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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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und fabrizierte Lebkuchenfiguren. Remy und ich brauchten neue Tinte, und Dawsey brauchte irgendein Epoxydharz für das Herrenhaus, also wanderten wir alle zusammen nach St.   Peter Port.
    Wir nahmen den Klippenpfad entlang der Fermain Bay. Er führt auf rauem Untergrund sehr malerisch empor und um die Landspitze herum. Ich ging ein paar Schritte vor Remy und Dawsey, weil der Pfad sich verengt hatte.
    Bei der Biegung des Pfades kam eine hochgewachsene rothaarige Frau um den großen Findling herum und auf uns zu. Sie hatte einen Hund bei sich, einen Schäferhund, voll ausgewachsen. Er war nicht angeleint und freute sich unbändig, mich zu sehen. Ich lachte über seine Kapriolen, und die Frau rief mir zu: «Keine Sorge. Er beißt nicht.» Er legte mir die Pfoten auf die Schulter und machte Anstalten, mir einen dicken, sabbernden Kuss zu verpassen.
    In dem Moment hörte ich hinter mir ein Geräusch – ein schreckliches, atemloses Keuchen, ein tiefes Würgen, das nicht enden wollte. Ich kann es nicht beschreiben. Ich drehte mich um und sah, dass es von Remy kam, sie stand zusammengekrümmt da und übergab sich. Dawsey hielt sie fest, während sie sich unter krampfhaften Zuckungen auf sie beide übergab. Es war furchtbar mit anzusehen und mit anzuhören.
    Dawsey brüllte: «Schaffen Sie den Hund weg, Juliet! Schnell!»
    In heller Panik schob ich den Hund von mir fort. Die Frau weinte und entschuldigte sich in einem fort und wurde fast selbst hysterisch. Ich hielt den Hund am Halsband fest und sagte immer wieder: «Es ist in Ordnung! Alles in Ordnung! Es ist nicht Ihre Schuld. Bitte gehen Sie. Gehen Sie!» Was sie endlich auch tat, ihren armen, verwirrten Vierbeiner am Halsband im Schlepptau.
    Remy hatte sich mittlerweile beruhigt, rang nur noch nach Luft. Dawsey sah über ihren Kopf hinweg zu mir und sagte: «Bringen wir sie zu Ihnen nach Hause, Juliet. Das liegt am nächsten.» Er hob sie hoch und trug sie – ich lief hilflos und erschrocken hinterher.
    Remy fror und zitterte am ganzen Leib. Ich ließ ihr ein Bad ein und steckte sie, nachdem sie aufgewärmt war, ins Bett. Sie schlief schon fast, also klaubte ich ihre Kleider zusammen und ging nach unten. Dawsey stand am Fenster und sah hinaus.
    Ohne sich umzudrehen sagte er: «Sie hat mir einmal erzählt, dass die Wachleute große Hunde einsetzten. Sie stachelten sie auf und ließen sie mit voller Absicht auf die Frauen los, die aufgereiht zum Appell dastanden – nur um sich an dem Anblick zu weiden.
Herrgott!
Ich war so dumm, Juliet. Ich dachte, es könnte ihr helfen zu vergessen, wenn sie hier bei uns ist. Guter Wille reicht nicht aus, nicht wahr, Juliet? Nicht im mindesten.»
    «Nein», sagte ich, «das ist wahr.» Er sagte nichts weiter, nickte mir nur zu und ging. Ich rief Amelia an, um ihr mitzuteilen, wo Remy war und warum, und wandte mich der Wäsche zu. Isola brachte Kit zurück, wir aßen zu Abend und spielten bis zum Schlafengehen Quartett.
    Aber ich kann nicht schlafen.
    Ich schäme mich so. Hatte ich wirklich geglaubt, Remy sei so weit wiederhergestellt, dass sie heimkehren könnte – oder wollte ich bloß, dass sie geht? Fand ich, es sei höchste Zeit für sie, nach Frankreich zurückzukehren – und schlicht DAMIT fertigzu werden, WOMIT auch immer? Ja. Und das ist schlicht abscheulich.
     
    Liebste Grüße,
    Juliet
     
    PS: Da ich nun schon bei den Geständnissen bin, kann ich Dir ebenso gut noch etwas erzählen. So schlimm es war, dazustehen, mit Remys besudelten Kleidern in der Hand und dem Geruch von Dawseys ebenso verdorbenen in der Nase, konnte ich doch nichts anderes denken, als dass er gesagt hatte:
«Guter Wille   … guter Wille reicht nicht aus, nicht wahr?»
Heißt das, mehr empfindet er nicht für sie? Dieser sündige Gedanke ist mir den ganzen Abend nicht mehr aus dem Kopf gegangen.

Telegramm (mit Zustellung am folgenden Tag) von Sidney an Juliet
    4.   September 1946
     
    Liebe Juliet, der sündige Gedanke heißt nichts weiter, als dass Du selbst in Dawsey verliebt bist. Überrascht Dich das? Mich nicht. Weiß nicht, warum Du so lange gebraucht hast, um es Dir einzugestehen – Seeluft macht doch angeblich den Kopf frei. Ich möchte kommen und Dich und Oscars Briefe selbst in Augenschein nehmen, kann aber erst am 15. fort. Abgemacht? – Sidney

Telegramm von Juliet an Sidney
    5.   September 1946
     
    Lieber Sidney, Du bist unausstehlich, vor allem, wenn Du recht hast. Freue mich dennoch auf Dich am 15. – Juliet

Isola an Sidney
    6.

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