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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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und lehnt sich zu uns herüber.
    Sie streichelt über unsere ineinander verschränkten Hände und schenkt uns ihr wärmstes Lächeln; dann drückt sie Amy einen Kuss auf die Stirn.
    »Nein, ich bin nicht böse, meine Süße. Im Gegenteil. Das ist das beste Geburtstagsgeschenk überhaupt. Ihr beide gehört zusammen. Wer das nicht sieht, ist blind.«
    Amys Blick schweift zu Tom, der auf seinem Teller herumstochert. Kein Zweifel, dass er die Begeisterung seiner Frau nicht teilt. Er ignoriert ihre spitze Bemerkung, die eindeutig an ihn gerichtet war.
    »Ach, macht euch nichts aus diesem Griesgram.« Kristin winkt ab. »Der muss erst einmal die Schmach wegstecken, dass seine kleine Tochter nun einen Freund hat. Einen festen Freund!«
    Die letzten Worte trällert sie regelrecht und küsst Tom, der fast schon wieder lachen kann, auf die Wange.
    »Mannomann«, schnaubt er endlich. Sein Blick wird nachgiebig. »Über einundzwanzig Jahre lang gar nichts und dann in nur zwei Monaten das volle Programm. Das muss man als Vater erst einmal verkraften. Schatz, reichst du mir bitte den Wein. Ich brauch ’nen Schluck!«
    Amy kommt Kristin zuvor und füllt Toms Glas mit dem portugiesischen Rotwein. Dann beugt auch sie sich über den Tisch und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. »Du hast deinen Platz in meinem Herzen, Tom. Für immer!«
    Das ist ein Versprechen. Und Amy hält diese.
    Bereits am folgenden Morgen beginnen wir offiziell mit den Planungen für unsere Reise. Bisher hatten Amy und ich uns nur auf dem Arbeitsweg besprochen. Oder abends, wenn wir nebeneinander im Bett lagen.
    Das war eine heilige Zeit.
    Und ich gebe mich gerne für einen Augenblick der Erinnerung daran hin. Zärtliche Momente, die nur uns gehören. Den ganzen Tag über fiebern wir diesen Stunden entgegen. Manchmal, wenn Amys Staunen über das Leben zu groß wird und ihre Begeisterung über die kleinsten Alltäglichkeiten auf mich überspringt, grenzt es an Folter, sie nicht einfach an mich ziehen und küssen zu können. Doch in der Praxis ist das nur sehr flüchtig zwischen den Behandlungen möglich, und vor Kristin und Tom halten wir uns ebenfalls zurück. Wenn es dann endlich soweit ist und Amys Zimmertür hinter uns ins Schloss fällt, dauert es nur noch den Bruchteil einer Sekunde, bis ich sie in meinen Armen halte.
    Jedes Mal ist es eine Erlösung, ihre Nähe zu spüren, niemals ist es selbstverständlich. Manchmal sprechen wir über Gott und die Welt, manchmal schweigen wir zwanglos, aber wirklich
immer
halten wir einander fest umschlungen und genießen uns.
    Oftmals küssen und liebkosen wir uns dabei so intensiv, dass die Erregung überzuschwappen droht. Bis Amys süßer Atem seinen Weg nur noch stoßweise in meinen Mund findet und sie unter meinen Händen zu schmelzen scheint.
    Doch wir lassen es nie so weit kommen, dass die Stimmung kippt; Amy zieht stets die Notbremse.
    Sie beherrscht den Moment genau. Den Moment, unmittelbar bevor
ich
wohl einen Rückzieher gemacht hätte, weil mich die alten Bilder wieder eingeholt hätten.
    Sie passt ihn ab, mit einer übersinnlichen Präzision, die mich immer wieder aufs Neue fasziniert. Nicht ein einziges Mal erlaubt sie, dass diese innigen und elektrisierenden Momente zwischen uns auch nur im Ansatz getrübt werden.
    Sie lässt uns das Schöne bis zum absoluten Limit auskosten, während sie den bösen Geistern unserer Vergangenheit einfach den Zugang verwehrt. Meine Grenzen weitet sie dabei so geduldig und einfühlsam aus, dass es mir selbst immer erst im Nachhinein auffällt.
    Mit einem Lachen oder einer scherzhaften Bemerkung entzieht sie mir ihren Mund und lenkt unser Beisammensein zurück auf eine freundschaftliche Ebene. Sosehr die Erregung sie zuvor auch noch zu beherrschen schien, Amy rettet mich ein ums andere Mal – immer wieder ungefragt – vor mir selbst.
    Und so bleibt es vorerst dabei: weiche Lippen, die sich nur voneinander lösen, um sich an Kinn, Ohr und Hals entlangzutasten. Abwärts. Zittrige Hände, mit denen wir unsere Körper gegenseitig so behutsam erkunden, als wären sie aus Porzellan. Heißer Atem, der – entgegen jeder Logik – eine Gänsehautspur hinterlässt, wo auch immer er auf die Haut des anderen trifft.
    Geflüsterte Worte, die von lebenslanger Verbundenheit zeugen und uns vor Augen halten, dass die unschuldig liebenden Kinder, die wir einst waren, inzwischen erwachsen sind und sich im Grunde ihrer Herzen auch nach körperlicher Erfüllung sehnen.
    Wir sind beide

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