Delfinarium: Roman (German Edition)
aus, aber ich konnte es auch nicht beurteilen. Sie entzündete ihr Kunstwerk, zog daran und reichte mir ihre Fackel der Freiheit hinüber.
Anschließend hatten wir miteinander geschlafen im Sand, eigentlich recht romantisch, vor uns der dunkle Spiegel des Wassers, leise Brandung, hinter uns der Schutz der Büsche, über uns die Sterne. Aber mich störte der Tabakgeschmack im Mund. Ich bewegte mich in ihr. Im Grunde fühlte ich gar nichts durch das Kondom. Ich wusste schon nach zwei Minuten, dass ich nicht kommen konnte, dass ich niemals mehr kommen würde in ihr, nie. Wir rackerten uns eine Weile ab, mich störte der Sand, der überall zwischen uns war, an uns emporzukrabbbeln schien wie Ameisen. Irgendwann ließen wir es bleiben. Auch Petra hatte schon mal mehr Spaß gehabt, schien mir. Wir saßen halb ausgezogen, halb angezogen nebeneinander im Sand und starrten auf das Wasser. Petra hatte die Knie angezogen und ihre Arme drumgeschlungen.
Wir sprachen nicht und ich fühlte mich auch nicht bekifft,
kein bisschen. Ich war bloß müde und ein bisschen enttäuscht, die ganze Elbromantik fühlte sich schal an.
»Ich bin nicht verliebt in dich«, sagte Pet, »nicht mehr, es ist nicht mehr wie früher, da gab es eine Art von Magie zwischen uns, alles war neu und schön, wenn wir zusammen waren, alles war besonders, die Farben leuchteten, die Menschen sagten und taten besondere Dinge, die sich wahrzunehmen und zu teilen lohnten, und du warst auch offener, herzlicher, origineller, präsenter, insgesamt warst du einfach mehr da und besser, fürchte ich.«
Ich sagte bloß: »Hm, ich weiß, das ist nichts Neues.«
»Ich will nicht mehr mit dir schlafen«, sagte sie.
»Ich will auch nicht mehr mit dir schlafen«, sagte ich.
»Wieso?«
»Ich liebe dich nicht.«
»Ich liebe dich auch nicht, dass das klar ist.«
»Klar«, sagte ich.
»Du spinnst«, sagte Petra und seufzte. »Pass bloß auf dich auf.«
»Wieso das denn?«
»Vielleicht können wir ja doch noch mal miteinander schlafen, irgendwann, nur so ein bisschen, wenn uns danach ist.« Petra sah mich nicht an, sie schaute auf ihren Schoß.
Ich sah sie an und wir beide kicherten und griffen nacheinander, hielten uns an der Hand und saßen da im Sand, lächelnd, aber traurig, ich zumindest.
Petra und ich haben Susann in die Mitte genommen. Es sind nur wenige Wagen auf dem Parkplatz abgestellt. Wir stehen neben einem monströs hohen Laternenmast. Ein Gangstertrio bei der Geldübergabe. Ich habe einfach zu viele Filme gesehen, keine Geste ist neu. Ich stehe auf dem Parkplatz, der Koffer mit dem Geld ist mit einer Handschelle an meinem Handgelenk befestigt. Oder: Petra wartet mit verspiegelter Sonnenbrille im Wagen, auf der Rückbank liegt die Sporttasche mit den Drogen, darauf eine handliche Maschinenpistole. In Wahrheit stehen wir aufgereiht nebeneinander und warten. Ich bin aufgeregt. Ich habe ein flaues Gefühl im Bauch. Der Wagen steht woanders, damit er nicht sehen kann, welches Auto wir fahren.
Ein roter Passat biegt auf den Parkplatz, hält ein paar Meter vor uns. Als er aussteigt, kommt mir die Situation albern vor. Er trägt die gleiche Kleidung wie neulich und sieht aus, als habe er darin geschlafen, seit Tagen schon. Er geht auf Susann zu, die ich an die Hand genommen habe. Er beachtet Petra gar nicht. Stumm steht er vor Susann und schaut, er schaut ihr ins Gesicht mit müden, kleinen, roten Augen. Ich kann nicht sagen, dass sie in irgendeiner Weise auf ihn reagiert. Er nimmt sie ungelenk in den Arm, er schlingt sich um sie und sie lässt es geschehen. Er hält sie fest und sein Oberkörper zuckt. Dann lässt er sie los, tritt einen halben Schritt zurück und schaut wieder. Er greift nach Susanns rechter Hand, ich halte die linke, er die rechte.
Er flüstert: »Komm mit mir, Marie, bitte.«
Er schaut ihr ins Gesicht dabei. Ich schüttle den Kopf, ich weiß nicht, ob er es sieht.
»Komm«, sagt er und wendet sich zum Gehen, »komm, wir fahren nach Hause.«
Susann macht einen Schritt auf ihn zu, um ihm zu folgen. Er lächelt ihr ins Gesicht unter Tränen, zieht an ihrer Hand. Ich fasse Susanns Linke fester. Susann will hinter ihm her. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Ich denke, dass es eine Schnapsidee war, sie ihm auszusetzen. Und auch er tut mir leid. Was soll er tun, als nach der Hand seiner Frau zu greifen, wenn er der ist, für den er sich ausgibt, wenn er an seine Geschichte glaubt?
Ich halte Susanns Hand fest, ich ziehe, ich lasse
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