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Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Dein totes Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Beweise für das, was du mir gerade erzählt hast?«
    Maybrit öffnete ihre Umhängetasche, nahm eine Mappe mit Unterlagen heraus und legte sie aufs Bett. »Er hat es nicht zu Hause aufbewahrt. Es war alles in der Anwaltskanzlei hinterlegt.«
    Ulf setzte die Krücken behutsam auf. Mit leisem Aufstöhnen ließ er sich aufs Bett fallen und schlug die Mappe auf. Maybrit beobachtete sein Gesicht, während er den Vertrag überflog, den Olof Svensson, ihr Großvater, mit Caroline geschlossen hatte, sowie die Unterlagen über den Fonds sichtete, den der alte Mann für sie eingerichtet hatte, und die Zahlungsbelege, die genauestens dokumentierten, wo Caroline in den vergangenen dreißig Jahren gelebt hatte. Gebannt verfolgte Maybrit Ulfs Reaktionen, das angespannte Spiel seiner Kiefermuskeln, und spürte ihre eigene Nervosität wachsen, als ihr bewusst wurde, was geschehen konnte, wenn ihn der Zorn übermannte, selbst in seinem geschwächten Zustand. Er legte die Papiere jedoch lediglich akribisch wieder auf einen Stapel, verstaute sie in der Mappe und starrte noch eine ganze Weile schweigend darauf. Dann hob er den Kopf und schaute sie an, und sie hielt unwillkürlich den Atem an. Aber da war keine Wut in seinen Augen, nur Schmerz – und Ratlosigkeit. »Wie hast du davon erfahren?«
    »Alma Nyborg, Björns Mutter.«
    Wortlos zog er eine Braue hoch.
    Maybrit benetzte angespannt ihre Lippen. »Der Polizist, der damals den Fall bearbeitet hat, hat darüber mit ihr gesprochen. Seine Name ist Marten Karlsberg, ich weiß nicht, ob du dich an ihn erinnerst. Er ist längst im Ruhestand. Es kam alles durch Carolines Rückkehr auf den Tisch.«
    Ulf senkte den Kopf, schloss die Augen und drückte mit den Fingern gegen die Schläfen, als müsse er eines plötzlichen Kopfschmerzes Herr werden. Maybrit wagte nicht, etwas zu sagen. Was geschehen war, war so unglaublich wie unfassbar. Ein alter Mann hatte sich die Amnesie einer hilflosen jungen Frau zunutze gemacht, um sich selbst von Schuld reinzuwaschen, und dieser Mann war nicht irgendwer, sondern ihr gemeinsamer Großvater, zu dem Maybrit aufgesehen, den sie innig geliebt hatte. Und die junge Frau war niemand anders als Caroline.
    Endlich sah Ulf wieder auf. »Ist es wirklich so passiert?«
    »Du hast es in den Unterlagen gelesen«, bestätigte Maybrit schweren Herzens. »Großvater hat wirklich alles aufgehoben. Caroline war im Wagen, als ihre Eltern den tödlichen Verkehrsunfall hatten. Sie war am Steuer, als Großvater den Wagen der Wolffs von der Straße gedrängt hat. Aus Wut über Carolines Vater, der die Kommunalwahl gegen ihn gewonnen hatte.«
    »Grundgütiger«, sagte Ulf leise.
    »Ich habe gestern auch mit Karlsberg gesprochen und ihn gefragt, warum er den Unfall nicht korrekt zu den Akten genommen hat und warum Caroline mit keinem Wort in den Protokollen erwähnt wird«, fuhr Maybrit fort. »Großvater hat ihm glaubhaft machen können, dass Caroline schon genug gestraft sei durch den Tod ihrer Eltern. Sie sollte nicht auch noch wegen des Unfalls belangt werden, zumal sie unter Drogeneinfluss stand, als sie gefahren ist. Das ergaben die Bluttests.« Maybrit räusperte sich. »Karlsberg wusste natürlich nicht, dass die eigentliche Verantwortung für den Unfall bei Großvater lag. Das hat er erst sehr viel später herausgefunden, dann aber nicht mehr den Mut gehabt, den Fall noch einmal anzufassen.«
    Ulf schüttelte wortlos den Kopf und starrte an ihr vorbei ins Nichts. »Darum ist sie damals also weggegangen«, sagte er nach einer Weile mehr zu sich selbst als zu ihr, und seine Fassungslosigkeit, sein Schock tat ihr in der Seele weh.
    »Ja, leider ist Großvaters Plan perfekt aufgegangen«, musste sie zugeben. »Er hat Caroline die Schuld am Tod ihrer Eltern eingeredet und sich dann als der große Retter präsentiert und sie in eine gefährliche Abhängigkeit gebracht, indem er den Unfall so gedreht hat, als wären ihre Eltern ohne sie unterwegs gewesen. Zwei Jahre später hat er diese Abhängigkeit ausgenutzt, um die Hochzeit zwischen dir und Caroline zu verhindern.«
    »Und sie aus dem Land zu jagen!«, brach es aus Ulf hervor. Wütend ballte er die Fäuste und hieb sie aneinander. »Was hat er sich nur dabei gedacht!« Die letzten Worte stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und Maybrit legte ihm behutsam eine Hand auf den Arm, als sie merkte, wie er um Beherrschung rang.
    »Ich war auch wie vor den Kopf geschlagen«, sagte sie leise. »Ich habe mich

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