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Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)

Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)

Titel: Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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passiert?«
    »Natürlich nicht. Wie denn? Oder glauben Sie, Hannes wäre kaltblütig genug, in einem Heim, das sicher mit Videokameras überwacht wird, einen Mord zu begehen? Überall ist Personal. In den Zimmern leben die Leute nicht allein. Besucher kommen und gehen. Er hätte das nicht durchziehen können. Er wäre gestört worden, und selbst wenn nicht, man hätte sich an ihn erinnert.«
    Kubisch wandte sich wieder an seine Schwester. »Komm, lass uns irgendwo einen Happen essen.«
    Die beiden verabschiedeten sich. Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Dühnfort beschloss, ebenfalls zu gehen. Er löschte das Licht, zog die Tür hinter sich zu und brachte ein neues Siegel an.

53
    Die Putzfrau kam herein. Sie leerte den Beutel für Abfälle, der am Nachttisch hing. Eine Frau mit breitem Gesicht und dunklem Flaum an der Oberlippe. Lächelnd sagte sie etwas, in einer Sprache, die Anjela nicht verstand. In diesem Land räumten sie den Dreck nicht selber weg. »Du nix verstehen?«, fragte die Putzfrau.
    Anjela zuckte die Schultern.
    »Geht dir gut?, ich gefragt. Kopf besser?«
    »Besser«, bestätigte sie, drehte sich auf die Seite und wandte sich wieder der Frage zu, die sie beschäftigte, seit sie aus dem Koma aufgewacht war. Weshalb hatte sie versucht, sich umzubringen? Was war in den Stunden geschehen, an die sie sich nicht erinnerte? Etwas Furchtbares jedenfalls. Denn es hatte sie dazu gebracht, von einer Brücke zu springen. Das passte einfach nicht zu ihr. Sie war keine, die aufgab und von Brücken sprang. Sie war eine Kämpferin. Eine Kriegerin, und ihr Feind war Sergej. Solange er lebte, würde sie keine Sekunde an Selbstmord denken, aus welchem Grund auch immer.
    Bei dem Gedanken an ihn wurde ihr kalt vor Hass. Und übel vor Wut. Alles war geplant gewesen. Sie hatte die Abmachung mit Alexej gehabt, und das Geld, um ihn zu bezahlen. Doch sie konnte sich nicht erinnern, ob sie sich mit ihm getroffen hatte. Seit sie aufgewacht war, zermarterte sie sich ihr lädiertes Hirn. Stachusbrunnen. Zweiundzwanzig Uhr. War sie dort gewesen? Das Letzte, an das sie sich erinnerte, war, wie sie an der Station Giselastraße in die U-Bahn gestiegen war.
    Lebte dieser Scheißkerl am Ende noch? Sie wollte ihn tot wissen. Gerädert und gevierteilt. An seinen Eingeweiden aufgehängt. Seine Fresse zu Brei geprügelt, seine verführerischen schwarzen Augen den Hunden zum Fraß vorgeworfen. Erstickt an seinem Schwanz. Dafür lebte sie. Für sonst nichts! Sie hatte sich nicht von dieser Brücke gestürzt. Es konnte nicht sein. Es machte keinen Sinn.
    Wo waren ihre Sachen? Die Putzfrau war inzwischen gegangen. Anjela schwang die Beine aus dem Bett. Ihr wurde schwindlig. Einen Augenblick blieb sie sitzen, bis sich das Zimmer nicht mehr drehte. Ein Paravent schirmte das Nachbarbett ab. Anjela lugte hinüber. Eine Frau lag darin und schlief. Kurven und Zahlen blinkten auf den Monitoren, die auch ihr Bett umstanden.
    An der Wand gegenüber entdeckte sie zwei schmale Spinde. Ein abschätzender Blick, ob die Kabel und Schläuche lang genug waren. Könnte klappen. Sie setzte die nackten Füße auf den Boden. Alles drehte sich. Sie wartete, bis die Karussellfahrt vorüber war, und stemmte sich hoch. Rücken und Po wurden kalt. Das Krankenhaushemd war hinten offen. Egal. Niemand sah sie. Und selbst wenn … Eine Million Augen hatten sie nackt gesehen. Es kam nicht mehr darauf an.
    Ihr Brustkorb war in ein Korsett aus Bandagen gezwängt, das die gebrochenen Rippen zusammenhielt. Jeder Atemzug tat weh. Ihren Schädel sägte ein dumpfer Schmerz mittendurch. Anjela fühlte sich wie ein Ritter in einer Rüstung aus Mullbinden. Schritt für Schritt schob sie sich zwischen dem Bett und den Geräten hindurch in Richtung Schrank. Kabel und Schläuche strafften sich, Elektroden spannten auf der Haut. Die Pflaster, mit denen die Nadel am Handrücken fixiert war, ziepten. Mist. Sie kam nicht weiter. Nichts ging mehr. Sie stand da wie gekreuzigt, als sich die Tür öffnete und eine Schwester hereinkam. »Wenn Sie etwas brauchen, dann klingeln Sie doch einfach.«
    Anjela zeigte auf den Schrank. »Meine Sachen.«
    »Erst hinlegen.« Die Schwester half ihr ins Bett, ging zum Spind und reichte Anjela einen großen weißen Plastikbeutel mit dem Schriftzug des Klinikums Großhadern. Jeans und Shirt lagen obenauf, darunter Slip und BH . Alles feucht, klamm und müffelnd. Sie hatten ihr die nassen Klamotten vom Leib gezogen und in eine Tüte gestopft. Klasse!

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