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Mädchen die meisten, zierlicher als Kunstturnerinnen oder nachmittags die Zentralafrikanerinnen im Lager, dann die Männer, ebenfalls schmächtig, die ihre ersten Schritte so behutsam auf die Erde setzen, als sei es das erste Mal. Und wirklich ist es ja wie eine Neugeburt für sie. Der Berichterstatter will sie begrüÃen, auf arabisch Friede sei mit euch rufen oder ihnen wenigstens zulächeln, aber weil niemand es tut, traut er sich nicht, und so wanken sie ohne jeden Kommentar der Umstehenden, ohne BegrüÃung oder Bekundungen der Freude einer nach der anderen aus dem Schiffsbauch hervor, wanken an der Hand der französischen Soldaten die paar Meter übers Deck und werden von italienischen Soldaten, die an der Mole warten, über die Brücke ans Land geleitet und in den Bus gesetzt, um auf den Matratzen aus Isoliermaterial und dem Bettzeug aus Papier gründlich auszuschlafen. Der Berichterstatter zittert, so ergriffen ist er, das Leben zu sehen, das nackte Leben, wie auf der Palliativstation, im Perinatalzentrum oder bei meiner Lobat, die die Arme mit den Handflächen nach oben ausbreitete, das Leben als was es ist: ein Geschenk.
Als die Flüchtlinge schon abgefahren sind, unterhält er sich mit dem Kapitän, der eigens für ihn von Bord kommt. â Gratulation, ist das erste, was der Berichterstatter sagt, ich gratuliere Ihnen herzlich! â Warum? lächelt der Kapitän, ein groÃgewachsener, sportlicher Mann von vielleicht vierzig Jahren mit Bürstenhaarschnitt bei beginnender Glatze, und weià doch sofort, was der Berichterstatter meint. Ihm wenigstens, dem Kapitän, ist die Freude anzumerken. Der Berichterstatter erfährt, wie die Flüchtlinge entdeckt wurden, dichtgedrängt auf einem kleinen Holzboot, nein, nicht im Sturm, da wäre es zu spät gewesen, sondern kurz davor, als der Himmel noch Sterne hatte. â Wie haben die Flüchtlinge reagiert, als sie Ihr Schiff gesehen haben? â Sie haben diskutiert, als wir sie anleuchteten, einige freuten sich und winkten, andere hatten Angst und schienen für Flucht zu plädieren. Mit unseren Beibooten versperrten wir ihnen den Weg. Als wir ihnen sagten, daà wir sie nicht nach Libyen zurückbringen würden, ja, ab da haben sich alle gefreut, da brach Jubel aus. Kurz danach zogen sich die Wolken zusammen, da wurden sie plötzlich ganz still, und als das Gewitter ausbrach, wurde ihnen klar, wie knapp sie dem Tod entronnen waren. â Wie ist es mit anderen Flüchtlingen, die heute nacht auf Booten unterwegs waren? fragt der Berichterstatter: Gibt es eine Chance, daà jemand überlebt hat? Der Kapitän denkt nach und sagt dann: Null Prozent. Als der Berichterstatter nach der Agentur fragt, bricht es beinah aus dem Kapitän heraus: Wenn ich ein Holzboot mit fünfundsechzig Menschen auf dem offenen Meer sehe, dann ist mir FRONTEX scheiÃegal, dann denke ich nicht an Immigration, an Papiere, an Zollbehörden. Dann rette ich sie, verdammt noch mal. Für ihn als Kapitän, fährt er fort, um seinem kleinen Ausbruch eine Erklärung beizugeben, stünde das Seerecht über etwaigen Verordnungen der Europäischen Union, er dürfte also gar nicht anders handeln. â Sieht das jeder Kapitän so? Dem Kapitän ist sofort bewuÃt, auf welche Aussagen der Berichterstatter anspielt. â Ich bin mir sicher, sagt der Kapitän, daà jedenfalls alle französischen Kapitäne genauso gehandelt hätten, auÃerdem hatte ich die Zustimmung meiner Einsatzleitung. Der Berichterstatter ist sicher, daà der Kapitän genauso gehandelt hätte auch ohne die Zustimmung seiner Einsatzleitung.
Der Abschnitt ihrer Selberlebensbeschreibung, den die Mutter GroÃvater widmet, enthält nicht viel Neues. Immerhin faÃt sie noch einmal zusammen, wie die Familiengeschichte in Isfahan begann: Den UrgroÃvater meines GroÃvaters, Hadsch Mollah Schafi Choà (nach meinem Dafürhalten ist es sein GroÃvater), verschlug es aus seiner Heimatstadt Choà in Aserbaidschan â ein Türke also â nach Isfahan, wo er beinah alle Ländereien fluÃaufwärts von Isfahan aufkaufte, Brachland damals. Er hatte sieben Söhne und zwei Töchter. Von seinem ältesten Sohn, auf den der gröÃte Erbteil entfiel, Mohammad Schafi ChoÃ, stammen die heutigen Schafizadehs ab (der Name bedeutet nichts anderes als »Nachfahren des Schafi«). Damals
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