Delete: Thriller (German Edition)
sie!«, rief Eisenberg. »Können Sie rauskriegen, wo sie sich aufhält?«
»Ich versuch’s.«
Varnholt tippte in das Chatfenster, das ihn mit dem technischen Service von Snowdrift verband. Im selben Moment erschien wieder das Fenster auf dem Bildschirm: Gothicflower hat dir eine persönliche Nachricht geschickt.
Eisenberg klickte auf Dialog anzeigen . Der Text der Nachricht erschien: Hallo Kommissar Eisenberg.
Hallo Frau Hinrichsen , tippte Eisenberg. Wo sind Sie?
Hier , lautete die lapidare Antwort.
Ich meine natürlich, in der realen Welt , gab Eisenberg zurück.
Gothicflower: Ich vermute, diese Frage können Sie besser beantworten als ich.
Sir Ironmountain: Ich verstehe nicht.
Gothicflower: Wir können das alberne Spiel sein lassen. Ich weiß, dass Sie ein Admin sind.
»Wovon redet sie?«, fragte Eisenberg.
»Ich glaube, sie denkt, dass Sie einer der Leute sind, die unsere Welt geschaffen haben«, meinte Varnholt.
»Haben Sie herausgefunden, wo sie ist?«
»Nein. Wie ich befürchtet habe, benutzt sie eine anonyme IP-Adresse.«
Ich muss mit Ihnen reden, Frau Hinrichsen , tippte Eisenberg nun als Sir Ironmountain.
Gothicflower: Wir reden doch.
Sir Ironmountain: Ich meine, in der Wirklichkeit.
Gothicflower: Dann wecken Sie mich.
Sir Ironmountain: Ich bin nicht der, für den Sie mich halten. Ich bin kein allmächtiger Schöpfer oder so.
Gothicflower: Wenn Sie kein Admin sind, ist dieser Dialog sinnlos. Wenn Sie doch einer sind: Wecken Sie mich, und ich höre auf, Ihr Experiment zu stören. Anderenfalls werde ich dafür sorgen, dass alle die Wahrheit erfahren.
Sir Ironmountain: Was für eine Wahrheit?
Gothicflower: Dass alles nur Betrug ist. Dass die Welt in Wirklichkeit …
Der Text endete abrupt. Eisenberg wartete einen Moment, doch es kam keine weitere Nachricht.
Hallo? , tippte er.
Keine Reaktion.
»Was soll das jetzt wieder bedeuten?«
Varnholt starrte nachdenklich auf den Bildschirm. Er nahm die Tastatur und tippte etwas in das andere Chatfenster, das den Dialog mit dem Support von Snowdrift ermöglichte. »Sie ist immer noch online, aber sie steuert die Figur nicht mehr. Genau wie die anderen.«
»Sie meinen, die Vermissten?«
»Ja. Als hätte sie sich genau in diesem Moment in Luft aufgelöst.«
»Sie glauben doch nicht etwa an diesen Quatsch von der künstlichen Welt?«
Varnholt dachte kurz nach. »Ich muss zugeben, eine Weile war ich schon ziemlich nachdenklich. Aber dann ist mir klar geworden, dass die echten Admins, wenn es welche gäbe, geschickter vorgehen würden. Das Verschwinden dieser Menschen ist viel zu auffällig. So als wollte jemand, dass wir es bemerken. Und auch dieses Treffen hier deutet darauf hin. Jemand schickt uns eine Botschaft.«
Eisenberg erzählte von der Theorie seines Vaters.
»Ein wahnsinniger Serienkiller?«, meinte Varnholt. »Klingt ein bisschen weit hergeholt. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass Mina Hinrichsen dahintersteckt. Sie haben sie doch erlebt. Sie wirkte verstört, aber nicht wahnsinnig.«
»Wenn es immer so einfach wäre, Wahnsinn zu erkennen …« Eisenberg wandte sich an Morani. »Was ist Ihre Meinung?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich kann mit diesen Computerspielen nicht viel anfangen.«
»Das hier ist kein Spiel, Frau Morani!«
»Das weiß ich. Aber wenn ich den Menschen hinter der Spielfigur nicht sehe, kann ich seine Handlungen und Aussagen nicht interpretieren. Mir fehlt der Kontext.«
»Ich verstehe. Aber wenn Sie an unser Gespräch mit Frau Hinrichsen zurückdenken, glauben Sie, dass sie uns etwas vorgemacht haben könnte? Dass sie vielleicht schizophren ist oder so?«
»Das wäre denkbar. Schizophrene sind oft sehr überzeugend, weil sie selber glauben, was sie sagen. Trotzdem glaube ich nicht daran.«
»Warum nicht?«
»Nennen Sie es professionelle Intuition. Die Figur dort auf dem Bildschirm ist meiner Meinung nach nicht von Mina Hinrichsen gesteuert worden.«
Eisenberg wandte sich an Varnholt. »Halten Sie es für möglich, dass jemand die Figur Gothicflower übernommen hat?«
»Natürlich. Dafür bräuchte derjenige nur ihren Spielernamen und ihr Passwort.«
Eisenberg schlug frustriert mit der Faust auf den Schreibtisch.
»Verdammt! Wenn es nicht Hinrichsen war, dann sind wir genauso weit wie vorher!«
»Nicht unbedingt«, widersprach Varnholt. »Wir wissen jetzt, dass es einen Täter gibt. Jemanden, der will, dass wir etwas tun. Ihn wecken, wie er gesagt hat. Er hat uns sogar
Weitere Kostenlose Bücher