Deine Stimme in meinem Kopf - Roman
Baby.«
Wann immer er vom Set nach Hause kommt, bringt er mir die seltsamsten Dinge mit. Meine Freundinnen in L.A., die schon zu lange hier wohnen, lästern: »Keine Diamanten?«, und ich erkläre ihnen, dass ich die sowieso nicht tragen würde und es noch nie getan habe. »Ja, aber das braucht er nicht zu wissen.« – »Weiß er aber«, sage ich und glaube aus ihrem Lästern herauszuhören: »Warum ist er mit
ihr
zusammen?« Tja, warum mit mir?
Er sagt, ich sei die Dorothy für den Feigen Löwen in ihm, und wenn wir für seinen neuesten Film zusammen über den roten Teppich schreiten, müssten wir uns vorstellen, es sei die gelbe Ziegelsteinstraße. Obwohl ich mit Grippe im Bett liege und Kay Thompsons
Eloise
lese, mein liebstes Kinderbuch, erkläre ich mich bereit, mitzukommen. Er sagt, er will mich jetzt schon anmelden, vier Monate im Voraus, und es klappt. Vor Freude darüber liest er mir für den Rest des Nachmittags
Eloise
vor, mit der Stimme von Daniel Day-Lewis in
There Will Be Blood
. Er ist absolut großartig.
Ich versuche mir vorzustellen, was Dr. R sagen würde, wenn er mich auf dem roten Teppich sähe. Unterstütze ich dadurch meinen Partner beruflich oder lasse ich unerwünschte Kameras in unsere Beziehung eindringen? Was würde er davon halten? Es ist seltsam, zu versuchen, sich in einen Toten einzufühlen. Meine Narben sind weitgehend verblasst. Die Fleischblume ganz oben am rechten Schenkel ist noch da, und die gleichgültige Reaktion der Girls vom Bikini-Waxing-Studio zeigt mir, dass sie an derlei Dinge gewöhnt sind: Mädchen, die sich hübscher oder hässlicher machen wollen und den Unterschied nicht kennen – wie bei jenem hypothetischen Kreis, in dem Kommunismus und Faschismus zusammentreffen.
Nachdem GH eines Abends etwa eine Stunde lang vom anderen Ende der Welt aus mit mir telefoniert hat, schneidet er ein neues Thema an.
»Weißt du was? Wenn ich mit diesem Film fertig bin, machen wir beide ein kleines Miniaturwesen, das wächst.«
Ich erstarre und blicke auf der Suche nach Zeugen durch mein Schlafzimmer.
»Ein Baby?«
»Ja, ein Baby.«
Ich habe so lange mit Dr. R daran gearbeitet, gesund zu werden, heil und reif genug, um für einen anderen Menschen da sein zu können. Und jetzt dieses Thema. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
»Wenn es ein Mädchen wird, nennen wir es Pearl, okay?«, sage ich dann.
»Pearl? Mein Ego hat etwas dagegen.« Ich spüre, dass er lächelt. »Da es nicht meine Idee war. Aber es würde perfekt passen. Gut, also Pearl! Sobald ich nach Hause komme.«
Ich rufe erneut meine unsichtbaren Zeugen herbei, Dr. R, meine Mum. Doch sobald sie da sind, bitte ich sie, uns einen Augenblick allein zu lassen. Ich schaffe es auch allein.
»Ist Pearl alles, was du von mir haben willst? Oder darf ich auch bleiben?«
Er antwortet nicht sofort. Ich höre, wie sein Atem stockt. Das Warten kommt mir endlos vor.
»Ich will, dass du bleibst. Em, ich will nie mehr
nicht
mit dir zusammen sein.«
Spät am Abend kommt er nach Hause. Es ist unerträglich heiß, und ich schlafe unten auf dem Tagesbett. Ich schlafe ein, als der iPod noch läuft. Leise schleicht er sich herein. Ich weiß nicht, wie lange er neben mir liegt. Als ich aufwache, sagt er: »Rate mal, was lief, als ich kam.«
»Weiß nicht ...«
»
Darkness on the Edge of Town
.«
»Ein Zeichen?«
»Ja, ja.«
Er küsst mich. Als seine Zunge die Tiefen meiner Kehle erkundet, schmecke ich etwas, das mir bisher nie auffiel, weil es entweder nicht da war oder weil er es versteckte, oder vielleicht hat er mich noch nie so tief geküsst. Angst. Vor mir oder vor sich selbst? Davor, den Preis dafür zu bezahlen, dass man Dinge will, die man – wie in dem Song von Bruce Springsteen – nur in der Dunkelheit am Rand der Stadt findet? Er will mir etwas sagen. Ich kann ihn im Dunkeln nur spüren. Er hält mir den Mund zu, damit ich nichts antworten kann, als er sagt: »Lieber sterbe ich, als dir kein Kind zu machen.«
Doch trotz seiner Hand auf meinem Mund kann ich darauf antworten.
Bestandsliste der Geschenke:
3 x Pop-Rock-
CD
s
1 x kenianische Barbiepuppe
2 x Salz- und Pfefferstreuer in Schweinchenform
1 x Schneekugel
8 x Sam-Goody-Haarbänder
2 x
PEZ
-Spender
1 x Schleuder in Form eines Elchgeweihs
1 x Paddleball-Set
Das ist alles, was ich brauche.
23. Kapitel
FedEx bringt mir ein T-Shirt, das er mir von seinem weit entfernten Drehort geschickt hat. Es riecht nach GH , aber noch wichtiger ist, dass es ein
Weitere Kostenlose Bücher