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Delete: Thriller (German Edition)

Delete: Thriller (German Edition)

Titel: Delete: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg , Karl-Ludwig von Wendt
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Spielidentität. Er lässt die Figur seltsame Dinge über eine ›Welt am Draht‹ sagen. Dann bricht er abrupt ab.«
    »Warum tut er das?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht, um eine falsche Spur zu legen. Möglicherweise gibt es doch eine Verbindung zwischen den Opfern.« Er stockte. »Das Buch!«
    »Was für ein Buch?«
    »Das Buch, über das die Vermissten gesprochen haben. Es lag in Hinrichsens Wohnung.«
    »Die Zeugin, die zuletzt verschwunden ist?«
    »Ja, genau. Vielleicht hat der Täter es dort deponiert.«
    »Oder sie selbst hat es zurückgelassen, als sie verschwand.«
    »Warum sollte sie verschwinden? Meinst du, sie hatte Angst, dass sie selbst das nächste Opfer wird?«
    »Wieso hätte sie dann ausgerechnet dieses Buch besitzen sollen?«
    Sein Vater sah ihn mit diesem herausfordernden Blick an, der Eisenberg schon als kleiner Junge verlegen gemacht hatte: Kommst du etwa nicht selbst darauf?
    »Du denkst, sie steckt dahinter? Sie ist die Täterin?«
    »Die Indizien legen das nahe. Wir haben immer über den Täter gesprochen, weil wir unbewusst davon ausgehen, dass Serienkiller männlich sind. Auch so eine Folge übermäßigen Fernsehkonsums.«
    Eisenberg nickte langsam.
    »Ich hatte bei dem Verhör tatsächlich das Gefühl, dass sie uns etwas verheimlicht. Morani hat das bestätigt. Aber sie sagte, dass Hinrichsen Angst hätte.«
    »Wenn sie wahnsinnig ist, vielleicht paranoid-schizophren, dann hat sie tatsächlich Angst. Dann glaubt sie möglicherweise, nicht sie selbst war es, die die Opfer umgebracht hat. Vielleicht lebt sie in einer Art Traumwelt, in der sie nur eine Gefangene ist, kontrolliert von höheren Mächten, die sie dazu zwingen, Dinge zu tun, die sie gar nicht will. Dieses ganze Gerede von künstlichen Welten passt durchaus in dieses Bild. Aber ich spekuliere. Und Spekulation ist der erste Schritt zum Fehlurteil.«
    »Danke, Vater. Du hast mir wieder mal sehr geholfen! Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich machen würde.«
    »Irgendwann wirst du ohne mich auskommen müssen«, sagte sein Vater ernst. Dann grinste er. »Aber noch bin ich ja da.«
    Eisenberg versuchte, zurückzulächeln, doch sein Mund fühlte sich an wie eingefroren.

36.
    Dir wird schwindelig. Einen Moment lang weißt du nicht, wo du bist. Du hörst sie lachen.
    »Seid still! Alle!«, rufst du, aber sie verhöhnen dich weiter. Fast kannst du sie sehen, wie sie um deinen gläsernen Sarg herumtanzen, mit dem Finger auf dich zeigen, lachen und das alte Lied singen:
    Das Rehlein trank aus einem klaren Bach
    Dieweil im Wald der muntre Kuckuck lacht.
    Der Jäger zielt schon hinter einem Baum,
    Das war des Rehleins letzter Lebenstraum.
    Getroffen war’s und sterbend lag es da,
    Das man noch eben lustig springen sah.
    Da trat der Jäger aus des Waldes Saum
    Und sprach: Das Leben ist ja nur ein Traum.
    Dein Vater hat dieses Lied geliebt. Dachte, du würdest den Text nicht verstehen. Und später hielt er dich für alt genug. Dabei hast du dich immer davor gefürchtet. Wenn er es sang oder die Melodie summte, hast du nur die leeren Augen des toten Rehs vor dir gesehen.
    Die Stimmen waren lange Zeit leise. Haben nur geflüstert. Du musstest ganz genau hinhören, wenn du sie verstehen wolltest. Doch jetzt sind sie zurück und scheren sich nicht mehr darum, dass du sie hörst. Sie wissen, dass du nichts tun kannst. Du bist ihr Gefangener.
    Du rennst die Treppe hinauf. Es dauert einen Moment, bis du die richtige Kombination eingestellt hast: 1 2 07 1 998, das Todesdatum deiner Mutter.
    Du rennst in die Küche. Hier oben sind die Stimmen leiser. Hältst den Kopf unter den Hahn an der Spüle. Kaltes Wasser läuft dir in den Kragen. Es tut gut. Nach einem Moment fällt dir ein, dass du vergessen hast, die Tür zum Keller zu schließen. Du rennst zurück, spähst die Treppe hinab. Die Stimmen sind weg. Nur ein leises Schluchzen dringt von unten herauf. Rasch schließt du die Tür und verstellst die Kombination.
    Sie tut dir leid. Du fragst dich, wie sie sich wohl fühlt, was sie denkt. Die Antwort liegt auf der Hand: Sie hält dich für verrückt. Enttäuschung schnürt dir die Kehle zu. Es wäre so schön gewesen, jemanden zu haben, der dich versteht.
    Wie lange willst du sie noch dort unten gefangen halten? Es kann nicht so weitergehen.
    Du gehst ins Esszimmer, wo dein Laptop auf dem großen Eichentisch steht. Das Arbeitszimmer deines Vaters hast du seit Jahren nicht betreten.
    Deine Hände zittern, als du die Botschaft tippst.

37.
    Eisenberg

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