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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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jeder ein eigener Charakter. Der Keckste grüßte im Triumph seine Omis und den Opa, weil das »jetzt auch mal Zeit« sei, ein Opa offenbar schon tot, der frühere Schnösel warf sich in jeden Ball und das junge Genie unterbrach vor dem entscheidenden Spiel das Training, um in einer Moschee für einen Verwandten zu beten, der gestorben war, ebenfalls die Omi oder der Opa, nehme ich an, aber seine Freundin ist ein Photomodell. 22:42 Uhr, 22:41 Uhr. Obwohl das Ticket bereits gebucht ist, fliegt er morgen nicht zur Trauerfeier nach Kairo, weil er es wie die Deutschen allein mit sich aushandeln will, ganz allein, Grubenklo auf der Terrasse, das die tief herabhängenden Zweige eines mächtigen Maronibaums verdecken, Campingdusche und ein Plastiksack, den man einige Stunden in die Sonne hängen muß, wenn man warmes Wasser will, achthundert Meter zum nächsten Haus, wo er abends um acht Ziegenmilch holt, zwei Kilometer zum nächsten Dorf, neun Kilometer zum nächsten Lokal, aber drahtlos bis nach China, so daß er jeden Furz einer blonden Impertinenz riecht, einer Sängerin, Schauspielerin, oder hat sie, er schaut nach, ja, sie hat etwas mit einer Hotelkette zu tun. Zum Begräbnis wäre er geflogen, für das es zu spät war, weil Nasr Hamid Abu Zaid noch am Montag in sein unterägyptisches Dorf gebracht und nachmittags begraben wurde, aber nicht für eine ägyptische Trauerfeier, sagte Navid Kermani sich, man sitzt stundenlang im Zelt vor einer Moschee, Männer und Frauen getrennt, und trinkt ungesüßten Mokka, mehr ist es nicht und er am Ende gegen alle Bekenntnisse nicht willens, dafür drei Stunden nach Rom zu fahren, nach Kairo zu fliegen, nächsten Dienstag zurück, Donnerstag wieder nach Rom und zurück, um die Familie abzuholen, und alles in allem genau die Woche zu verlieren, die der Tod ihm von den Ferien der Frau übrigließ, wenn überhaupt, aber immerhin ist der Anfang gemacht und wird es bald guttun, wieder zu schreiben, was auch immer, Hauptsache, die Helligkeit vertreiben, wie es in der Urschrift noch pathetisch hieß, wo in der lesbaren Fassung einfach nur Zeitvertreib steht. Man muß machen, was für einen selbst gut ist, bestärkte die Hausherrin ihn mit dem Argument ihrer Generation, die verbliebene Zeit für den Roman zu nutzen, den ich schreibe, statt eine Trauerfeier zu besuchen, wo jeder sich nur blicken lassen wolle. Zwei Katzen hat sie, die gerade in die Scheune so groß wie die Ateliers der Deutschen Akademie schleichen. Inzwischen hat die Mutter ihre Selberlebensbeschreibung abgeschlossen, die er noch auf Nachrichten über Großvater durchkämmen wird, um nicht auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, während der neue Verleger die zweitausend Seiten liest, auf die der Romanschreiber die Urschrift eingestrichen hat. Außerdem wird der Romanschreiber Florenz und andere Stationen der italienischen Reise nachtragen, von denen ihn 2008 zunächst der Tennisball in der Unterhose, dann der Muskel rechts neben dem Brustwirbel abhielt, und steht im Ferienhaus der Eltern das Geständnis aus, ein Buch über das Leben seines Großvaters zu schreiben. Daß jemand sich für ihr Leben interessieren könne, hofft die Mutter nicht mehr, seit der Sohn sie ins deutsche Verlagswesen einführte. – Aber die Enkel! jammerte sie, als er ihr die Kosten einer eigenen Übersetzung vorrechnete. – So Gott will, tröstete er sie, wird einer gut genug Persisch lernen, und dann geht es weiter. Sie will das Manuskript, das Gold ist im Vergleich zu Großvaters Protokoll, nur noch kopieren lassen, für jeden Sohn einmal und für die Schwestern allenfalls. Wie deprimierend die Reise nach Kairo wird und wie viele Tage sie kostet, zählt nicht. Allein, Nasr Hamid Abu Zaid ruht bereits in Frieden, legte Navid Kermani es sich zurecht, es ist nur eine ägyptische Trauerfeier, man sitzt stundenlang im Zelt, und mehr geholfen wäre der Witwe, stünde er in zwei Monaten bei ihrer Ankunft in Amsterdam am Flughafen, damit sie die Wohnung nicht allein betritt, die ihr Mann vor zwei Monaten verließ, um für eine Konferenz nach Indonesien zu fliegen, im Kühlschrank die ranzig gewordene Butter, im Korb die getragene Wäsche, auf dem Schreibtisch die Zettel, lieber eine Woche wirklich zu Diensten (länger auch?), als sich in Kairo blicken zu lassen. Bis nach China ist zu sehen, daß der Roman, den

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