Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
steht die alte Holzbank mit den geblümten Sitzpolstern und Kissen. Ein hübscher Platz, um Schuhe anzuziehen. Hannes nimmt eines. Franziska ist bewusstlos. Er dreht sie auf den Rücken, drückt ihr das Kissen aufs Gesicht.
Kommt sie zu sich? Versteht sie, was mit ihr geschieht, und wehrt sich? Nein. Keine Hautschuppen unter den Fingernägeln, keine Kampfspuren. Sie wacht nicht mehr auf.
Es geht ganz einfach. Aber es dauert lange. Soll er abbrechen, verschwinden? Doch wenn er die Miete nicht bezahlt, wird er bald mit Frau und Kindern auf der Straße stehen. Ein Versager, durch und durch. Er muss raus aus dieser Falle. Es gibt nur einen Weg. Er zieht das durch. Im Wohnzimmer läuft der Fernseher. Ziemlich laut. Die Minuten vergehen. Eine endlose Zeit, beherrscht von der Angst, Ernst könnte auftauchen. Das wäre ein Problem. Sein Schwiegervater leidet zwar an Alzheimer, doch vielleicht würde er verstehen, was geschah. Endlich ist Hannes sicher, dass Franziska nicht mehr lebt. Er steht auf, zieht den Totschläger wieder aus der Hosentasche.
Dühnfort ging zurück ins Wohnzimmer. Der Couchtisch war verschoben. Die Fernbedienung, die Modezeitschrift, ein Glasschälchen und Erdnussflips lagen auf dem Boden zwischen zwei Weingläsern, deren Inhalt im Teppich versickert war. Schildchen mit Spurennummern standen daneben. Das graue Pulver, mit dem Fingerabdrücke gesichert wurden, haftete an allen Gegenständen.
Auch hier geht es schnell. Ehe Ernst Kubisch versteht, was passiert, trifft ihn der Schlag im Sitzen an der Schläfe. Kubisch kommt zwischen Couchtisch und Sofa zu Fall. Geht es beim zweiten Mal leichter? Wieder dauert es Minuten, bis Hannes sicher sein kann, dass sein Opfer tot ist. Falls er bei Franziska Zweifel gehabt haben sollte und vielleicht mehrfach kurz davor war, das Ganze abzubrechen, gibt es jetzt kein Zurück mehr. Er trägt die Leiche ins Schlafzimmer.
Schafft er das? Ernst Kubisch war kein Fliegengewicht. Doch Hannes ist kräftig, er treibt Sport. Er legt den Toten aufs Bett, breitet dessen Hände aus … Hatte Hannes Apfel und Trauben mitgebracht? Petra Melzner hatte keine Tasche oder Tüte erwähnt. Dühnfort zog sein Handy hervor und rief sie an.
»Eine Tüte oder Tasche? Kann sein. Aber beschwören würde ich das nicht.«
»Als Sie kurz vor sieben kamen, lief da der Fernseher?«
»Der läuft immer um diese Zeit.«
»Können Sie sich erinnern, ob auf dem Couchtisch zwei Weingläser standen und ein Schälchen mit Erdnussflips?«
»Im Wohnzimmer war ich nicht. Der alte Herr kam grad von der Toilette, als Franziska mich hineingelassen hat. Die Medikamente gebe ich ihm immer in seinem Arbeitszimmer. Sie werden dort in einer Box auf dem Schrank aufbewahrt. Dort sind sie außer Reichweite, so dass er keinen Unfug damit machen kann.«
Dühnfort verabschiedete sich. Trank man wirklich abends um sieben schon Rotwein? Doch warum nicht?
Im Flur setzte er sich auf die Bank. Würden Franziska und ihr Vater noch leben, wenn Emilys Foto nicht im Münchner Blick erschienen wäre? Möglich. Vielleicht hatte es den Anstoß gegeben, die Idee geliefert. Wenn Hannes Lenz sich mit Mordgedanken getragen hatte, war ihm klar, dass die Frage, wer von der Tat profitierte, eine der ersten war, die sie sich stellten. Wenn er den Mord allerdings wie die Tat des Samariters aussehen ließ, würde man nicht auf ihn kommen. Eine trügerische Hoffnung und ein niederträchtig eingeplanter Kollateralschaden . An den Alten allein kam er nicht ran. Also musste seine Schwägerin oder wer auch immer ihn betreute, ebenfalls dran glauben. Am liebsten wäre es ihm wohl gewesen, wenn es seine Exfrau gewesen wäre. Doch sie hätte ihn vermutlich gar nicht erst hereingelassen. Nicht nach den Erfahrungen, die sie mit ihm und Tanja gemacht hatte.
War das Motiv wirklich ausreichend für einen Doppelmord?
Claras Erbe war alles, worauf Hannes seine Zukunft bauen konnte. Je eher der Schwiegervater starb, umso schneller begann für Lenz ein neues Leben. Über hunderttausend Euro Schulden konnte er mit seinem Gehalt nicht abstottern. Es reichte für die Zinsen und einen kleinen Tilgungsanteil.
Außerdem wurde der Erbteil neuerdings mit jedem Monat kleiner, den der alte Mann lebte. Denn die private Pflege zehrte am Vermögen. Am Ende würde nichts bleiben und Hannes seine Schulden nie los. Auch das war ein Grund, schnellstens zu handeln, damit Clara wirklich noch etwas erbte.
Wie oft hatte er das schon erlebt? Die künftigen Erben
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