Deine Seele in mir /
Pyjama allerdings. Mit einem gequälten, schmerzverzerrten Gesicht knetet er seinen Nacken.
»Alles klar bei dir?«, fragt Tom sofort, nachdem er ihm einen guten Morgen gewünscht hat.
»Ja, geht schon. Es ist mein Nacken, das habe ich öfter.«
»Liegt es am Bett?«, erkundigt sich Kristin besorgt, doch Wilson wehrt ab.
»Nein! Gott weiß, woran es liegt, aber das Bett hat nichts damit zu tun, Kris. Wahrscheinlich habe ich gestern nur zu lange im Auto gesessen. Das wird es wohl sein.«
Kristin und Tom werfen sich einen Blick zu und sehen dann geschlossen zu mir. Ich nicke, ohne von meinem Pfannkuchen aufzusehen. Es ist mein Pflichtbewusstsein, das mich förmlich dazu drängt.
Eine Massage, schon klar.
»Matt ist der mit Abstand beste Masseur dieser Gegend«, sprudelt Kristin bereits los, als wäre mein Nicken ihr Einsatz gewesen. »Eigentlich musst du drei Monate Wartezeit auf eine Massage von ihm einplanen, wenn du kein starker Schmerzpatient bist.«
Lächelnd sieht sie mich an. Der Stolz in ihrem Blick entgeht mir nicht. »Also, Wilson, du kannst dich glücklich schätzen, dass Amy so einen begabten Verlobten hat. Wenn wir mit dem Frühstück fertig sind, kann er dich massieren, während wir in die Stadt fahren und die Parade ansehen. Was hältst du davon?«
»Das wäre klasse. Dieser Nacken und meine linke Schulter … Wirklich, eine Massage wäre großartig.« Wilson stöhnt und rollt seinen Kopf hin und her.
»Sicher«, erwidere ich und schiebe mir dann ein großes Stück Pfannkuchen in den Mund. Alles zu seiner Zeit!
»Amy«, wiederholt Diane plötzlich kopfschüttelnd. »Ich werde mich an den Namen gewöhnen müssen. Nach fast zweiundzwanzig Jahren!«
Nachdem wir gemeinsam den Frühstückstisch abgeräumt haben, bricht eine geschäftige Hektik aus. Die Frauen schminken sich und suchen nach den passenden Handtaschen für ihre Outfits. Tom versucht immer wieder vergeblich, sie anzutreiben. »Herrgott, wir wollen doch nur in die Stadt und nicht auf einen Opernball, Ladys. Also, entspannt euch und kommt endlich.«
Als es ihm schließlich gelungen ist, Kristin von einem ihrer Schuhpaare zu überzeugen, grinst er mich an und verdreht die Augen dabei. »Es geschehen noch Zeichen und Wunder, Matt. Die Frau ist wirklich dabei, sich ihre Schuhe anzuziehen. Bete zu Gott, dass ihr jetzt nicht ein Absatz abbricht.« Lachend kassiert er Kristins Klaps, bevor er fortfährt. »Also, wir sehen uns nur die Parade an. Gegen Mittag werden wir wohl wieder da sein.«
Kristin schüttelt energisch mit dem Kopf. »Oh nein, nicht
werden wir wohl
. Ich
muss
um zwölf Uhr wieder da sein, sonst kriege ich das Essen nicht rechtzeitig fertig.«
Schließlich wendet sie sich mir noch einmal zu und drückt mich an sich. »Tschüs, mein Schatz.«
Das Kosewort klingt so mütterlich aus ihrem Mund, und auch die Art, wie sie mir den Kuss auf die Wange haucht und die Haare aus der Stirn streicht, ist so liebevoll.
Es ist ungewohnt, Kristin so zu sehen: geschminkt, mit zurechtgemachten Haaren, in einer marineblauen Bluse, die Diane ihr mitgebracht hat, und in diesen ebenso blauen Schuhen mit den leichten Absätzen. Sie wirkt völlig verändert auf mich. Ich gönne ihr die Auszeit mit ihrer Schwester von Herzen. Noch einmal drücke ich sie fest an mich. »Mach's gut«, flüstere ich ihr zu.
Nur wenige Sekunden später zieht Tom die Haustür hinter sich zu. Stille! Nur das Holz des Hauses knackt, und ich kann es kaum erwarten, endlich das Knacken unserer eigenen Balken zu hören.
Stattdessen jedoch höre ich zunächst einmal das Ächzen der Treppenstufen. Sie knarren unter Wilsons Gewicht.
»So, wo soll ich mich denn hinlegen?«, fragt er.
Ich deute auf das Deckenlager, das ich vor dem Kamin, in dem schon seit Monaten kein Feuer mehr brennt, ausgebreitet habe. »Auf dem Boden ist es am besten, da habe ich den effektivsten Winkel auf deinen Rücken.«
»Okay.« Wilson streift sich sein T-Shirt ab.
Er hat einen recht ansehnlichen Oberkörper für einen Mann seines Alters. Regelrecht durchtrainiert wirkt er. Ich frage mich im Stillen, ob er wohl Bodybuilding macht, als Wilson meinen Blick bemerkt.
»Rudern«, erklärt er. »Hält fit, das kannst du mir glauben.«
Ich nicke anerkennend und stelle meinen Koffer mit den Duftölen vor ihm ab. »Irgendwelche Gerüche, die du bevorzugst?«
Wilson schüttelt den Kopf.
In Anbetracht der Tatsache, dass ich selbst sowieso schon seit Tagen mit meinem Heuschnupfen zu kämpfen habe und
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