Delete: Thriller (German Edition)
Einfachheit so programmiert haben. Seit hundert Jahren versuchen die Physiker nun schon, die Quantenmechanik, die das Verhalten im Kleinsten beschreibt, mit Einsteins Relativitätstheorie, die Zusammenhänge im Großen erklärt, zu vereinen. Bisher ohne Erfolg. Wenn wir in einer Simulation leben, können sie sich den Versuch sparen. Ein weiteres Indiz, wenn auch ein schwächeres, ist Fermis Paradoxon.«
»Was für ein Paradoxon?«
»Enrico Fermi war ein Physiker. Er hat unter anderem den ersten Atomreaktor entworfen. Und war berühmt für seine Abschätzungen von physikalischen Größen quasi auf einem Bierdeckel. Einmal hat er ausgerechnet, dass wir eigentlich schon längst Aliens hätten begegnen müssen.«
»Ist das nicht eher unwahrscheinlich, so groß, wie das Weltall ist?«
»Das Universum ist zwar groß, aber auch schon ziemlich alt. Es ist nach dem, was wir heute über das Weltall und die Entstehung von Leben wissen, äußerst unwahrscheinlich, dass wir die ersten intelligenten Lebewesen in unserer Galaxis sind. Es müsste da draußen Wesen geben, die uns technisch etliche Millionen Jahre voraus sind. Und selbst, wenn es ihnen niemals gelingen würde, überlichtschnelle Raumschiffe zu bauen, hätten sie die gesamte Galaxis leicht in der zur Verfügung stehenden Zeit kolonisieren können. Eigentlich hätten wir schon längst Spuren von ihnen sehen müssen. Sie müssten schon vor Langem hier auf der Erde gewesen sein.«
»Vielleicht waren sie das ja auch schon«, warf Varnholt ein. »Vielleicht sind sie immer noch da und wir sehen sie bloß nicht.«
»Denkbar, aber unwahrscheinlich. Wie auch immer, eine mögliche Erklärung ist, dass es sie nicht gibt – weil dieses Universum extra für uns geschaffen wurde. Das Simulieren einer zweiten Spezies wäre relativ aufwendig und für ein Experiment, bei dem es nur um Menschen geht, nicht nötig.«
»Aber warum ist das Universum dann so groß?« Varnholt schien von den Ausführungen des Schriftstellers fasziniert zu sein.
Karlsberg zuckte mit den Schultern.
»Wer weiß? Möglicherweise, um uns einzuschüchtern. Wir würden uns wahrscheinlich ein bisschen zu wichtig nehmen, wenn wir glaubten, das Universum wäre extra für uns gemacht. Aber vielleicht sind die ganzen Sterne und Galaxien da draußen auch bloß Dekoration. Etwas schlampig programmiert womöglich – das würde jedenfalls noch ein paar andere kosmische Rätsel erklären, wie etwa die Frage, warum Galaxien viel mehr Masse zu enthalten scheinen, als wir sehen können.«
»Also halten Sie das Universum tatsächlich für ein künstliches Gebilde?«, fragte Eisenberg.
»Das ist damit natürlich noch nicht gesagt. Aber der Gedanke drängt sich mir manchmal auf. Schließlich schaffe ich als Schriftsteller auch künstliche Universen. Wenn wir beispielsweise bloß Figuren in einem meiner Romane wären, würden wir das nicht merken.«
»Aber wir sitzen doch hier in Ihrem Wohnzimmer«, warf Morani ein. »Diese Tasse in meiner Hand ist doch wohl eindeutig real, oder?«
»Können wir das wirklich wissen? Letztlich ist das, was wir als Realität wahrnehmen, nur eine Interpretation unserer Sinneseindrücke durch unser Gehirn. Wenn ich ein Buch lese, dann entsteht die Welt, die der Autor beschrieben hat, ebenfalls als ein gedankliches Abbild. Dasselbe passiert, wenn Sie träumen. Hatten Sie schon mal einen Traum, in dem sie fest davon überzeugt waren, wach zu sein? Die Realität ist nicht so objektiv, wie wir es uns einreden.«
»Ich glaube, wir sollten uns doch wieder auf die Fakten konzentrieren«, sagte Eisenberg, dem von der philosophischen Diskussion allmählich schwindlig wurde. »Haben Sie jemals in World of Wizardry mit anderen Spielern darüber gesprochen, dass die Welt künstlich sein könnte?«
»Sie meinen, die wirkliche Welt? Nicht, dass ich wüsste. Es ist verpönt, in Goraya über das reale Leben zu sprechen. SciFi-Themen sollte man lieber in den entsprechenden Foren diskutieren. Und als Wirt des Freundlichen Ogers habe ich natürlich eine besondere Rolle zu spielen. Warum sollte sich ein Halboger Gedanken über die Natur des Universums machen?«
»Waren Sie in den letzten Monaten irgendwann in Berlin, Herr Karlsberg?«
»Ja natürlich, mehrmals. Mein Verlag sitzt dort. Wenn Sie wollen, schaue ich im Kalender nach. Dann kann ich Ihnen genau sagen, wann das war.«
»Danke, das ist nicht nötig. Eine letzte Frage noch: Haben Sie irgendeine Erklärung dafür, warum fünf Menschen einfach so
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