Delete: Thriller (German Edition)
letzten Tagen getroffen?«
»Nein, das nicht. Aber ich kenne jemanden bei den Bullen. Ich werde mal sehen, was ich tun kann. Gibst du mir mal deine RL-Daten?«
Es galt als unhöflich, einen anderen Spieler nach seinem realen Namen oder gar seiner Adresse zu fragen, doch Don hatte eine unzweifelhafte Reputation, und Mina konnte jede Hilfe gebrauchen. Also nannte sie ihm beides.
22.
Am nächsten Morgen kam Eisenberg gut gelaunt ins Büro. Udo Pape hatte ihn am Vorabend auf dem Handy angerufen und ihm mitgeteilt, dass die Polizei in Guatemala äußerst dankbar für seinen Hinweis gewesen war. Dort recherchiere man nun weiter und bereite eine Razzia beim Betreiber der Datingplattform vor.
Doch seine gute Stimmung hielt nicht lange an. Um kurz vor zehn klingelte sein Telefon.
»Joe Greifswald hier. Wie ich erfahren musste, haben Sie entgegen meiner ausdrücklichen Anweisung weiter an dem Mädchenhändlerring gearbeitet, Eisenberg.«
»Guten Morgen, Herr Kriminaldirektor.«
»Guten Morgen? Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?«
Eisenbergs Stimme blieb neutral.
»Hauptkommissar Pape hat mich um Amtshilfe ersucht. Ich habe daraufhin meine Mitarbeiter angewiesen, für ihn im Internet zu recherchieren. Sie haben eine offenbar vielversprechende Spur gefunden.«
»Hauptkommissar Pape habe ich von dem Fall entbunden. Ich kann einen solchen Vertrauensbruch meiner Mitarbeiter nicht dulden. Nur, damit das klar ist, Eisenberg: Sie haben Ihrem alten Kumpel keinen Gefallen getan. Ich glaube, ich habe es Ihnen schon mal gesagt: Man ist entweder für oder gegen mich. Und was Ihre vielversprechende Spur angeht: Die Behörden in Guatemala zu informieren war wohl das Dümmste, was man in dieser Situation tun konnte. Die sind doch alle korrupt. Man wird vielleicht eine Razzia bei diesem Internetportal durchführen, aber man wird nichts finden. Die Hintermänner haben doch längst alle Spuren verwischt und sind jetzt gewarnt. Und was das Schlimmste ist, Eisenberg: Durch dieses unabgestimmte Vorgehen haben Sie eine informationstechnische Aufklärung von Spezialisten des BKA vereitelt, die ich selbst in Auftrag gegeben hatte. Unabsichtlich oder nicht, Sie haben unsere Ermittlungen torpediert. Ich habe deswegen offiziell Beschwerde bei Ihrem neuen Chef eingereicht. Seien Sie froh, dass sie nicht mehr in meinem unmittelbaren Einflussbereich sind. Sonst hätten Sie jetzt ein Disziplinarverfahren am Hals. Auf Wiederhören!«
Greifswald hatte aufgelegt, ohne ihm die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben. Eisenberg atmete tief durch. Er wusste, dass sein Exchef bluffte. Wenn er tatsächlich BKA-Spezialisten eingeschaltet hatte, dann erst, nachdem er vom Erfolg der SEGI erfahren hatte. Doch das würde niemand überprüfen. Wenn der Leiter einer LKA-Abteilung behauptete, seine Ermittlungen seien von einer anderen Behörde torpediert worden, würde man ihm glauben. So etwas kam schließlich oft genug vor.
Eigentlich konnte es Eisenberg egal sein. Kayser würde ihm in dieser Hinsicht den Rücken freihalten. Doch es tat ihm leid für seinen alten Freund Udo Pape.
»Ach was, du kennst doch Greifswald«, erwiderte Pape, als Eisenberg ihn anrief, um sich zu entschuldigen. »Der regt sich erst mal auf, aber wenn dann eine Erfolgsmeldung aus Guatemala kommt, ist er der Erste, der mir seine Anerkennung ausspricht. Natürlich nur, um selber den Ruhm einzuheimsen. Er hat den Fall an Möricke gegeben, kannst du dir das vorstellen? Keine Woche und ich hab die Sache wieder auf dem Tisch. Garantiert!«
Eisenberg bedankte sich. Er war sich allerdings nicht sicher, ob Papes Optimismus berechtigt war. So oder so war er den Mädchenhändlerfall erst mal los, und die SEGI stand wieder ohne konkrete Aufgabe da. Er las die internen Nachrichten und Fahndungsmitteilungen in der Hoffnung, auf einen Fall zu stoßen, bei dem Wissmanns besondere Fähigkeiten nützlich sein könnten.
»Herr Eisenberg? Kann ich Sie einen Moment sprechen?«
Varnholt stand vor seinem Schreibtisch. Die Tatsache, dass der Hacker sich von seinem Platz fortbewegt hatte, unterstrich, dass ihm etwas wichtig war.
»Worum geht es denn?«
»Die Sache mit den Vermissten.«
»Fängst du schon wieder mit diesem Blödsinn an«, ließ sich Klausen vernehmen.
Varnholt reagierte nicht auf die Provokation.
Eisenberg war drauf und dran gewesen, Varnholt klarzumachen, dass er endlich aufhören musste, während der Arbeitszeit Computerspiele zu spielen. Doch das wäre nach Klausens Einwurf einer
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