Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
es wirklich daran, dass Achim immer Mutters Liebling gewesen war.
Sollte sie die Schenkung anfechten? Clara beschloss, darüber erst nach der Beisetzung nachzudenken. Paps und Franzi waren noch nicht unter der Erde, und schon stritt sie mit Achim ums Geld. Es war grauenhaft. Falls sie es tat, kappte sie den letzten Faden. Dann würde sie wirklich alleine dastehen.
Ihr Blick fiel auf Thores Blumenstrauß. Er wartete auf Antwort. Sie fühlte sich im Moment nicht in der Lage dazu. Außerdem musste sie arbeiten. Also versuchte sie alle Probleme beiseitezuschieben und startete endlich ihren PC . Ein paar Mails waren eingegangen. Zwei von Verlagen und eine von Thore.
Betreff: Fluchtpunkt
Liebe Clara,
du schweigst. Warum? Hat der Strauß dich erzürnt oder erfreut? Er sollte dich ein wenig aufmuntern und Farbe in all das Grau bringen, das dich derzeit umgibt. Hoffentlich denkst du nicht, ich sei anmaßend.
Natürlich habe ich keine Vorstellung davon, wie es dir im Moment ergeht. Vieles ist denkbar. Ein ganzes Kaleidoskop an Gefühlen. Du willst lieber allein sein? Das akzeptiere ich natürlich. Falls dir alles zu viel wird und du einen Rückzugsort brauchst, kannst du ihn in Prien finden. Zu meinem Bauernhof gehört ein Austragshäusl. Ich habe es für Gäste renoviert. Ein kleines Refugium, das dir jederzeit zur Verfügung steht. Lass von dir hören, ja?
Alles Liebe, Thore, der jetzt gerne an deiner Seite wäre.
Einfach alles stehen und liegen lassen, abhauen, untertauchen, vor den Problemen fliehen. Für eine Sekunde war das ein verlockender Gedanke.
Betreff: Re: Fluchtpunkt
Lieber Thore,
der Strauß ist wunderschön, und er erfüllt seine Aufgabe prächtig. Meine kleine Werkstatt leuchtet, während der Rest der Welt sich in graue Tücher hüllt. Jedenfalls scheint es mir so. Es ist leider so, dass ich schon immer eine war, die alles allein mit sich austrägt. Ich muss hier etwas zu Ende bringen, auch wenn ich nicht weiß, was es ist. Natürlich die Beisetzungen und Formalitäten. Abschied nehmen. Vielleicht auch von meinem bisherigen Leben? Alles ändert sich. Ich werde kommen, versprochen. Nach der Beisetzung. Ich umarme dich – ein wenig sehnsüchtig.
Clara
Sie klickte auf senden , ehe sie es sich anders überlegen konnte. Ja, sie hatte Sehnsucht nach ihm. Und ja, sie wollte hier weg. Wenigstens für einige Zeit. Nach der Beerdigung von Franzi und Paps. Ein Austragshäusl. Die Alpen am Horizont. Schneebedeckte Gipfel. Der See, der ruhig in einer Winterlandschaft lag. Spaziergänge und Gespräche mit Thore, gemeinsames Kochen. Das Telefon klingelte und riss Clara aus diesem Tagtraum. Sie besann sich auf das Hier und Jetzt und meldete sich. »Lenz.«
»Beate hier. Störe ich dich bei der Arbeit?« Sie klang atemlos.
»Ich habe noch gar nicht angefangen.«
»Klaus war grad bei mir im Café. Ich wollte dich warnen. Vermutlich kreuzt er gleich bei dir auf.«
»Was wollte er denn?« Clara fragte, obwohl sie es ahnte.
»Erfahren, wer Franzis Lover war. Ich habe ihm gesagt, dass ich es nicht weiß. Was stimmt. Allerdings habe ich eine Vermutung. Das habe ich ihm natürlich nicht gesagt. Jedenfalls ist er ziemlich ausgetickt. Er wollte an unseren Computer und Franzis Mails checken. Ich habe ihm das verboten. Da wurde er handgreiflich. Gut, dass ich nicht allein war. Unsere Aushilfe hat ihn rausge …« Sie stockte. »Ich sag noch immer unsere .« Ein Schniefen klang durchs Telefon. »Dass sie tot ist … ich kann es noch immer nicht glauben. Ich denke, sie müsste jeden Augenblick zur Tür hereinkommen. Weißt du, als ich es erfahren habe, da war mein erster Gedanke: Jetzt hat er sie umgebracht.«
»Ihr habt Klaus rausgeworfen, und jetzt ist er auf dem Weg zu mir?«
»Ich würde ihn nicht reinlassen. So voller Wut, wie er ist. Er muss daheim alles gefilzt haben. Offenbar war Franzi schlau genug, jede SMS zu löschen und auch die Telefonprotokolle. Ich traue Klaus zu, dass er ihn erschlägt, wenn er ihn findet.«
71
»Sie sind sich absolut sicher?« Dühnfort war fassungslos.
»Falls nötig, beschwöre ich das«, erwiderte Andreas Mücke. »Friebe ist für Maren Kruse eingesprungen. Sie ist bei einem Einsatz gestolpert. Bänderanriss und ab ins Krankenhaus. Er war von etwa achtzehn Uhr bis Schichtende um Mitternacht bei uns an Bord. Thorsten Schmidt kann das ebenfalls bestätigen.«
»Er hatte keine Pause?«
»Nein. Zwischen zwei Einsätzen sind wir hier, füllen, wenn es nötig ist, im RTW
Weitere Kostenlose Bücher