Delete: Thriller (German Edition)
kann, wenn unterschiedliche Behörden grenzübergreifend zusammenarbeiten. Zweitens ist unser Spezialgebiet, die Internetaufklärung, schon per Definition nicht auf die Zuständigkeit eines LKA oder einer einzelnen Behörde beschränkt. Und drittens hat Hauptkommissar Udo Pape aus dem Hamburger LKA mich um Amtshilfe ersucht.«
Pape war nicht begeistert gewesen, als Eisenberg ihm am Telefon von seiner Idee erzählte. »Dir ist schon klar, was Greifswald mit mir macht, wenn er das rauskriegt?« – »Erstens kümmert er sich ohnehin nicht um die Ermittlungsdetails«, war Eisenbergs Antwort gewesen. »Und zweitens ist ihm am Ende egal, wo der Erfolg herkommt, solange er ihn als seinen verkaufen kann.« – »Da hast du vermutlich recht. Vielleicht ist die Idee ja gar nicht so schlecht. Wenn deine Leute wirklich so gut sind, wie du sagst …« – »Wenn nicht, sind wir genauso weit wie jetzt.« – »Und ich habe ein gewaltiges Problem.« Doch er hatte zugestimmt, vermutlich in erster Linie, um Eisenberg den Gefallen zu tun.
Der fühlte sich nicht wohl dabei, seinen alten Kollegen in Verlegenheit zu bringen. Doch die SEGI brauchte dringend eine Gelegenheit, ihre Fähigkeiten zu beweisen. Vor allem aber hatte Eisenberg auf diese Weise vielleicht eine Chance, die Mädchenhändler doch noch hinter Gitter zu bringen. Das war das Risiko allemal wert.
»Mustererkennung«, sagte Wissmann unvermittelt.
»Wie genau meinen Sie das?«, wollte Eisenberg wissen.
Statt die Frage zu beantworten, sagte Wissmann:
»Ich brauche die Vernehmungsprotokolle der Täter und der Opfer. Und Fotos von allen.«
»Kannst du vielleicht mal die Frage des Hauptkommissars beantworten?«, sagte Klausen.
Eisenberg warf ihm einen mahnenden Blick zu.
»Ich hab doch geantwortet«, sagte Wissmann.
»Herr Varnholt, meinen Sie, Sie können mehr über die Hintermänner herausfinden?«, fragte Eisenberg.
»Ich kann’s ja mal versuchen«, gab Varnholt zurück.
»Und Sie, Frau Dr. Morani, lesen bitte die Vernehmungsprotokolle! Vielleicht fällt Ihnen etwas auf, das mir und den Kollegen in Hamburg bisher entgangen ist.«
»Und ich? Was kann ich tun?«, fragte Klausen
»Du lernst die Dienstvorschriften auswendig«, ätzte Varnholt, bevor Eisenberg antworten konnte. »Ich glaube, bei § 37a, Verhalten im Umgang mit intellektuell überlegenen Kollegen, hattest du letztes Mal einen Hänger.«
»Ich werde dir gleich …«, sagte Klausen, unterbrach sich jedoch sofort und warf Eisenberg einen Blick zu.
Der nickte anerkennend.
»Sie möchte ich bitten, in den internationalen Datenbanken zu recherchieren. Vielleicht finden Sie Fälle, die mit dem in Hamburg irgendwie in Verbindung stehen.«
Sie gingen an die Arbeit. Nach einer Viertelstunde war im Büro der SEGI nur noch das rhythmische Klicken von Tastaturen und Mäusen zu hören.
Eisenberg starrte auf seinen Laptop. Er hatte vergessen, sich selbst eine Aufgabe zuzuteilen. Nachdem er die routinemäßigen E-Mails in seinem Posteingang gelesen hatte, von denen die meisten ihn gar nicht betrafen, beschloss er, seine neue Arbeitsumgebung zu erkunden und sich den Kollegen in den anderen Abteilungen vorzustellen. Kayser hatte entschieden, die offizielle Vorstellung auf der nächsten Führungskreissitzung in der kommenden Woche durchzuführen, aber ein bisschen informelle Kontaktaufnahme konnte nicht schaden.
Seine Runde dauerte bis nach siebzehn Uhr. Eisenbergs Kollegen begrüßten ihn freundlich, ließen aber keinen Zweifel daran, dass sie ihn bedauerten. Sie sprachen von der SEGI als den »Nerds«, den »Freaks« oder gar den »Aliens«, und das waren noch die freundlichen Bezeichnungen.
Eisenberg hatte nichts anderes erwartet. Dennoch war er etwas entmutigt, als er ins Büro zurückkehrte.
Schon auf dem Flur hörte er einen lautstarken Streit.
»… klar gesagt, bis achtzehn Uhr!«
»Wenn du irgendetwas auf meinem Schreibtisch anrührst …«
»Ach ja, was machst du dann? Ich warte schon lange drauf, dir mal zu zeigen, wer hier …«
Eisenberg öffnete die Tür. Klausen stand neben Varnholts Schreibtisch, einen blauen Müllsack in der Hand. Die beiden drehten sich um und starrten ihren neuen Chef an wie Diebe auf frischer Tat ertappt. Morani saß mit verschränkten Armen da und beobachtete die Streitenden, als seien es zwei seltsame Insekten. Wissmann saß in derselben kerzengeraden Haltung vor dem Computer wie Stunden zuvor.
»Entschuldigung, Herr Hauptkommissar«, sagte Klausen. Er hielt den
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