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Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Dein totes Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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reden.«
    Er hatte alles mit Maybrit besprochen, gleich nachdem sie Ulf und Caroline ins Krankenhaus eingeliefert hatten. »Wenn sie wieder aufwacht, musst du es ihm erzählen«, hatte er sie eindringlich gebeten. »Er muss es wissen.«
    Maybrit hatte nachdenklich zugestimmt: »Ja, aber mir graut davor.«
    »Was gibt es, Maybrit?«, fragte Ulf, und die Resignation in seiner Stimme traf Björn schmerzlich. Bevor er die Tür hinter sich schloss, hörte er noch, wie Maybrit einen Stuhl heranzog und sich neben Ulfs Bett setzte. Sie würde die richtigen Worte finden, das wusste er, und es war besser, wenn er nicht dabei war. Schließlich ging es um Angelegenheiten, die nur ihre Familie betrafen.

    Caroline war an diesem Tag die einzige Patientin auf der Intensivstation des Krankenhauses, und da Björn die diensthabende Krankenschwester kannte, stand er nur Augenblicke später an Carolines Bett. Unzählige Kabel und Schläuche verbanden sie mit den Geräten um sie herum, und sie war so blass und schmal, dass sie gar nicht mehr von dieser Welt schien.
    »Hej, Lilli«, sagte er leise.
    Langsam drehte sie den Kopf zu ihm, und ein mattes Lächeln glitt über ihre Züge. »Hej, Björn.«
    Er nahm ihre Hand und liebkoste ihre Finger.
    »Wieso konntest du mich dieses Mal nicht sterben lassen?«, fragte sie flüsternd.
    Er schluckte. »Du hast also schon gehört, dass ich es war, der dich gefunden hat.«
    Ihr Blick flackerte, als sie ihn ansah, und er fragte sich, was sie für Medikamente bekam. »Ulf hat es mir erzählt …« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich konnte ihn nicht noch einmal verlassen, Björn«, wisperte sie. »Ich konnte es einfach nicht …«
    »Sch«, machte Björn und strich ihr über die Wange. »Nicht weinen.«
    Ihre Verzweiflung zerriss ihm das Herz.
    Die Schwester berührte seinen Arm. »Sie braucht Ruhe«, gab sie ihm leise zu verstehen. Er hatte sie nicht kommen hören. Widerstrebend ließ er Carolines Hand los. Dann beugte er sich über sie und küsste ihre Stirn. »Halt durch, Lilli.«
    Die Augen fielen ihr zu.
    »Was …«, sagte Björn nervös, aber die Schwester legte beruhigend eine Hand auf seinen Arm. »Sie schläft, sonst nichts.«
    »Was ist mit ihr? Was hat sie?«, fragte er, sobald die Tür hinter ihnen zugefallen war.
    »Ich darf mit dir nicht darüber reden.«
    Björn zog eine Braue hoch. »Caroline Wolff hat niemanden mehr außer Maybrit, Ulf und mir. Das weißt du.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah sich um. »Du hast schon recht, aber wir haben eben unsere Vorschriften.« Dann senkte sie ihre Stimme. »Ihre Organe sind durch die Kombination aus den Tabletten, der Minderdurchblutung während der Unterkühlung und den Zerfallsresten der zerstörten Gewebe gefährdet. Insbesondere ihre Leber und ihre Nieren sind von einem Organversagen bedroht.«
    »Und das heißt?«
    »Ihr Körper kämpft. Deshalb ist sie so müde. Aber die Therapien scheinen anzuschlagen.«
    Er trat hinaus auf den Flur und ans Fenster. Draußen schien noch immer die Sonne. Der Schnee leuchtete und glitzerte in reinstem Weiß, und der Himmel war von makellosem Blau. Aber die Farben hatten nicht mehr dieselbe Qualität wie zuvor. Sie erschienen ihm mit einem Mal zu grell und aufdringlich. Carolines Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf: Ich konnte ihn nicht noch einmal verlassen. Warum sollte sie Ulf verlassen? Was war geschehen? Und während er sich darüber den Kopf zerbrach, sah er einen Mann auf sich zukommen, von dem er ahnte, dass er Antworten auf genau diese Fragen hatte, sie jedoch nicht ohne weiteres preisgeben würde.

38.
    I n einem anderen Teil des Krankenhauses stand Ulf am Fenster und blickte hinaus in den Schnee. Er stützte sich schwer auf seine Krücken. Sein linkes Bein war bandagiert, und Maybrit konnte seiner Haltung entnehmen, dass er Schmerzen hatte, aber er sprach nicht darüber. »Alles gut«, hatte er nur abwiegelnd auf ihre Frage nach seiner Verfassung geantwortet. Er hatte Glück im Unglück gehabt. Die Gewehrkugel hatte den Oberschenkelknochen nur gestreift, wenn sie auch eine riesige Fleischwunde gerissen und das Muskelgewebe zerfetzt hatte. Die Bluttransfusionen hatten ihn recht schnell stabilisiert, aber bis er ohne Krücken gehen konnte, würde es eine ganze Weile dauern. Sie ahnte, dass er das Krankenhaus am liebsten frühzeitig verlassen hätte, doch er wollte Caroline keine Minute allein lassen.
    Jetzt wandte er sich zu Maybrit um, sein Gesicht grimmig. »Hast du

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