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Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Reist
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und eine Patientin hinausbegleitet wurde.
    „Und jetzt sind Sie dran, Herr Baumgarten. Ich bin Peter Hivatal. Kommen Sie, bitte.“ Der Arzt begrüsste seinen Gast und ging ihm mit wehendem weissem Mantel und schnellen Schritten voran in sein Besprechungszimmer. „Maria, bringen Sie uns bitte Kaffee?“ rief er Richtung Empfang. „Sie trinken doch einen mit, Herr Baumgarten?“
    „Gerne.“ Als sie sich gesetzt hatten, musterte Nick sein Gegenüber. Dr. Hivatal war sicher über siebzig Jahre alt, hatte schlohweisses Haar und faltige Hände, aber seine blitzenden Augen hinter den dicken Brillengläsern und die Vitalität in seiner Stimme zeugten von einem gefühlten Alter von höchstens fünfzig. Er hatte einen leichten osteuropäischen Akzent – Tschechien? Ungarn? – aber man hörte auch, dass er schon lange in der Schweiz lebte.
    „Sie wollen also wissen, was mit dem Patienten Matossi los war. Ich kann Ihnen nichts Definitives sagen, da die Diagnostik unvollständig ist.“ Dr. Hivatal hatte ein Dossier vor sich, aber er blätterte nur kurz darin und schien sich an alle Details zu erinnern. Er zwinkerte seinem Besucher zu. „Im Übrigen dürfte ich Ihnen gar nichts erzählen, das wissen Sie. Aber wenn ein Patient gestorben ist, und zwar auf fragwürdige Weise, dann entbinde ich mich jeweils selbst von der Schweigepflicht. Ich bin alt genug, mir kann nichts mehr passieren.“ Er lächelte und schaute seinem Besucher in die Augen. „Und Ihnen geht es darum, die Wahrheit zu finden, nicht wahr?“
    Nick hob die Schultern. „Wahrheit ist ein grosses Wort, Herr Doktor. Ich will wissen, wie und warum Gion Matossi sterben musste, das ist alles. Vielleicht können Sie mit Ihren Informationen helfen, diese Fragen zu beantworten. Warum kam dieser Patient zu Ihnen?“
    „Er wurde von seinem Hausarzt überwiesen, der den Verdacht auf eine neurologische Störung hatte. Herr Matossi zeigte Lähmungserscheinungen an den Extremitäten, insbesondere auf der rechten Seite, und da liegt es nahe, an eine Apoplexie zu denken, an einen Schlaganfall. Der Patient zeigte auch manchmal ein unkontrollierbares Zittern, was für den Hausarzt Richtung Parkinsonsches Syndrom wies. Ich hatte den Auftrag, diverse Test zu machen und herauszufinden, welche Erkrankung vorlag. Wir haben hier in der Praxis ein EEG gemacht sowie weitere neurologische Abklärungen, und der nächste Schritt wäre dann die MRI-Untersuchung gewesen, die unsere vorläufigen Resultate ergänzt hätte. Aber dazu kam es nicht mehr.“
    „Hatten Sie denn schon einen Verdacht, oder eine provisorische Diagnose?“
    „Ja und nein. Die kurzfristigen Lähmungen hätten auch von der Wirbelsäule stammen können, insbesondere da der Patient über chronische Rückenschmerzen klagte. Aber der Tremor, also das Zittern an der einen Hand und am Kopf, wies ziemlich klar auf eine neurologische Erkrankung hin, und solche Veränderungen können wir heute durch die bildgebenden Verfahren sichtbar machen. Man hätte auch gesehen, ob ein Hirninfarkt stattgefunden hatte, oder ob ein Gerinnsel die Versorgung einer Hirnregion mit Sauerstoff blockierte. Parkinson war eine Möglichkeit, aber ohne die Magnetresonanz-Bilder wäre diese Diagnose verfrüht gewesen.“
    „Sie können also nicht definitiv sagen, woran Gion Matossi litt.“
    „Nein, das kann ich nicht. Was ich allerdings weiss, auch weil der Hausarzt mir den Verlauf und die Symptome genau schilderte, ist, dass Herr Matossi sich bereits in einem Stadium befand, in dem ein Fortschreiten der Krankheit, wie auch immer sie hiess, zwar zu verlangsamen, nicht aber aufzuhalten war. Er kam zu spät zu mir.“
    Nick stockte der Atem. „Haben Sie ihm das gesagt?“ Die Antwort auf diese Frage würde vielleicht die Selbstmordtheorie bestätigen.
    Hivatal schüttelte den Kopf. „Nicht in diesen Worten, aber er war ein Patient, der Transparenz forderte. Ich habe ihm erklärt, dass es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten für die Symptome einer solchen Krankheit gibt, und dass man für lange Zeit eine gute Lebensqualität hat, aber er wusste, dass eine Heilung nicht möglich war. Sie wollen wissen, ob er sich deswegen umgebracht haben könnte, nicht wahr, und darauf kann ich Ihnen keine Antwort geben, ich weiss es nicht. Ich bin Neurologe, kein Psychiater, die Seele der Menschen ist nicht mein Fachgebiet.“
    „Aber nach so vielen Jahren als Arzt muss Ihre Menschenkenntnis doch sehr gross sein, Herr Hivatal. War er der Typ dazu?“
    Hivatal

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