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ab der Oberstufe. Nach dem Abitur will er Mathematik studieren. Die Tochter wird nach den Ferien eingeschult. Die rosa Sonnenbrille hat sie nicht erst auf dem Bürgerfest gekauft. Die Mutter, eine ausgebildete Musiklehrerin, geht putzen, wenn der Romanschreiber das richtig verstanden hat. Sie nuschelte plötzlich, wie verschämt. Lieber erwähnt sie, daà ihr Mann das Fliegen vermiÃt. In WeiÃruÃland hat er als Flugzeugingenieur gearbeitet. Heute ist er Manager, sagt er. Die Firma verkauft deutsche Werkzeuge in alle Welt. Ich merke, daà es mir schwerfällt, in der Sitzecke eines Wohnwagens ein Gespräch mit Unbekannten einzufädeln, während ich von drei Menschen und einer Kamera beobachtet werde. Ich hätte auch keine Lust, mich mit mir zu unterhalten. Das Telefonat ist schlieÃlich kostenlos, wie es die Helfer vom Verein für die Städtepartnerschaft KölnâBarcelona drauÃen stets betonen. Manche Passanten schauen lieber selbst nach, ob nicht doch etwas Kleingedrucktes auf den Flyern steht, bevor sie den Wohnwagen betreten, in dem es stickig geworden ist. Eine junge Verschleierte, seit drei Jahren in Deutschland, hat in Marokko einen Deutschen geheiratet, also einen Marokkaner, der in Deutschland geboren wurde. Seine Familie stammt aus ihrer Kleinstadt im Kleinen Atlas-Gebirge. Ja, es war freiwillig, sagt sie auf Nachfrage, sie fand ihn sympathisch, und er war aus Deutschland. Kurz nachdem sie zu ihm nach Aachen zog, setzte er sie vor die Tür. Die rituelle Formel dreimal aufgesagt, fertig war die Scheidung. Der Rest: Papierkram. Bei uns hast du als Frau keine Rechte. Jetzt schlägt sie sich als Putzfrau durch. Bei ihrem ersten Job, noch in Aachen, stellte der Chef die Bedingung, daà sie das Kopftuch ablegt. Sie tat es. Ich muà doch Geld verdienen. In Marokko hat sie Betriebswirtschaft studiert. Jetzt in Köln darf sie mit Kopftuch putzen. Deutsche kennt sie keine. Ich kann doch kein Deutsch, dabei spricht sie für die drei Jahre ganz prima. Manchmal wird sie auf der StraÃe beschimpft. Wie ihr Deutschland gefalle? Schon während ich sie formuliere, bemerke ich, wie blöd die Frage klingt nach allem, was sie vorgetragen hat. Was für einen Eindruck sie habe, korrigiere ich mich, also von der Stadt, der Art und Weise, wie die Menschen in Deutschland leben. Ich brauche eine Wohnung, ein Zimmer. Jetzt wohnt sie im Zimmer einer Freundin. Ob sie zurück will? Als geschiedene Frau in Marokko, wissen Sie, da gilt man nicht viel. Als geschiedene Frau hat sie noch weniger als keine Rechte, gebe ich ihr in Gedanken recht. Am Ende, nach zwanzig Minuten, dreiÃig Minuten, sagt sie: Und jetzt? Jetzt habe ich mein ganzes Leid auf deinem Tisch ausgebreitet. Und lacht ihre Freundin an. Ich sage, sie solle mich anrufen, wenn sie in Not ist, statt der Polizei zum Beispiel, wenn sie die Polizei nicht anrufen möchte. 14:13 Uhr, also früher. Vom Volksfest weht türkischer Pop durch die Fenster. ⦠Die zweite Erfolgsgeschichte im dritten Gespräch: zwei Polinnen, Mutter und Tochter. Die Tochter arbeitet als Sozialpädagogin in einem Behindertenheim. Die Mutter freut sich, die Tochter und ihren deutschen Schwiegersohn gelegentlich zu besuchen, schade nur, daà sie noch keine Enkel hat. Gestern feierten Mutter und Tochter gemeinsam Geburtstag. Wie? Ja, wir sind am selben Tag geboren, kichert die Tochter, und die Mutter kichert mit, obwohl ihr die letzten Sätze noch gar nicht übersetzt worden sind. Sie haben das Phantasialand besucht, zu dritt, also Mutter, Tochter, Schwiegersohn. Mit Enkeln wäre es dort natürlich noch schöner gewesen. Im Billigflug ist man schnell hier oder dort, KölnâWarschau, dann zwei Stunden mit dem Auto nach Lublin. Daà auch das Telefonieren billig geworden ist, die Stunde im Internetcafé einen Euro einschlieÃlich Headset, wie die Mutter hinzufügt, scheint der Galeristin den Tag zu verderben. Schlimmer noch: Obwohl auch in Porz viele Ausländer wohnen, liegt die Arbeitslosenquote im Wohnwagen bis jetzt bei null Prozent. Ihre Kinder sollen später unbedingt Polnisch lernen, das wolle auch ihr deutscher Mann, versichert die Tochter. Jetzt, da sie mit der Mutter die letzten Jahre an sich vorüberziehen läÃt, ihren damaligen Freund, den sie zwei Tage vor Silvester ohne Anmeldung ihren Eltern präsentierte, das Glück, in Deutschland nach dem Praktikum gleich als Sozialarbeiterin
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