Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Elisabeth darf das nicht erfahren. Verstanden? Du erzählst ihr das nicht«, beschwor die Kommandantin sie.
»Nix Sorge. Ist Geheimnis von uns.« Elena drückte die Hand der Alten. Außerdem werde ich gar keine Gelegenheit haben, deiner Tochter irgendwas zu erzählen. Sie schnappte sich den Rucksack und verabschiedete sich.
»Nächste Woche um dieselbe Zeit?«
»Halb vier. Punktlich. Nix funf Minuten fruher.« Die Tür schloss sich hinter Elena. Sie spurtete die Treppe hinunter. Es war dunkel geworden. Auf dem Weg zur U-Bahn zündete sie sich eine Zigarette an und inhalierte tief. Tat das gut!
Erst das Ticket bei Ion bezahlen. Dann das Treffen um zehn mit Alexej am Stachusbrunnen. Danach ein paar Stunden schlafen. Gepackt hatte sie schon, die Reisetasche stand in ihrem Schrank, und dann nichts wie weg aus diesem gelobten Land.
Die U-Bahn-Türen schlossen sich. Sie fand einen Sitzplatz. Beinahe zweitausend Euro steckten in ihren Taschen. Etwas mehr als die doppelte Summe wartete in dem Loch, in dem sie wohnte. Ein gerechter Lohn für alles, was sie hier erlebt hatte. Zum Abschied vielleicht ein schönes Essen? Elena liebte die indische Küche und überlegte, ob sie Galina einladen sollte. Zu zweit machte es mehr Spaß. Sie wollte das Handy aus der Tasche ziehen. Doch da war es nicht. Sie durchwühlte den Rucksack. Rahat! Ein Bild stieg in ihr auf. Sie hatte es vergessen! Auf der Ablage im Flur. An der nächsten Haltestelle stieg sie aus. Sie war schon fast am Ziel gewesen und musste nun unzählige Stationen zurückfahren. Zu allem Überfluss gab es aufgrund eines Notarzteinsatzes eine Störung. Die nächste Bahn kam erst eine halbe Stunde später und war brechend voll. Elena quetschte sich dennoch hinein.
Hoffentlich hatte die Alte noch nichts gemerkt. Hoffentlich wartete Ion auf sie und vergab den Platz nicht an jemand anderen. Sie musste ihn anrufen, sobald sie ihr Handy hatte.
Es war kurz vor acht, als sie wieder vor Emilys Wohnungstür stand. Drinnen lief der Fernseher. Sicher hatte die Alte noch nicht bemerkt, dass sie beklaut worden war. Falls aber doch? Die Kommandantin würde nicht lange fackeln und das ganze Haus zusammenschreien, sobald sie Elena sah.
Der Fernseher dröhnte bis ins Treppenhaus. Elena hatte eine Idee. Die Alte würde es gar nicht mitbekommen. Diese Miles-&-More-Karte, die sie neulich in der S-Bahn gefunden hatte. Sie hatte geahnt, dass die mal nützlich sein könnte. Von Sergej wusste sie, wie es ging. Er hatte es ihr und Olia gezeigt. Sie lauschte, ob auch niemand kam. Im Treppenhaus war es ruhig. Hinter den Türen aßen die Familien zu Abend, saßen Paare gemeinsam bei Tisch. Mit feinem Porzellan und funkelnden Gläsern. Dafür gaben sie Geld aus. Für die Putze nicht. Ihre Arbeit war gerade mal einen Hungerlohn wert.
Elena zog die Plastikkarte hervor und schob sie auf der Höhe des Türschlosses in den Spalt zwischen Türblatt und Rahmen. Plötzlich klopfte ihr Herz wie wild, das Blut rauschte in ihren Ohren. Klauen war eine Sache, einbrechen eine andere. Doch sie wollte ja nur schnell ihr Handy holen. Mit einem leisen Klick sprang die Tür auf. Elena schlüpfte lautlos hinein.
17
Gina legte den Löffel beiseite und wischte sich mit der Papierserviette über den Mund. »Du solltest mit Leyenfels reden und einen Herausgabebeschluss für Gerstners Handydaten beantragen. Wenn er nicht in der Klinik war, dann hat er die Behringer angerufen.«
»Das kann nur der Leiter der Ermittlungen.«
»Dann bring Potthoff dazu, das endlich zu tun.«
Es war ein goldener Oktobertag. Die Sonne schien warm vom Mittagshimmel. Nur der Wind war empfindlich kühl. Dühnfort saß mit Gina bei Fisch Witte am Viktualienmarkt an einem der Bistrotische unter den Kastanien und aß Fischsuppe. Die Blätter der Bäume leuchteten in einem tiefen Ockergelb, der Himmel strahlte blau. Ein geschenkter Tag, der den Leuten ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Nur Dühnfort war schlecht gelaunt. Die interne Ermittlung zog sich hin. Der Verdacht gegen ihn war noch immer nicht ausgeräumt und Gerstner die Absprache nicht nachzuweisen. Sein Name stand nicht auf der Liste der Leute, die Katja Behringer im Krankenhaus besucht hatten. Die beiden mussten sich telefonisch abgesprochen haben. Und dann war Gerstner ihm auch noch vor einer Viertelstunde im Präsidium im Lift begegnet. Plötzlich hatten sie sich gegenübergestanden. Ein dünnes Lächeln war auf Gerstners Gesicht erschienen. Fies. Schäbig. Schadenfroh. Sein
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