Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
dass Emily von der Putzfrau bestohlen wurde. Vielleicht ein Irrtum. Bei Brettschneider fehlen wertvolle Uhren. Nur bei Kubisch fehlt scheinbar nichts. Da müssen wir unbedingt noch einmal nachhaken. Kirsten, übernimmst du das?«
Sie nickte.
»Möglich wäre auch, dass er einen Hass auf alte Menschen hat. Wen suchen wir also? Was wissen wir über ihn?« Dühnfort bemerkte Heinens Blick. Sollte der Profiler doch mal etwas dazu sagen.
Heinen erhob sich und stellte sich vor die Magnetwand. Heute trug er einen Rollkragenpullover zum Tweedsakko. »Der Erlöser , den wir suchen, ist männlich, vermutlich zwischen zwanzig und Mitte vierzig, körperlich kräftig und intelligent. Ich nehme an, dass er im Berufsleben steht, denn alle Morde geschahen außerhalb der klassischen Arbeitszeiten. Sozial integriert, angepasst, unauffällig und dabei eiskalt, präzise und von unbedingtem Tötungswillen. Sein Motiv kann sowohl Hass als auch Gier sein. Vielleicht eine Mischung aus beidem. Wobei bei Morden, die aus Hass geschehen, in der Regel mehr Gewalt im Spiel ist. Vermutlich also Habgier. Er ist risikofreudig. Im Fall Dreher war die Wahrscheinlichkeit groß, im Haus gesehen zu werden. Im Fall Kubisch-Wiesbach hat er sich gleich mit zwei Personen angelegt. Vielleicht gibt ihm das einen besonderen Kick.«
Etwas gefiel Dühnfort nach wie vor nicht. »Kubisch passt nicht. Er muss gewusst haben, dass der alte Mann nie allein war, und nach jetzigem Ermittlungsstand wurde er nicht bestohlen.«
»Ich sage ja, er ist risikofreudig.«
»Ich glaube eher, dass der Täter es auf Ernst Kubisch abgesehen hatte. Franziska Wiesbach musste sterben, damit der Täter an den alten Herrn herankam. Nachdem wir nun die DNA -Spur in die Tonne treten können, können wir in diesem Fall einen Trittbrettfahrer nicht mehr ausschließen. Warum musste Ernst Kubisch sterben, wer profitiert von seinem Tod? Das sind seine drei Kinder. Achim, der finanzielle Probleme hat. Clara Lenz, die von ihrem Erbe nichts haben wird, denn sie haftet damit für die Schulden ihres Exmannes Hannes, der ja bereits im Kreis der Verdächtigen war, und Klaus Wiesbach, der den Erbteil seiner Frau bekommt.«
»Das ist unlogisch. Denn der Erlöser hat Friebes DNA auch am Tatort Sedanstraße platziert. Kein Trittbrettfahrer also.«
Damit hatte Russo absolut recht. Was irritierte ihn so? Dreher und Brettschneider schienen willkürlich ausgewählte Opfer zu sein. Es hätte jeden anderen alten Menschen treffen können. Bei Kubisch war das anders. Er sollte sterben, auch wenn der Täter, um sein Ziel zu erreichen, erst Franziska töten musste. In diesem Punkt unterschieden sich die Taten. Und damit stand er wieder vor derselben Frage. Warum Kubisch? Wer hatte etwas von seinem Tod? Achim Kubisch, Hannes Lenz, Klaus Wiesbach. Doch warum sollte einer von ihnen wildfremde Menschen töten? Es machte keinen Sinn.
Es sei denn …
Ihm wurde beinahe übel bei dem Gedanken. Er stöhnte auf. Er war ein solcher Idiot!
»Tino, alles in Ordnung mit dir?«
Kirsten riss ihn mit dieser Frage aus seinen Gedanken. Er atmete durch und sammelte sich. »Von Anfang an haben wir uns gefragt, weshalb der Mord an Emily Dreher mit Apfel und Trauben inszeniert wurde. Er wäre ja leicht zu übersehen gewesen. Doch der Täter hat Emily ein Schild umgehängt: Mordopfer. Er musste auf Nummer sicher gehen. Wir mussten sein Verbrechen erkennen. Unbedingt. Denn es war der Auftakt zu einer Serie. Ein Serienmörder, der seine Opfer willkürlich unter den Alten und Schwachen auswählt, macht München unsicher. Das sollten wir glauben. Nach dem zweiten Mord würden wir uns darauf eingeschossen haben und beim dritten bereits mit Tunnelblick einen durchgeknallten Serientäter suchen. Die Standardfrage, wer vom Tod profitiert, sollte nicht gestellt werden. Denn sie führt zum wahren Motiv. Dem Täter ging es um ein einziges Opfer: um Ernst Kubisch und sein Vermögen.«
»Er tötet völlig willkürlich zwei alte Menschen, um vom eigentlich anvisierten Opfer und dem wahren Motiv abzulenken? Das ist eine gewagte Hypothese«, meinte Heinen.
»Absolut schlüssig«, warf Kirsten ein. »Kaltblütig und präzise. Ihre Worte.« Russo und Stahl wechselten skeptische Blicke, während sich Kirstens Stirn in Falten legte. »Shit!«
»Was ist shit ?«
»Gestern hat mich Michael Brettschneider angerufen. Ihm ist noch etwas eingefallen. Vor über dreißig Jahren war ein Kubisch Schüler seines Vaters. Kurz vorm Abi flog er von der
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