteres anzuhalten verspricht, früh schlafen ging und heute entsprechend wach wurde. Kotzbrocken. Statt zu gratulieren beschimpft er einen Helmut Pieper per Postkarte zur Geburt des Sohnes, nur weil der ihm zuvor keine Andeutung gemacht hat: »Schämst Du Dich vor der Vermehrung? Vor Deinen Gedanken? â Du führst doch 1 richtiges Familienleben â & wie ist Dir, vor Deinen Gedanken & ÃuÃerungen, die ich oft hörte, möglich diese gräÃliche Schizophrenie zu ertragen. Du muÃt ja halb verrückt sein, so Dich zu äuÃern & so Dich zu verhalten. Ja, vielleicht ist der Kopf eben Schrott (was ich nicht denke!)« Am selben Tag zählt er Maleen in einer Postkarte wie ein Beamter der Reihe nach auf, was er dem jungen Vater unter die Nase gerieben hat, verschärfend am Ende: »Sagte ihm, daà der Kopf ganz schön verrottet sein müsse & Schrott.« Das schreibt der, der in Rom den Oberdeutschen gibt, »Träume von Grünkohl, Pinkelwurst, Schweinerippchen und Salzkartoffeln, vorher eine Sternchennudelsuppe, nachher ein Steinhäger«, penetrante Klagen über verschmutzte Bürgersteige, unpünktliche Post, Unordnung, Negermusik, die häufigen Streiks, und sowieso schmeckt das Essen besser in heimischer Wirtsstube. Brinkmann selbst sah ein, daà die Blätter sich nicht wie erhofft zum Roman fügten, und brach deshalb ab, obwohl sie Blitze enthalten, so unerwartet, Donner und Blitze, die Beobachtung auf dem StraÃenstrich vor allem oder Silvester in Olevano. Dazwischen, manchmal über Dutzende von Seiten, Gartengeflüster und Romräsonieren zäher als unsere Freitagsbesprechung, Alltagsbeobachtungen, bei denen weder der Alltag noch die Beobachtung bemerkenswert sind, Gemeinheiten, mitunter wirklich reaktionäre Behauptungen, früher in Deutschland und die deutschen Wälder, Hitler war schlieÃlich ein Ãsterreicher, Amerika verdirbt die Welt; von Informationswert nur für nachfolgende Stipendiaten die Schilderung der Ateliers, des Parks, der Umgebung und des Lebens mit den anderen Künstlern, einen Hausdiener hatte die Villa, dafür
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