Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
erschien auf Kirstens Gesicht ein freundlicher, beinahe mitfühlender Gesichtsausdruck, den sie noch ein wenig herunterdimmte. Nur nicht übertreiben. Sie begrüßte den Anwalt mit einem Kopfnicken. Katja Behringer reichte ihr die linke Hand. Der rechte Arm war geschient, sie trug ihn in einer Schlinge. »Schön, dass Sie kommen konnten. Wie geht es Ihnen?«
»Danke. Nicht besonders.« Mit ängstlichem Blick sah Katja Behringer sich um, als ob sie befürchtete, Dühnfort könnte jeden Moment wie Kai aus der Kiste springen.
»Ihr Anwalt hat Ihnen sicher mitgeteilt, dass mein Vorgesetzter von dem Fall entbunden wurde. Ich bin jetzt zuständig.« Es gelang Kirsten, eine leichte Verunsicherung in ihre Stimme zu legen, als ob sie sich mit dieser Aufgabe überfordert fühlte. »Ich würde das jetzt gerne zu einem vernünftigen Ende bringen.«
Tolksdorff beobachtete sie wie ein Insekt unter dem Mikroskop. Er war ein erfahrener Anwalt, mit grauen Schläfen und wachem Blick, und wusste offenbar noch nicht so recht, was er von ihr halten sollte. »Sie haben von Peanuts gesprochen. Worum geht es denn genau?«
»Setzen wir uns doch.« Sie wies auf die Stühle. »Es geht um zwei oder drei noch offene Punkte. Die letzte Befragung von Frau Behringer konnte ja leider nicht zu Ende geführt werden.«
»Das haben Sie jetzt nett umschrieben.« Tolksdorff griff den Ball, den sie ihm zugespielt hatte, in sarkastischem Tonfall auf.
Bevor Kirsten das Mikro einschaltete, zögerte sie, als ob sie verhindern wollte, dass das, was sie nun gleich sagen würde, auf Band kam. Sie straffte die Schultern. »Unter uns: Ich bin ein Fan der offenen Worte. Und ich bin kein Fan von falsch verstandenem Corpsgeist. Also ganz ehrlich: Frau Behringer, was mein Vorgesetzter sich in Ihrem Fall geleistet hat, finde ich absolut daneben. Es tut mir leid, was geschehen ist.« Sie atmete durch. »Können wir?« Mit diesen Worten startete sie das Aufnahmegerät und beobachtete, wie die Behringer sich sichtlich entspannte. Die Schultern sanken herab. Doch ihr Anwalt ließ sich nicht so leicht einlullen. Mit glattem Pokerface schlug er die Beine übereinander und zog eine Bügelfalte glatt.
Kirsten fing dort an, wo sie das letzte Mal aufgehört hatten. Es ging um die Allergie. Sie wollte sich nur vergewissern, dass Katja Behringer wirklich nie davon gehört hatte. Immerhin war sie mehr als zwei Jahre Ruges Geliebte gewesen. Eine lange Zeit, in der man sich eine Menge erzählte, auch sehr persönliche Dinge. Katja Behringer blieb dabei: Manuel hatte nie darüber gesprochen. Kirsten hakte nach, ob nicht jemand aus Manuels Bekannten- oder Freundeskreis die allergische Reaktion einmal erwähnt habe, bei einem gemeinsamen Essen oder einem Kinobesuch oder einem Fest.
»Daran würde ich mich wohl erinnern«, meinte sie und strich die blonde Mähne über die Schulter.
»Da klingelt wirklich nichts bei Ihnen?«
Ein Kopfschütteln war die Antwort.
»In Ordnung. Ich nehme das so ins Protokoll. Dann wäre das geklärt.« Kirsten malte Sternchen auf ihren Block. »Jetzt würde ich gern noch einmal den Tag durchgehen, an dem Manuel Ruge starb.« Bereitwillig gab Katja Behringer Auskunft und betete den Ablauf des Tages herunter, wie auswendig gelernt. Sie war ab neun im Sender gewesen und wegen starker Kopfschmerzen gegen fünfzehn Uhr nach Hause gegangen. Auf dem Heimweg hatte sie in einer Apotheke Schmerztabletten gekauft. Der Kassenzettel mit Datum und Uhrzeit lag vor. Kurz vor sechzehn Uhr war sie nach Hause gekommen. Eine Nachbarin war ihr begegnet und bestätigte das. »Danach hat mich natürlich niemand gesehen, denn ich habe zwei Tabletten genommen und mich ins Bett gelegt.«
Kirsten fragte nach, ob jemand angerufen hatte oder an der Tür geklingelt. Die Behringer verneinte das. Den ganzen Abend war es ruhig gewesen. Sie sei bald eingeschlafen und erst am nächsten Morgen gegen sieben aufgewacht.
Kirsten streckte sich und fragte nach, ob Katja Behringer an diesem Tag wirklich nicht in der Wohnung von Manuel Ruge gewesen sei. Man könnte ja mal zwei Tage miteinander verwechseln. Natürlich bestritt die Behringer das. Kirsten kehrte zu der Beziehung der beiden zurück und kaute sie von Anfang bis Ende durch, ohne auf Konfrontationskurs zu gehen. Tolksdorff begann sich zu langweilen und checkte seine SMS . Die Haltung der Behringer wurde zusehends lockerer. Irgendwann reckte Kirsten sich, als ob sie die Befragung nun gleich beenden würde, und trank einen Schluck
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