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Anglo-Persian Oil Company, die heute British Petroleum heiÃt, war die Hauptforderung Mossadeghs und seiner Anhänger, aber mit Unabhängigkeit meinten sie noch mehr: echte Demokratie, damit eine konstitutionelle Monarchie wie in der Verfassung von 1907 vorgesehen, Meinungsfreiheit, die soeben von den Vereinten Nationen verabschiedeten Menschenrechte und nicht zuletzt die lange schon anstehende Bodenreform, die GroÃvater als GroÃgrundbesitzer eigentlich fürchten muÃte. Als Mossadegh sofort nach seiner Ernennung zum Premierminister und noch vor seiner Vereidigung den Schah am 1. Mai 1951 dazu brachte, das Gesetz zu unterzeichnen, mit dem der iranische Staat die Konzession an die Anglo-Persian Oil Company revidierte und eine nationale Ãlgesellschaft gründete, schmückte der Gemüsehändler seinen Laden wie zu Nouruz, blinkten im Frisiersalon bunte Glühbirnen, strahlte der Basar in Festtagsbeleuchtung, stand auf unzähligen Häuserwänden die Parole Tod oder Mossadegh und hing im Schaufenster des Installateurs eingerahmt die Titelseite der Zeitung mit der historischen Schlagzeile. »Alles Elend in Iran, die Gesetzlosigkeit und Korruption der letzten fünfzig Jahre geht auf das Ãl und die erpresserische Ãlgesellschaft zurück«, verkündete Radio Teheran, als die Familie mitsamt der Bediensteten und der zufällig anwesenden Verwandten sich wie jeden Abend vor dem Transistor versammelte.
Es muà 1952 gewesen sein, im Oktober, als GroÃvater mit so verzweifeltem Blick aus der Bank zurückkehrte, daà alle Mitglieder des Hauses bestürzt zu ihm rannten, seine Frau, die Kinder, alle Bediensteten und die zufällig anwesenden Verwandten. In jenen Tagen konnte Verzweiflung nur eine Hiobsnachricht aus Teheran bedeuten. Der Staat ist bankrott, teilte GroÃvater beinah tonlos mit, und schon fingen die ersten an zu heulen. Bankrott â selbst meine jüngste Tante, fünf oder sechs Jahre alt, malte sich aus, was das bedeutete. Die Seeblockade vor Abadan, mit der die britische Armee die Ausfuhr des iranischen Ãls verhinderte, schien die Nationale Front in die Knie zu zwingen. Der Staat konnte seinen Angestellten kein Gehalt mehr auszahlen, Zehntausende Ãlarbeiter in den Raffinerien am Persischen Golf wurden entlassen. Keine Bank der Welt gewährte dem aufmüpfigen Land Kredit. Mit den Amerikanern, die unter Truman noch schwankten, ob sie die britische oder die iranische Position unterstützen sollten, verhandelte der Premierminister vergeblich. Sich den Russen in die Arme zu werfen widerstrebte ihm, der dem Kommunismus genauso miÃtraute wie religiösen Heilslehren. Mohammad Mossadegh, der sein Land vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nation und dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag glänzend vertreten und sogar in der öffentlichen Meinung Amerikas über die Briten triumphiert hatte, muÃte einsehen, daà es etwas anderes war, recht zu haben, als es gegen eine Weltmacht durchzusetzen. Nun stand zu befürchten, daà die reaktionären Kräfte Ãberhand gewönnen. Als sei der Kollaps der Staatsfinanzen nicht beunruhigend genug, war der Premierminister auch noch bei einem Treffen mit dem Schah ohnmächtig zusammengebrochen. Die Gewerkschaften drohten mit Streik, der Basar bangte um seine Existenz, aus der Provinz wurden die ersten Brotunruhen gemeldet, die mächtige Tudeh-Partei wütete bei jede Andeutung eines Kompromisses, der Schah warf der Regierung vor, mit ihrer Halsstarrigkeit das Land in den Ruin getrieben zu haben. Die vielen Gegner des Premierministers in Iran, der alles, aber kein Diplomat war, scharrten bereits mit den FüÃen, die konservativen Geistlichen, die GroÃgrundbesitzer, die Monarchisten, Kommunisten, Islamisten und Parteigänger der britischen Botschaft. Um zu überleben, gibt die Regierung Schuldscheine aus, erklärte GroÃvater seiner Frau, den Kindern, allen Bediensteten und den zufällig anwesenden Verwandten: Wenn das Volk dem Staat kein Geld leiht, ist es aus. Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da krempelte der kahle Mohammad Hassan seine Hosentaschen nach auÃen und hielt die paar zerknitterten Scheine in die Höhe, die er bei sich trug: Tod oder Mossadegh! Wie auf ein Zeichen schwärmten alle Anwesenden in ihre Zimmer aus, um Bargeld, Sparbücher und Goldmünzen zu holen, selbst meine jüngste Tante, die ihre Spielsachen zusammenklaubte. Als
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