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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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sich irgendwo festhalten, wir balancieren auf dem vibrierenden Aluminiumboden. Draußen rauscht der Verkehr vorbei; vorne im Bus finden lautstarke Gespräche statt.
    Ich blicke an mir hinunter. Die Falten in meinem Rock sind messerscharf; der Gummibund der Kniestrümpfe fühlt sich an wie eine Kneifzange. »Wer hat bloß diese Uniform entworfen?«, frage ich. »Hannibal Lecter?«
    »Du kannst die Socken umkrempeln. Das machen alle.«
    »Und das sagst du mir erst jetzt?«
    Ich lehne mich ans Fenster und versuche, mich an die ruckartigen Bewegungen des Busses zu gewöhnen. Keds steht breitbeinig und mit geradem Rücken da; er bewegt sich kaum, obwohl der Bus ständig ruckelt, bremst und beschleunigt. Ich will ihn nachahmen, stolpere über meinen Rucksack und stoße mir die Zehe an.
    Langsam füllt sich der Bus. An jeder Haltestelle steigt jemand zu; die meisten sind jünger. An der vierten oder fünften Haltestelle steigen zwei pickelige Jungs mit
zotteligen Frisuren ein und gehen ans hintere Ende des Busses. Sie grinsen und werfen ihre Rucksäcke auf den Boden neben unsere. Sie begrüßen Keds mit High-Fives. Dann sehen sie mich an.
    »Ani, das sind Pranay und Rono«, stellt Keds sie vor. »Jungs, das ist Ani.«
    »Annie«, sage ich, während ich mich zu einem Lächeln zwinge und ihnen die Hand gebe. Ich konzentriere mich darauf, nicht aufzufallen. Das klappt ganz gut. Die beiden sind – trotz Akne und dicker Brillen – typische Zehntklässler, und ich bin eine ganz normale Elftklässlerin, die ihren indischen Namen ohne die Spur eines amerikanischen Akzents aussprechen kann. Dann fragt mich Pranay plötzlich, auf welcher Schule ich vorher war.
    »Eden Prairie High School«, sage ich und hoffe, dass es nach irgendeiner Schule von nebenan klingt.
    »Wie bitte?«
    »Das ist in den USA.«
    »Du bist aus Amerika? «
    »Und hier willst du …«
    »… völlig versagen?«
    Er lacht, wie es sich nach meinem Witz gehört, aber ich sehe ihm an, dass er schockiert ist. Wer verlässt schon die USA, um in Indien zur Schule zu gehen? Das ist, als hätte ich ihm erzählt, ich sei aus der NBA zu den Basketballamateuren gewechselt.
    Rono hüstelt und fragt mich, ob es mir in Indien bisher gefällt.
    Ich antworte scherzhaft, die Uniformen seien großartig. Die Jungs lächeln über meinen amerikanischen
Humor und tauschen gleichzeitig irritierte Blicke aus. Ihnen fällt nichts mehr ein. Sie wenden sich Keds zu und fragen ihn, ob er schon Don gesehen habe. Ob das nicht »ekdum mast« gewesen sei? 1 »Kya twist thha end mein, yaar«, sagt Pranay. »And Priyanka in Aaj ki raat? Mast number, yaar. Maine toh download kar liya.« 2
    »Auf YouTube? Saala. Oh, tu ne YouTube par woh remix dekha? Von Aman2000? Total krass, yaar!« 3 Filme, Musik, Sport, Klatsch, irgendwelche Leute und Orte … Ich gebe mir Mühe, dem lockeren Gespräch zu folgen, aber es gelingt mir nicht. Die indische Jugendsprache, die Anspielungen, der ganze Sprachrhythmus ist mir so fremd – es ist, als sähe ich einen Hindi-Film ohne Untertitel. Ich merke plötzlich, dass mir 16 Jahre Indischsein fehlen. 16 Jahre fehlende Erfahrungen, fehlende Wörter, Dinge, über die ich nie nachgedacht habe, die ich nie gefühlt habe. 16 Jahre lang wurde ich gewissermaßen von Wölfen großgezogen und jetzt soll ich plötzlich auf zwei Beinen ins Dorf zurückgehen. Das wird sehr schwierig.
    »Schau, wir sind da.«
    Ich hatte mich wieder gegen das Fenster gelehnt. Nun richte ich mich auf. Der Bus hält, Keds und die anderen heben ihre Rucksäcke vom Boden auf. Sie springen vom Bus, noch bevor er ganz zum Stehen gekommen ist. Ich folge ihnen und lande ziemlich unsanft.

    NPS. Die Schule erhebt sich hinter großen Toren und hohen Mauern. Ein paar braune, dreistöckige Gebäude, die versetzt angeordnet und untereinander mit Laubengängen verbunden sind. Wir laufen auf das Hauptgebäude zu. Die Fenster reflektieren die Morgensonne, Kinder und Jugendliche drängen hinein, schauen aus den Fenstern, stehen in den Laubengängen, rufen und winken einander zu. Als ich mit Ma hier war, sah es irgendwie anders aus.
    Das Gespräch mit dem Direktor war nicht so gut gelaufen.
    »Wir an der NPS streben eine ganzheitliche Ausbildung an«, sagte Dr. Nangia. Er hatte fleischige Wangen und einen dünnen Spitzbart. Mit diesen Worten gab er Ma das Deckblatt meines Aufnahmetests zurück; eine äußerst niedrige Punktzahl stand darauf. »Und wir haben hohe Ansprüche an die Lehre, die wir mit regelmäßigen,

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