Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Ehemann. Weidenbach hatte bei der ersten Untersuchung der Leiche ältere Verletzungen und Hämatome im Brustbereich und an den Armen entdeckt, die auf häusliche Gewalt schließen ließen.
In der Küche quietschte die Tür. Gina kam auf den Balkon. »Du schon da? Wie früh ist es denn?«
Ihre Haare waren vom Schlaf verstrubbelt. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss. »Habe ich dich vorhin doch geweckt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das Essen war zwar gut, aber zu schwer. Kommst du ins Bett, oder grübelst du bis zum Morgengrauen?«
»Es ist eher so, dass es mich grübelt. Und das hindert mich am Schlafen. Ich bleib noch ein bisschen hier sitzen.«
»Ich hole mir meine Fleecejacke und leiste dir Gesellschaft.« Sie brachte auch ihm eine Jacke mit und fragte, was ihn denn so grüble. Er erzählte es ihr. Vom neuen Fall, der wie eine Tat des Samariters aussah, aber dennoch nicht zu den beiden vorherigen passte. Wie überhaupt vieles in dieser vermaledeiten Serie nicht zueinander passte.
46
Kirsten hatte kein Auge zugetan und war beinahe froh, als um halb sieben der Wecker klingelte und sie aufstehen konnte. Völlig gerädert. Auf leisen Sohlen schlich sie über den Flur und öffnete die Tür. Kathi lag im Bett und schlief. Gott sei Dank. Insgeheim hatte sie befürchtet, ihre Tochter könnte weg sein, ausgebüxt. Zurück ins Internat oder zu Hannelore und Rüdiger. Ihr dunkler Haarschopf lugte unter der Decke hervor. Die Hände mit den grün lackierten Nägeln umklammerten Ka, die Riesenstoffschlange, ohne die Kathi nicht einschlafen konnte, seit sie drei gewesen war, und die daher völlig zerliebt war. Ein tief verunsichertes Kind, das obendrein mitten in der Pubertät steckte. Kirsten kämpfte den Impuls nieder, ihrer Tochter über den Kopf zu streichen. Sie wollte sie nicht wecken und ging in die Küche. Sonntagmorgen. Alle schliefen noch. Sie machte Kaffee und deckte den Tisch für sechs.
Als sie gestern Mittag ins Internat gefahren war, hatte sie nicht eine Sekunde daran gedacht, Kathi mitzunehmen. Sie wollte mit ihr reden. Über den Urlaub, über ihre Großeltern und deren Schmerz und welche Folgen er hatte, vor allem aber mit der Schulleiterin über das Hausverbot.
Beim Betreten der Aula hatte der Hausmeister sie abgefangen. Ganz offensichtlich hatte er auf sie gewartet, denn er teilte ihr mit, dass Frau Rudeloff sie sprechen wollte. Wie eine Schülerin, die etwas ausgefressen hatte, begleitete er sie zum Direktorat.
Kirsten ahnte, worauf es hinauslaufen würde. Ihr Blutdruck war bereits bei zweihundert, als sie das Zimmer der Direktorin betrat. Sie saß hinter dem Schreibtisch. Ihr Blick so kühl wie die Farbe des Kostüms. Eisgrau.
»Grüß Sie, Frau Tessmann.« Offenbar wollte Christina Rudeloff das schnell hinter sich bringen, denn sie bot keinen Platz an. »Ich habe nach unserem Telefonat mit dem Arzt gesprochen, der das Gutachten erstellt hat. Er hält es für das Beste, wenn es vorerst keinen Kontakt zwischen Ihnen und Kathi gibt. Daher halten wir das Hausverbot aufrecht. Wenn Sie bitte gehen würden. Herr Gross begleitet Sie hinaus.«
Kirsten bebte innerlich. Ein stechender Schmerz zog über den Nacken nach oben, bohrte sich ins Gehirn. »Dieses Gutachten hat keine Gültigkeit. Das habe ich Ihnen bereits erklärt. Das Sorgerecht für Kathi liegt bei mir. Ich bestimme, welche Ärzte sie untersuchen, und sonst niemand. Meine Schwiegereltern lehnen sich da sehr weit aus dem Fenster, und Sie ebenfalls.«
»Ich schließe mich lediglich der Meinung des Arztes an und nutze mein Hausrecht. Sie gehen jetzt, Frau Tessmann.«
»Nicht, ohne mit Kathi gesprochen zu haben.«
»Soll ich jetzt wirklich die Polizei rufen?«
Einen Moment standen sie sich schweigend gegenüber, maßen sich mit Blicken, wie mit gezogenen Floretten.
»Das mache ich selbst«, erwiderte Kirsten und griff zum Handy, um die Kollegen zu rufen.
Die beiden, die kamen, gaben sich Mühe, die Situation zu klären, die in der Tat schwierig war. Die Schulleitung konnte Kirsten Hausverbot erteilen. Sie musste das Gelände verlassen. Man begleitete sie vor die Tür. Kirsten sah rot. Sie schickte die Kollegen wieder hinein, um Kathi zu holen. »Das Sorgerecht liegt bei mir und damit das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Da ich sie nicht holen kann, müsst ihr das tun.« Sie wählte die Nummer und erklärte der verdutzten Direktorin, dass Kathi das Internat nicht eine Stunde länger besuchen würde. »Sollten Sie
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