Deine Schritte im Sand
und Vorhänge, die noch aufgehängt werden müssen, und sogar auf den Riesenberg an Aufgaben im Haushalt, der uns nach vier langen Monaten Abwesenheit erwartet.
»HOME, SWEET HOME!« WIR SIND WIEDER ZU HAUSE . Alle fünf. Endlich. In der Wohnung erwartet uns eine angenehme Überraschung. Während wir von Marseille nach Paris unterwegs waren, hat sich ein ganzes Bataillon guter Feen mit Besen, Schrubbern, Mobs und Schwämmen in unserer Wohnung zu schaffen gemacht. Einen ganzen Tag lang wurde geputzt, gewienert, poliert, gestaubsaugt und aufgeräumt. Das Ergebnis ist verblüffend. Nach vielen Monaten Abwesenheit ist nicht das kleinste Stäubchen zu entdecken.
In einem Eimer mit Eisstückchen wartet eine Flasche Champagner, und auf einer improvisierten Karte steht mit großen Buchstaben »Willkommen!«. Wie schön ist es doch zu Hause! Ein kleines, ganz einfaches Glück.
Gaspard freut sich wie ein Schneekönig. Er räumt seine gesamten Spielsachen aus und ist entzückt über jedes wiedergefundene Stück, als sähe er es zum ersten Mal. Thaïs liegt auf ihrem Spezialbett und lächelt. Die Reise hat sie sehr ermüdet, aber sie scheint glücklich zu sein. Azylis hingegen bekommt von der Glückswoge, die über die Familie hinwegschwappt, nicht viel mit. Wir haben sie gleich bei der Ankunft in ihrem abgeschirmten Zimmer sicher untergebracht. Das war eine der Bedingungen dafür, dass wir mit ihr zurückkehren durften.
Ihre Quarantäne wird noch mehrere Monate andauern – so lange, bis ihr Immunsystem ausreichend entwickelt und in der Lage ist, sie vor den von Mikroben und Viren ausgehenden Gefahren zu schützen. Vorläufig darf sie ihr Zimmer nur zur wöchentlichen Überwachung in der Klinik verlassen. Einmal in der Woche wird die Entwicklung des Transplantats kontrolliert, die Blutzellenproduktion überprüft und untersucht, ob jede Art von Infekt sicher ausgeschlossen werden kann.
Ihr Zimmer in unserer Wohnung wurde in eine Krankenstation verwandelt und von Grund auf gereinigt. Jetzt riecht es nach Chlor und Desinfektionsmitteln. Der Geruch wirkt auf uns beruhigend. Hier gelten die gleichen Maßstäbe wie im Krankenhaus. Ehe wir ihr Zimmer betreten, desinfizieren wir die Hände, ziehen die Schuhe aus und setzen eine Atemmaske auf. Zwar verhalten wir uns nicht ganz so streng wie auf der Isolierstation, aber wir müssen wachsam bleiben, denn zu Hause sind wir derartige Vorschriften nicht gewohnt. Wir müssen jede noch so kleine Geste überdenken.
Aus Gründen der Sicherheit dürfen Gaspard und Thaïs das Zimmer von Azylis nicht betreten. An diesem Abend jedoch machen wir zur Feier des Tages eine winzige Ausnahme. Sie dürfen sich mit Atemmasken kurz an der Tür des Zimmers ihrer Schwester aufhalten. Thaïs liegt in ihrem Spezialstuhl, Gaspard hält nervös kichernd ihre Hand. Azylis sitzt in ihrem Gitterbettchen und betrachtet ihre beiden Geschwister ein wenig erstaunt. Sie erkennt sie nicht – sie kennt sie ja nicht einmal. Noch nicht. Zum ersten Mal seit langer Zeit befinden sich unsere drei Kinder gemeinsam im selben Raum. Jedenfalls beinahe.
Nach einem langen, mit vielen Gefühlen befrachteten Tag schlafen Gaspard, Thaïs und Azylis rasch ein. Kaum liegen sie in ihren Betten, als Morpheus sie auch schon in seine einladenden Arme nimmt. Nachdem die Kinder friedlich schlummern, köpfen Loïc und ich die Champagnerflasche und stoßen darauf an, dass wir nun alle zusammen sind. Ohne auch nur zu ahnen, dass dies nur einen Abend dauern wird. Wenn wir wüssten.
DAS ERWACHEN IST HEFTIG . Bereits im ersten Morgengrauen erbricht sich Thaïs, hustet, würgt und hat Krämpfe. Durch Gaspards Rufe alarmiert, hasten wir zu ihrem Bett. Ich messe ihre Temperatur. Sie hat über vierzig Grad Fieber. Sofort fahren wir sie ins Krankenhaus in die für sie zuständige Abteilung. Die Ärzte diagnostizieren eine Gastroenteritis und eine schwere Atemwegsinfektion. Die Zukunft sieht wieder düster aus.
Vorbei ist es mit unserem Glück zu fünft. In zwei Tagen muss Loïc wieder zur Arbeit. Für Gaspard beginnen zwei Wochen Ferien. Azylis darf ihr Zimmer nicht verlassen. Thaïs befindet sich in kritischem Zustand im Krankenhaus. Kaum dass wir wieder zusammen sind, zerschlägt es unsere Familie auch schon wieder.
Etwas wüsste ich gern: Wurde Sisyphus wütend, tobte und schrie er, wenn sein so mühsam bis zur Spitze des Berges transportierter Felsen wieder hinunterrollte? Oder begnügte er sich damit, stoisch zu seinem Stein zu gehen und
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