Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
von dem Regenmantel.«
»Das bringt gar nichts. Die Polizei weiß bereits, dass Christine Wheeler in dem Wald war. Zeugen haben sie gesehen. Du hast gesehen, wie sie gesprungen ist.«
Ich stelle mir Dutzende uniformierter Beamter vor, die jeden Quadratzentimeter Boden absuchen, Hunde, die einer Fährte folgen.
»Du weißt, wie heftig es seit Freitag geregnet hat. Hier gibt es nichts mehr zu finden.«
Er holt eine Dose Drops aus der Jackentasche und bietet mir eins an. Das steinharte Bonbon klappert beim Lutschen gegen seine Zähne.
»Was ist mit ihrem Handy?«
»Das liegt im Fluss.«
»Nein, das erste, das sie von zu Hause mitgenommen hat.«
»Es würde uns nichts verraten, was wir nicht schon wissen.« Ich weiß, dass Ruiz denkt, ich würde zu viel in den Fall hineindeuten und mich nach einem sauberen Ende sehnen. Das stimmt nicht. Es gibt nur ein Ende - jenes, dem keiner von uns entgehen kann. Das Ende, auf das Christine Wheeler mit einhundertzwanzig Stundenkilometern geprallt ist. Ich will die Wahrheit nur um Darcys willen wissen.
»Du hast gesagt, sie hätte finanzielle Probleme gehabt. Ich habe gehört, dass Kredithaie recht massiv werden können.«
»Das wäre aber schon eine Nummer heftiger, als einem Schuldner das Bein zu brechen.«
»Vielleicht hat man sie so unter Druck gesetzt, dass sie zusammengebrochen ist.«
Ich starre auf meine linke Hand, Daumen und Zeigefinger »drehen Pillen«. So beginnt der Tremor, ein rhythmisches Zucken von zwei Fingergliedern mit drei Schlägen pro Sekunde. Ich konzentriere mich auf meinen Daumen und schaffe es für den Augenblick, das Zittern zu stoppen.
Unbeholfen schiebe ich die Hand in die Manteltasche. Ich weiß, was Ruiz sagen wird.
»Noch eine Station«, wende ich ein. »Dann fahren wir nach Hause.«
15
Die Polizeigarage von Bristol liegt, hinter verrußten Mauern und einem Stacheldrahtzaun verborgen, in der Nähe der Bedminster Railway Station. Jedes Mal wenn ein Zug vorbeirattert oder an einem Bahnsteig hart bremst, bebt der Boden.
Es riecht nach Schmiere, Getriebe- und Altöl. Ein Automechaniker späht durch die dreckige Scheibe eines Büros und stellt seine Teetasse ab. Er trägt einen orangefarbenen Overall über einem karierten Hemd und begrüßt uns an der Tür, einen Arm gegen den Rahmen gestemmt, als warte er darauf, ein Passwort zu hören.
»Tut uns leid, wenn wir stören«, sagt Ruiz.
»Sie wollen mich stören?«
Der Mechaniker wischt sich pro forma die Hände an einem Lappen ab.
»Vor ein paar Tagen wurde ein Wagen aus Clifton hierhergeschleppt. Ein blauer Renault Laguna. Er gehörte der Frau, die von der Brücke gesprungen ist.«
»Wollen Sie ihn abholen?«
»Wir wollen ihn uns ansehen.«
Die Antwort scheint nicht nach seinem Geschmack. Er kaut eine Weile darauf herum und spuckt in seinen Lappen. Er mustert mich von der Seite und überlegt, ob ich Polizist sein könnte.
»Warten Sie drauf, eine Marke zu sehen, mein Junge?«, fragt Ruiz.
Er nickt abwesend, nicht mehr ganz so selbstsicher.
»Ich bin pensioniert«, sagt Ruiz. »Ich war Detective Inspector bei der London Metropolitan Police. Sie werden mir heute
einen Gefallen tun, und wissen Sie, warum? Weil ich mir bloß ein Auto angucken will, das nicht einmal Gegenstand einer kriminaltechnischen Ermittlung ist und nur noch hier steht, bis ein Angehöriger der Toten es abholt.«
»Ich nehme an, das geht in Ordnung.«
»Sagen Sie’s offen heraus.«
»Ja, klar, er steht da hinten.«
Der blaue Renault parkt an der Nordwand der Garage, neben einem eingedrückten Autowrack, das mindestens ein Leben gekostet haben muss. Ich öffne die Fahrertür des Renaults und lasse mir einen Moment Zeit, mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Die Innenbeleuchtung ist nicht hell genug, um die Schatten zu verscheuchen, und ich weiß nicht, wonach ich suche.
Im Handschuhfach und unter den Sitzen ist nichts. Ich durchsuche die Fächer in den Türen, finde Taschentücher, Feuchtigkeitscreme, Make-up und Kleingeld. Unter dem Sitz klemmen ein Lappen zum Abwischen der Windschutzscheibe und ein Eiskratzer.
Ruiz hat den Kofferraum geöffnet. Nur ein Ersatzreifen, ein Werkzeugkasten und ein Feuerlöscher.
Ich gehe zurück zur Fahrertür, setze mich hinter das Steuer und versuche, mir einen nassen Freitagnachmittag vorzustellen, Regen, der die Windschutzscheibe hinunterströmt. Christine Wheeler ist fünfzehn Meilen gefahren, nackt unter ihrem Regenmantel. Die Lüftung lief auf Hochtouren, genau wie die
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