Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Kühlschrank fand er ein Stück Tarte Tatin. Seine Mutter war im Begriff gewesen, das Dessert zu reichen, als sein Handy geklingelt hatte und er weg musste. Bis zu diesem Moment ein schöner Abend.
Espresso oder ein Glas Wein? Nach einem Espresso konnte er durchaus schlafen. Allerdings nur, wenn er bald zu Bett ging, was heute nicht der Fall sein würde. Also nahm er die Flasche Pinot Grigio aus dem Kühlschrank, schenkte sich ein und setzte sich an den Küchentisch. Er zog die Frischhaltefolie vom Teller, aß den Kuchen und trank dazu Wein.
Was für ein Drama. Zwei Tote. Eine Mutter von zwei Kindern und ihr kranker Vater. Der Täter musste gewusst haben, dass Ernst Kubisch nie allein war. Weshalb hatte er ausgerechnet ihn ausgewählt? Wieder stellte sich das Gefühl ein, den wahren Hintergrund für diese Mordserie nicht zu erkennen.
Bei den Taten in der Sedanstraße gab es allerdings Unterschiede. Ein Doppelmord. Und es fehlten weder Wertsachen noch Geld. Vielleicht ein Trittbrettfahrer? War das möglich? Er verwarf die Idee wieder. Der Tatablauf war identisch mit den beiden vorangegangenen Morden. Der Sache mit dem Konto in England musste man auf den Grund gehen. Möglich, dass der alte Herr das Geld abgehoben und daheim gebunkert hatte. Wer konnte davon gewusst haben und wer von Brettschneiders Uhren und Emilys Notgroschen?
Sicher Brettschneiders Sohn und sein Freund, der Juwelier Schwarz. Wer noch? Seit Jahren hatte Brettschneider niemanden ins Haus gelassen, sich mehr und mehr abgeschottet. Wer kannte Kubischs finanzielle Verhältnisse und hätte es gewusst, falls er sein Geld zu Hause versteckte? Clara würde nicht in England danach suchen, wenn sie gewusst hätte, dass es in der Wohnung war. Franziska vielleicht. Die Jüngste. Vermutlich Papas Liebling. Hätte er sie eingeweiht? Hunderttausend Euro. Ein Vermögen.
Er erhob sich und ging mit dem Glas Wein hinaus auf den kleinen Balkon vor der Küche. Der Mond stand voll am Himmel. Wolken zogen vorbei. Leise rauschte der Wind in den Bäumen, die Luft roch nach nahendem Winter. Sein Atem kondensierte in der Kühle der Nacht. Fröstelnd zog er die Jacke enger um sich.
War wirklich Gier das Motiv? Jedenfalls nicht völlig falsch verstandene Fürsorge. Dafür suchte sich der Täter einfach die falschen Opfer aus. Auch Ernst Kubisch war nicht todkrank gewesen. Auch er wurde liebevoll versorgt. Wie Emily. Nur bei dem Messie Brettschneider lag der Fall anders. Um den hatte sich niemand gekümmert, außer gelegentlich die Nachbarin.
Was war mit Franziska? War sie eine Art Kollateralschaden ? Hatte da jemand schlicht und ergreifend einen Hass auf alte Menschen? Wenn das so war, weshalb hatte er sich jemanden ausgesucht, der nie alleine war, der rund um die Uhr betreut wurde? Oder hatte er das am Ende nicht gewusst? Schwer vorstellbar. Er wählte seine Opfer aus, beobachtete sie also. Bei Ernst Kubisch wohnte seit einigen Wochen eine Pflegekraft, und davor hatte seine Tochter sich um ihn gekümmert. Das konnte dem Täter nicht entgangen sein. Weshalb hatte er dieses Risiko auf sich genommen? Er musste gewusst haben, dass er den alten Mann nicht allein antreffen würde.
Wie war er hineingekommen? Nicht mit demselben Trick wie bisher. Es war Samstag. Da machten Mitarbeiter von Behörden keine Hausbesuche. Er hatte sich etwas anderes einfallen lassen müssen. Brach er doch ein? Bei diesen alten Wohnungstüren ging das in Sekunden, wenn man wusste wie. Oder hatte er einfach geklingelt und sich in die Wohnung gedrängt, als Franziska öffnete? Doch sie hätte sicher lautstark protestiert und um Hilfe gerufen. Im Haus hatte niemand etwas gehört. Er musste sie sofort mit dem Totschläger niedergeschlagen haben. Gut möglich, dass ihr Vater gar nicht mitbekommen hatte, was geschah. Im Wohnzimmer war der Fernseher noch gelaufen, als sie gekommen waren. Franziska hatte im Flur gelegen. Es gab keine Abwehrverletzungen. Der Täter hatte sie niedergeschlagen, und dann hatte er sie erstickt. Das dauerte Minuten. Was wäre geschehen, wenn der alte Herr dazugekommen wäre? Weshalb dieses hohe Risiko?
Und plötzlich streifte Dühnfort die Ahnung, dass es in diesem Fall um etwas anderes ging. Um ein bestimmtes Opfer. Hatten sie es doch mit einem Trittbrettfahrer zu tun?
Er sah in die Nacht und leerte das Glas Wein. Wer war das eigentliche Opfer? Ernst oder Franziska? Wer hatte sich im Fokus des Täters befunden? Sie mussten die Familie unter die Lupe nehmen, vor allem Franziskas
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