Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
Vom Netzwerk:
zur Schau gestellt? Ist das eine Botschaft oder eine Warnung?
     
    Da ist er wieder, der Mann, der Johnny Cochrans entfernten Cousin kennt, der versucht hat, mit meinem gefallenen Engel zu reden. Ein richtiger Leichensammler, was? Der Sensenmann.
    Ich beobachte, wie er über das Feld läuft und seine Schuhe ruiniert. Dann fällt er über den Zaun in einen Graben. Was für ein Clown!

    Ich habe in meinem Leben genug Seelenklempner getroffen, Ärzte im Majorsrang, die mentale Einläufe verpassen und versuchen, Soldaten dazu zu bewegen, ihre Albträume ans Tageslicht zu zerren wie einen dampfenden Haufen Scheiße. Die meisten von ihnen waren die reinsten Scharlatane, bei denen ich immer das Gefühl hatte, ich tue ihnen einen Gefallen, wenn ich ihnen etwas erzählte. Anstatt mir Fragen zu stellen, saßen sie da und hörten zu - oder taten zumindest so.
    Es ist wie in dem alten Witz mit den zwei Psychologen, die sich bei einem Ehemaligen-Treffen ihrer Uni über den Weg laufen, und der eine sieht alt und ausgezehrt aus, während der andere strahlend und jugendlich wirkt. Der ältere fragt: »Wie machst du das? Ich höre mir tagaus, tagein, Jahr um Jahr von morgens bis abends die Probleme anderer Menschen an, und das hat mich zu einem alten Mann gemacht. Was ist dein Geheimnis?«
    Der jüngere antwortet: »Wer hört schon zu?«
    Ich kannte mal einen Typen namens Felini. Er war mein erster befehlshabender Offizier in Afghanistan und hatte immer Albträume. Wir nannten ihn Felini, weil er behauptete, seine Familie stamme aus Sizilien und er hätte einen Onkel in der Mafia. Wie er richtig heißt, weiß ich nicht. Das sollten wir auch nicht wissen.
    Felini war schon seit zwölf Jahren in Afghanistan. Zuerst hatte er mit Osama bin Laden gegen die Sowjets gekämpft, am Ende kämpfte er dann gegen ihn. In der Zwischenzeit beobachtete er für die CIA und die DEA die Opiumproduktion.
    Er war der erste westliche Vertreter, der nach der Eroberung von Mazar-el-Sharif durch die Taliban 1998 in die Stadt kam. Er hat mir erzählt, was er sah. Die Taliban waren durch die Straßen gezogen und hatten mit Maschinenpistolen auf alles geschossen, was sich bewegte. Sie zogen von Haus zu Haus, trieben die Hazara zusammen und sperrten sie in Schiffscontainer aus Stahl, die in der sengenden Sonne standen. Sie vertrockneten oder erstickten. Andere warf man lebendig in Brunnen,
die dann mit Bulldozern zugeschüttet wurden. Kein Wunder, dass Felini Albträume hatte.
    Seltsamerweise hatte das seine Gefühle für die Taliban in keiner Weise beeinträchtigt. Er respektierte sie.
    »Die Taliban wussten, dass sie die Einheimischen nie auf ihre Seite ziehen würden«, erklärte er mir. »Also erteilten sie ihnen eine Lektion. Jedes Mal, wenn sie ein Dorf verloren und später zurückeroberten, waren sie brutaler als zuvor. Vergeltung kann wirklich anstrengend sein, wenn man dazu verpflichtet ist«, sagte er. »Herzen und Köpfe der Menschen gewinnen, vergiss es. Das Herz reißt man ihnen raus, und den Kopf bricht man auf.«
    Felini war der beste Verhörspezialist, den ich je gekannt habe. Es gab kein Körperteil, dem er keinen Schmerz zufügen konnte. Er hatte auch eine Theorie zum Islam. Er sagte, seit viertausend Jahren werde derjenige als Herrscher respektiert, der den dicksten Knüppel besitzt. Es ist die einzige Sprache, die die Araber verstehen - Sunniten, Schiiten, Kurden, Wahhabiten, Ismailiten, Palästinenser - scheißegal.
    Aber genug mit der Nostalgie. Sie nehmen die Leiche der Schlampe ab.
     
    Ein Vogel, der flatternd aus den Bäumen aufsteigt, erschreckt mich. Ich stütze mich auf dem obersten Draht des Zaunes ab und spüre die Kälte des Metalls.
    Ein Dutzend Polizisten mit beschlagenem Atem schreitet, in einer Linie nebeneinander, langsam das Feld ab. Beim Anblick dieser seltsamen Prozession habe ich plötzlich das sichere Gefühl, nicht allein zu sein. Ich blicke angestrengt in den tieferen Schatten zwischen den Bäumen. Am Rand meines Blickfelds mache ich eine Bewegung aus. Ein Mann verbirgt sich hinter einem umgestürzten Baumstamm. Er trägt eine Wollmütze und hat etwas Dunkles vor dem Gesicht.
    Spontan laufe ich auf ihn zu.
    Er hört ein Geräusch, dreht sich um, steckt etwas in eine
Tasche, rappelt sich auf die Füße und läuft los. Ich rufe ihm zu, dass er stehen bleiben soll, doch er rennt weiter krachend durchs Unterholz. Sein Gesicht glänzt vor Schweiß, und er ist groß und schwerfällig, sodass ich mit jedem Schritt näher

Weitere Kostenlose Bücher