Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Himmel. Vereinzelte Schneeflocken lösten sich aus den Wolken.
Dühnfort schritt weit aus. Ein Gedankenspiel: Der Samariter ist kein Mörder. Wie kommt er dann an das Foto? Nur drei Möglichkeiten waren denkbar. Der Mörder hat es ihm zugespielt. Doch warum sollte er das tun? Dühnfort fiel kein Grund ein. Möglichkeit zwei: Jemand anderes hat das Foto gemacht und es weitergegeben. In diesem Fall kannten die beiden sich. Oder, drei, er hat es selbst gemacht. Bei den beiden letzten Varianten konnte das Bild erst nach Auffinden der Leiche entstanden sein. Wer kam dafür in Frage? Elisabeth Dreher. Warum sollte sie ihre tote Mutter fotografieren und obendrein das Foto aus der Hand geben? Der Notarzt und die beiden Rettungsassistenten. Das war schon eher eine Möglichkeit. Die Kollegen von der Streifenpolizei? Theoretisch möglich, doch eher unwahrscheinlich. Die beiden Mitarbeiter des Städtischen Bestattungsdienstes. Sie wurden täglich mit Tod und Leid konfrontiert. Auch sie sollte man sich genauer ansehen. Gut, es könnte so gelaufen sein. In diesem Fall stammte die DNA vom Mörder und nicht vom Fotografen. Der Fotograf hatte keine hinterlassen. Das war nun ganz und gar nicht vorstellbar.
Dühnfort erreichte den Diana-Tempel und setzte sich auf eine der Marmorbänke, die sich in dem offenen Rondell befanden. An jedem Tatort gab es unzählige DNA -Spuren. Die Arbeit der KTU bestand auch darin, die herauszufiltern, die tatrelevant waren. Den Spurenbericht kannte er fast auswendig. An allen drei Tatorten hatten sich die DNA -Spuren, die sie dem Samariter zuordneten, an den Leichen befunden. Eine Speichelspur bei Emily und Haare in den anderen Fällen. Mörder und Fotograf waren ein und dieselbe Person. Der Samariter war der Täter. Es sei denn … Nein, keine weiteren Gedankenspiele. Der Samariter war der Mann, den sie suchten. Dühnfort machte kehrt. Dennoch konnte es nicht schaden, mit Dr. Andreas Mücke zu reden.
Kurz bevor er das Präsidium erreichte, summte sein Handy. Im Display erschien der Name Verena Böltsch. Eine Kollegin der Polizeiinspektion Au. Im Sommer hatte er während einer Ermittlung mit ihr zu tun gehabt.
»Hallo Tino. Wie geht’s?«
»Alles im Lot. Und bei dir?«
»Ich hab grad richtig gute Laune. Ein paar junge Frauen waren heute bei mir. Sie haben eine Anzeige gemacht, die dich vielleicht interessiert.«
»Worum geht es?«
»Um eine uneidliche Falschaussage.«
»Hat das mit unseren aktuellen Fällen zu tun?«
»Mit einem alten. Mit dem Mordfall Ruge.«
Dühnfort passierte das Portal und ging durchs Treppenhaus nach oben. Der Fall Ruge war gerichtsfest abgeschlossen. Er hatte keine Lust, ihn noch einmal aufzudröseln. »Na wunderbar. Ich dachte, wir hätten das in trockenen Tüchern. Wer beschuldigt wen?«
Ein Lachen klang durchs Telefon. »Du klingst nicht sehr begeistert. Das wird sich gleich ändern. Die drei Frauen sind Studentinnen. Sie haben Freitagnacht in einer Kneipe einen Mann kennengelernt und mit ihm gefeiert. Ein feuchtfröhlicher Abend. Der Kerl hat ordentlich getankt und dann vor den Mädels das volle Imponiergehabe aufgefahren. Irgendwann hat er sich damit gebrüstet, einen ordentlich reingetunkt zu haben, der ihm schon lange stinkt. So ein arrogantes Arschloch, das ihm die Beförderung versaut hat und dafür nun zahlen wird. Die Mädels waren neugierig und wollten wissen, wie er das gemacht hat, und er hat ihnen die Details erzählt. Rate mal, wer das arrogante Arschloch ist?«
»Keine Ahnung.«
»Du.«
Es dauerte eine Sekunde. »Gerstner?«
»Genau.«
»Er hat wirklich vor drei Frauen damit angegeben, wie er mich in die Pfanne haut?« Dühnfort konnte es erst nicht glauben und fühlte sich im nächsten Moment erleichtert.
»Ich habe eine sehr ausführliche Anzeige aufgenommen. Da fehlt kein Wort. Drei Zeuginnen. Damit ist die Interne für dich erledigt.«
Auf einmal wusste er es. »Sag mal das Lokal … «
»Eine richtige Boazen, Gerstners Stammkneipe. Das Sacklzement.«
Dühnfort unterdrückte das Lachen. »Danke, Verena.«
»Bitte, gern geschehen. Sehr gern sogar.«
Inzwischen hatte er die zweite Etage erreicht. Auf dem Absatz machte er kehrt und suchte Gina in ihrem Büro im ersten Stockwerk auf. Sie stand am Fenster und telefonierte. Als er eintrat, drehte sie sich um. »Du, Xenia, ich glaube, ich muss jetzt Schluss machen.« Sie legte auf und steckte das Handy ein.
Er nahm sie in den Arm. »Du bist einfach unglaublich.«
»Findest
Weitere Kostenlose Bücher