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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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eben genannte Flüßchen, unmittelbar im Rücken des Schlosses, die Felsenwände rechts und links durchschneidet und dadurch eine flankirende Vorwärtsbewegung, wenn auch nicht unmöglich, so doch unter allen Umständen schwierig und zeitraubend machte. Jeder Feind, der hier angriff, mußte entweder den Stier bei den Hörnern packen und das Schloßthor zu forciren, oder aber auf den Felsengraten vorgehend, erst diese, dann, im Hinabsteigen, das Flüßchen zu passiren suchen. Mit geringen Kräften war dem einen wie dem andern vorzubeugen. Man unterließ selbst den Versuch.
    Bald hinter Schloß Podkost hören die Felsparthieen auf oder ziehen sich seitwärts und der Weg läuft, anscheinend durch eine Flachlands-Landschaft, dem nur noch eine halbe Meile entfernten Städtchen Sobotka zu.Wir machten hier Halt, stiegen am Ringe, der auch hier die landesüblichen Arkaden zeigte, ab und bestellten in dem altmodischen Gasthof, dessen Zimmer noch mittelalterliche Gewölbe aufwies, einen Imbiß.
    Wir waren nicht lange allein. Ein zweiter Wagen fuhr vor und drei Offiziere vom 2. Regiment (König Friedrich Wilhelm IV.) stiegen aus und gesellten sich uns zu. Der Wunsch, noch einmal die Kampfesstätte vom 29. Juni, dazu die Gräber jenes Tages und die in den Nachbardörfern liegenden Verwundeten zu sehen, hatte sie aus ihren nördlicher gelegenen Quartieren wieder auf das, eine ganze Kette von Gefechten aufweisende Terrain zwischen Podkost und Gitschin geführt. Sobotka ist etwa der Mittelpunkt dieses Terrains.
    Selbstverständlich drehten sich unsere Gespräche um die verschiedenen Aktionen jenes Tages, besonders um die blutige Affaire bei Nieder-Lochow, an welcher das Bataillon (das zweite vom 2. Regiment), dem unsere drei Offiziere angehörten, vor allen anderen ruhmreich theilgenommen hatte. Es war dies jenes Gefecht, in welchem zunächst die Füsiliere vom 42., dann jenes ebengenannte 2. Bataillon fünf österreichischen Bataillonen, theils von der Brigade Ringelsheim, theils von der Brigade Kalik gegenüber gestanden und schließlich die feindlichen Reihen durchbrochen hatten. Mehr als einmal hatte, in dem ungleichen Kampfe, die Kraft die Unsrigen zu verlassen gedroht, aber mit dem lauten Gebet »Vater hilf! keine Schande, Sieg oder Tod«, waren sie endlich, während der Hauptmann, Freiherr von Kayserlingk, die Fahne des Bataillons ergriff, unter dem Schlagen aller Tambours zum Siege vorgedrungen. Schwere Verluste hatten diesen Sieg begleitet; elf Offiziere und einhunderteinunddreißig Mann, alle diesem einen Bataillon angehörig, waren todt oder verwundet; ein Borcke, einMassow, ein Dewitz,   waren gefallen; jedes der drei ältesten pommerschen Geschlechter hatte einen der Seinen hergegeben; in ein Grab hatte man sie bei einander gelegt. Von den Verwundeten jenes Tages lagen noch verschiedene, Offiziere wie Mannschaften, in den benachbarten Ortschaften, und diesen Verwundeten, wie schon angedeutet, galt in erster Reihe der Besuch unserer drei Offiziere. Wir trennten uns von ihnen, da ihr Weg sie von der Hauptstraße zwischen Sobotka und Gitschin in die seitwärts gelegenen Dörfer führte.
    Es sind mir später von einem älteren Offizier desselben Regiments lebhafte Zweifel daran geäußert worden, daß das 2. Bataillon in jener heißen Stunde bei Nieder-Lochow wirklich das »Vater hilf«, das seitdem eine gewisse historische Berühmtheit erlangt hat, gebetet habe. Der Zweifelnde suchte seine Ungläubigkeit ebenso aus der Situation , wie aus dem pommerschen Charakter heraus, zu begründen. »Das alles sei so unpommersch wie möglich.« Wer pommersche Grenadiere wirklich kenne (so etwa meinte er), könne ihnen nie und nimmer solche Worte, die wohl auf den Lippen einzelner Offiziere geschwebt haben möchten, in den Mund legen. Er sprach wie jemand, der sich gründlich auf diese Dinge versteht; nichts desto weniger muß ich bemerken, daß ihm von einem gegenübersitzenden Kameraden, der in unmittelbarer Umgebung des General v. Steinmetz die Schlachten von Nachod und Skalitz mitgemacht hatte, auf’s Lebhafteste widersprochen wurde. Dieser versicherte, daß er am Tage von Nachod wohl auf fünfzigSchritt Entfernung ein in Granatfeuer stehendes Bataillon so laut das »Vater unser« habe beten hören, daß ihm die einzelnen Bitten deutlich an’s Ohr geschlagen seien. Hiermit mag diese Controverse ihre Erledigung finden.
    Der Abend dämmerte schon leise herein, als wir Sobotka verließen und die prächtige Ruine von Schloß

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