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Wochen zuvor immer wieder angedroht worden, vor Gericht gestellt oder sogar hingerichtet zu werden, sollten sie sich weiter weigern, das amtliche Ergebnis anzuerkennen und die Aufrufe zum Widerstand zu unterlassen, die hier und dort ins Internet gelangen. Der Berichterstatter fragte sich, wie das Interview zustande gekommen war, da ausländische Medien weiterhin nicht vor Ort berichten und schon gar nicht in Kontakt mit der Opposition treten dürfen; er vermutete, daà der Hodschatoleslam die Antworten per Mail oder am Telefon gegeben hatte. Der Satz, daà er bereit sei, für die Freiheit ins Gefängnis zu gehen oder zu sterben, und sei es ohne jede Aussicht auf Erfolg, nur um zu zeigen, daà auch Geistliche gegen die Tyrannei, erst recht die religiöse Tyrannei, aufbegehren, ist ähnlich schon fünfmal in dem Roman gefallen, den ich schreibe, wenn ich im Wirrwarr der verschiedenen Fassungen niemanden übersehe, Mohammad Mossadegh, in gewisser Weise Ajatollah Chomeini 1963, Akbar Mohammadi, Madjid Kawussifar, der Traditionalist im Leichengewand auf YouTube . Sechsmal, fällt mir ein: als Vorwurf gegen GroÃvaters mystischen Lehrer, den Ajatollah Hadsch Agha Rahim Arbab. Den Elegien auch der säkularen Helden liegt in Iran das Martyrium Imam Hosseins zugrunde, der bei Kerbela 680 in eine Schlacht gegen das vieltausendköpfige Heer des Kalifen Yazid zog, begleitet nur von zweiundsiebzig Gefährten, die, obwohl aus dem Treueschwur entlassen, es ebenfalls vorzogen zu sterben, weil sie lebten, als zu leben, weil sie nie gelebt. Der Hodschatoleslam, der immer etwas zu aufgeregt ist und bei den Wahlkampfduellen daher schlecht abschnitt â merkwürdig, sind die Mullahs doch gewöhnlich die besseren Rhetoriker â, der Hodschatoleslam, der dem Parlament vorstand in den Jahren der Massenhinrichtungen, als auch der Cousin des Berichterstatters im Gefängnis mit der Hinrichtung rechnete â, der Hodschatoleslam, der damals Geld unterschlagen haben soll â eine Intrige, beteuert er bis heute â, ist nach den gefälschten Wahlen trotz des übermenschlichen Drucks, der vielen Verhaftungen und wütenden Drohungen genausowenig zurückgewichen wie der mutmaÃliche Sieger, hat mit seinem famosen Mut den Berichterstatter und alle übrigen Skeptiker eines Besseren belehrt und sich damit ungeachtet seiner kontroversen Vergangenheit eine Seite in der Heldensage gesichert. Der Berichterstatter hatte gleich nach der Veröffentlichung des Interviews befürchtet, daà auch die Geschichte dieses Hodschatoleslam zur Elegie würde, aber was wirklich geschah, ist kein trauriger Gesang, sondern ein Horrorfilm. Der Führer persönlich, der vor Zorn über das Interview gebebt haben soll, ordnete an, daà der Hodschatoleslam für immer zu verschwinden habe. Er meinte damit nicht, daà der Hodschatoleslam verhaftet, vor Gericht gestellt und zu lebenslanger Haft oder zum Tod verurteilt werde. Der Hodschatoleslam solle augenblicklich »verschwinden«, so der Führer, nâ padid beschawad â wie und wohin, überlieà der Führer seinem Apparat. Gewöhnlich entführt der Geheimdienst in solchen Fällen, mordet und legt die Leiche gern mit einer Wodkaflasche in der Hand aus, als würde jemand glauben können, der Aufrührer habe sich zu Tode gesoffen; ist Abschreckung nicht das Ziel oder Herabwürdigung nicht nötig, besteht die Option, die Leichen von einem Helikopter aus in den GroÃen Salzsee zu werfen, wie es bereits der SAVAK praktizierte. Aus welchem Grund auch immer lieà sich der Geheimdienst für den Hodschatoleslam etwas Besonderes einfallen. Auf dem Holzboot wurde er in eine gewölbeartige Höhle unterhalb der Stadt gefahren und tief im Innern des Elbrus an einem winzigen Kieselstrand ausgesetzt, auf den von irgendwoher ein sehr fahles Licht fiel. Dort verhungerte er, Wasser gab es ja genug, während das Leben in Teheran zur Normalität zurückfand und die Menschen, enttäuscht zwar, wieder ihren Beschäftigungen nachgingen. Den Schlüssel des Eisengitters, das die Ãffnung zu der Höhlenkammer versperrte, verwahrte ein älterer, feister Wächter mit ungepflegtem Bart, der unweit der Anlegestelle, wo der Hodschatoleslam ins Boot gesetzt wurde, mit einem Gehilfen wohnte, einem offenbar debilen, seltsamerweise glattrasierten Mann von vielleicht vierzig Jahren, der die Wohnung niemals allein
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