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Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Dein totes Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Straßenrand zu ziehen?«
    »Ich glaube schon.«
    Er stützte sich am Wagen ab. Ihm war schwindlig, doch er atmete weiter dagegen an. Der Airbag war nicht ausgelöst worden, warum auch immer. Ulf fasste sich an die Stirn, an seinen Fingern klebte Blut. Er war mit den Kopf aufs Lenkrad geprallt.
    »Du warst nicht angeschnallt«, bemerkte Caroline vorwurfsvoll.
    »Nein, ich …« Er verstummte, als er das Ausmaß des Schadens an seinem Wagen erkannte. Die Front des Audis war völlig eingedrückt, die Windschutzscheibe zersplittert.
    »Wenn ich nüchtern gewesen wäre, hätte ich vielleicht noch ausweichen können«, bemerkte er selbstkritisch.
    »Ja, möglicherweise«, stimmte sie ihm zu. »Aber es macht keinen Sinn, sich jetzt Gedanken darüber zu machen.«
    Sie packten das Tier an den Hinterläufen und zogen es, soweit es ging, an den Straßenrand. »Wenn der junge Bulle ausgewachsen gewesen wäre, hätten wir ihn keinen Zentimeter bewegt«, keuchte Ulf. Die Anstrengung verursachte ihm Übelkeit. Er wandte sich ab und sank auf die Knie. »Scheiße, ich glaube ich …« Weiter kam er nicht. Neben dem toten Tier erbrach er sich in den Schnee.
    »Du hast eine Gehirnerschütterung«, konstatierte Caroline, als er sich stöhnend wieder aufrichtete. »Oder ein Schleudertrauma.«
    »Quatsch«, widersprach er. »Das ist nur der Alkohol.«
    Caroline fuhr sie im Audi zurück auf das Grundstück. Als Ulf aus dem Wagen stieg, musste er sich Zeit lassen. Ihm war noch immer schwindlig. Schwer stützte er sich auf das Geländer der Veranda.
    »Das Bett im Gästezimmer ist noch bezogen«, sagte sie. »Du musst dich hinlegen. Heute Nacht können wir sowieso nichts mehr unternehmen.«
    »Du hast vermutlich recht«, stimmte er ihr mit einem Blick auf seine Uhr zu. Es war kurz vor Mitternacht, und die Aussicht, sich irgendwo im Warmen hinzulegen und die Augen zu schließen, erstickte jeden Widerspruch im Keim. An der Haustür bemerkte er noch, dass es zu schneien begann. Wind kam auf und ließ die Flocken tanzen. Er dachte sich nichts dabei.

14.
    D as Klingeln seines Mobiltelefons weckte Björn Nyborg aus einem unruhigen Schlaf. Mit geschlossenen Augen tastete er danach. »Ja?«
    Der Anrufer war der Betreiber der Liftstation. »Wir haben hier ein Problem. Die Verkleidung beginnt sich zu lösen, und der Sturm soll noch stärker werden.«
    »Sturm? Der war doch erst für morgen Abend angekündigt«, fragte Björn, während er bereits halb aus dem Bett war.
    »Er zieht von Osten auf mit heftigen Schneefällen«, informierte ihn der Betreiber.
    In diesem Moment hörte Björn selbst den Wind, der ums Haus heulte.
    »Ich bin in zehn Minuten da.« Er rief einen seiner Mitarbeiter an. »Ich bin gleich bei dir, mach dich fertig.«
    Auf dem Weg hinaus schlüpfte Björn in seinen Schneeoverall und griff sich seine Werkzeugtasche. Er war der einzige Bauunternehmer in der Umgebung, weshalb er ständig einsatzbereit sein musste. Damit er mitten in der Nacht nicht lange suchen musste, hatte er für solche Notfälle immer eine Grundausrüstung bereitliegen. Er hatte diese Gründlichkeit ebenso wie das Geschäft selbst von seinem Vater übernommen. Sein alter Herr wohnte gleich nebenan, in dem Haus, in dem Björn geboren und aufgewachsen war, und stand ihm mit über achtzig beratend zur Seite.
    Kurz nach Carolines Ankunft hatte er sie mit zu seinen Eltern genommen. Das Strahlen im Gesicht seiner Mutter war es wert gewesen. »Lilli, mein Kind, wie schön!«, hatte sie Caroline herzlich begrüßt und sie in ihre Arme geschlossen, als wäre sie ihre eigene Tochter. Die beiden Frauen hatten eine enge Bindung zueinander aufgebaut nach dem Tod von Carolines Eltern. Seine Mutter hatte die verstörte junge Frau damals aufgenommen und ihr ohne viel Aufhebens das gegeben, was sie am nötigsten brauchte: Geborgenheit und Ruhe. Dennoch hatte seine Mutter ihn gewarnt: »Sie ist keine Frau für dich, lass die Finger von ihr. Sie wird dir weh tun.« Er hatte diese Warnung beherzigt, nur einmal war er der Versuchung erlegen, waren er und Caroline von dem schmalen Grat zwischen Freundschaft und Leidenschaft, auf dem sie sich ständig bewegt hatten, abgestürzt. Er strich intuitiv über die Narbe auf dem Rücken seiner Hand, die sich von dort über seinen ganzen Unterarm zog. Natürlich hatte er mit seiner Mutter damals nicht über die Umstände seines Unfalls gesprochen, und auch sie hatte sich nie dazu geäußert, weder, als er mit seinem Vater aus dem Krankenhaus in

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