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Anweisung des Schahs wieder verlor, weil er einen amerikanischen Menschenrechtler nicht fortschickte, der um ein Gespräch gebeten hatte. Die Behörden strichen sogar die Pensionsansprüche aus Malekis früheren Jahren als Chemielehrer. Khalil Maleki verarmte, muÃte den gröÃten Teil seines Hauses vermieten, geriet in völlige Isolation, wurde depressiv und verfiel dem Alkohol. Mehrfach fanden Passanten, Mieter oder Nachbarn ihn im Vollrausch auf der StraÃe. Obgleich zwanzig Jahre jünger, starb er 1967 und damit im selben Jahr wie Doktor Mossadegh, den er schon auf Erden in die Hölle begleitet hatte. Die Behörden verwehrten ihm den letzten Wunsch, dann auch wenigstens in Ahmadabad zur letzten Ruhe getragen zu werden, wo sich das Grab des Premierministers befand. Keine hundert Menschen nahmen auf einem Teheraner Friedhof an dem Begräbnis des Mannes teil, der einer der berühmtesten und meistgeachteten Politiker Irans war, als er GroÃvater besuchte.
Einige Tage nach dem Besuch von Baghaà und Maleki â GroÃvater war noch immer mit ihnen auf Reisen â sah meine Mutter auf dem Schulweg an vielen Hauswänden Plakate mit seinem vertrauten, kugelrunden Gesicht, die Glatze und der grau gewordene Stoppelbart, den kein anderes Mitglied seiner Gesellschaftsschicht trug, die voluminöse Nase, die Mundwinkel vor Ernst weit heruntergezogen, die breite Krawatte und der gute Nadelstreifenanzug. »Wählt den Schafizadeh!« stand auf den Plakaten. Von GroÃvater selbst erfahre ich kaum mehr als die Gründe, warum es der gröÃte Fehler seines Lebens war, für das Parlament in Teheran zu kandidieren. Die Versammlungen in seinem Haus, die hohen Besucher, wie er Kandidat wurde â kein Wort. Den Streit mit seiner Frau, weil er die Bediensteten der Nationalbank ins Haus holte, die Kinder in der angelehnten Tür des Salons, die hundert oder zweihundert Schuhe auf der Veranda â erst recht nichts. »Im Jahr ⦠habe ich bei den Wahlen zur ⦠Wahlperiode des nationalen Parlaments als Folge einerseits der Ermunterungen und der Wünsche von Freunden, die es gut mit diesem Sklaven meinten, und andererseits der unwahren, ja betrügerischen Beteuerungen eines GroÃteils der angesehenen und einfluÃreichen Personen unserer schönen Stadt einen Fehler begangen, den ich um so mehr bereue und wegen dem ich mich um so mehr tadele und mir um so mehr Vorwürfe mache, je mehr von meinem Leben vergangen ist.« GroÃvater hat den Platz für die Jahreszahl und die Nummer der Wahlperiode freigelassen, ohne die Angaben wie an anderen Stellen handschriftlich nachzutragen. So häufig wechselten in den Vierzigern und Anfang der fünfziger Jahre die Regierungen, daà dreiÃig Jahre später selbst er nicht mehr genau weiÃ, um welche Wahl es sich handelte. Weil er kaum Hinweise zu den politischen Vorgängen in Teheran, den Debatten des Wahlkampfs oder seinen Konkurrenten gibt, fällt es mir ebenfalls schwer, mich auf das Jahr und die Wahlperiode festzulegen. Es könnten sowohl die Wahlen von 1949 gewesen sein, als Mohammad Mossadegh noch Oppositionsführer war, wie auch die Wahlen von 1951, als er bereits die Regierung führte und das Ãl verstaatlicht hatte. Die Gruppen, die GroÃvater nominierten, bildeten bei beiden Wahlen ein Bündnis: neben der linksgerichteten Partei der »Werktätigen« die bürgerlich-liberale »Iran-Partei« sowie die Gefolgsleute des Ajatollah Seyyed Abolghasem Kaschani. Wahrscheinlich war es die Wahl von 1951, denn erst mit der Verstaatlichung des Ãls, die Mossadegh gegen alle Widerstände und allen Realismus durchfocht, geriet die Nation in den Taumel, der GroÃvaters Kandidatur vorausgegangen zu sein scheint, wenn ich der Selberlebensbeschreibung der Mutter zumindest bis hierhin folge. Wie immer zögerte er lange vor der Entscheidung. â Wenn sich nicht Leute wie Sie zur Wahl stellen, werden andere, weniger geeignete Personen nach vorne drängen, die wir notgedrungen unterstützen werden, beschwor ihn der alte Sarem od-Douleh, Gouverneur von Isfahan unter den Kadscharen, Finanzminister unter Reza Schah und Onkel von Reza Rastegars Gattin, die Kandidatur anzunehmen: Leute wie Sie haben keinen Mumm in den Knochen. Sie erwarten, daà man ihnen die Mitgliedschaft fürs Parlament in einen Umschlag steckt und an ihre Adresse schickt, doch das ist unmöglich. Sie müssen
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