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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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aber es dauerte nicht lange, bis sie es glaubten. Denn hier befinden sich die wunderschönsten Dinge der Welt … Es gibt Feste jeder Art und Versuchungen und Anregungen des Geistes durch viele verschiedene Philosophen; es gibt viele Möglichkeiten, sich zu zerstreuen, und nie endende Belustigungen … die Anwesenheit von Ausländern, an die alle gewöhnt sind und die ihrem Temperament entsprechen, veranlasst sie dazu, ihre Gedanken angenehmen Dingen zuzuwenden …«
    Herakleides Kritikos
    LIII
    Athenae.
    Erwarten Sie
keine
Beschreibung der Monumente und antiken Stätten. Hier handelt es sich um einen Fallbericht, nicht um einen Achilles-bis-Zeus-Reiseführer.
     
    LIV
    Natürlich sahen wir die Akropolis. Da stand sie, spektakulär auf ihrem alles überragenden Felsen, vollgestopft mit monumentalen Torhäusern und buntbemalten Tempeln, genau wie es sein sollte. Uns blieb das Herz stehen – meines nur für einen Moment. Die anderen blinzelten weiter in die Ferne, um das Licht zu erkennen, das vom Bronzehelm der großen Statue der Athene aufblitzte. Ich war zu sehr damit beschäftigt, die Augen nach bezechten Philosophen, anrüchigen alten Kurtisanen, trotteligen Taschendieben und ausgebüxten Schafen offen zu halten.
    Ja, ich sagte Schafe.
     
    Wie gewöhnlich waren wir erst gegen Abend gelandet. Bis es uns endlich gelang, einen Karren für einen nicht vollkommen utopischen Preis zu mieten, hatte die Dämmerung eingesetzt. Uns ging das Geld aus. Helena konnte sich morgen an den Bankier ihres Vaters wenden, und ich wusste, dass Papa hier einen finanziellen Kontakt besaß, dem ich etwas Münzgeld abzuschwätzen gedachte, aber an diesem Abend blieb uns nur noch genügend Bargeld, um unser Gepäck in die Stadt zu befördern, jedoch nichts für die Anzahlung in einem Gasthaus. Helena hatte auf ihrer getreuen Karte ein viertürmiges Mansio ausgesucht, in dem wir hofften, luxuriös untergebracht zu werden und uns von den Entbehrungen im Elefant in Korinth zu erholen – allerdings nicht heute Nacht, meine Freunde.
    Wir wussten, wo Aelianus wohnte. Obwohl Senatoren und ihre Familien gewohnheitsmäßig bei ihren aristokratischen Kumpanen unterkommen, erwartet niemand von einem Studenten, sich ihnen aufzuhalsen und endlos höflich zu einem alten Zausel zu sein, den sein Vater vor dreißig Jahren flüchtig gekannt hatte. Unser Junge hatte ein Mietzimmer. Zu seinem Pech hatte er uns verraten, wo es sich befand. Wir sechs begaben uns direkt dort hin, und da Aulus ausgegangen und wir todmüde waren, nahmen wir das Zimmer in Beschlag und legten uns schlafen.
    »Was für eine Bruchbude! Wie kann ein guterzogener Junge hier wohnen? Mutter wäre entsetzt.«
    »Ich wette allerdings, dass dein Vater nichts gegen den Preis hat … Dieses Bett hat keine Matratzengurte. Kein Wunder, dass er die ganze Nacht unterwegs ist.«
    Aulus kam jedoch vier Stunden nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Das merkten wir, weil Nux ihn anbellte. Sie mochte Aulus zwar nicht erkannt haben, aber er wusste selbst in der Dunkelheit, wer sie war, und knurrte verärgert meinen Namen. Wie bei den meisten Studenten überraschte es ihn nicht im Geringsten, sechs Leute, von denen er einige noch nie gesehen hatte, schlafend in seinem Zimmer vorzufinden. Er suchte sich einen Platz zwischen Gaius und Cornelius, schleuderte seine schwereren Kleidungsstücke in eine Ecke und verstummte wieder.
    »Wer ist der Mann?«, hörte ich Cornelius seinem Vetter Gaius zuflüstern.
    »Ist mir total fremd. Hau ihm dein Knie in die Weichteile, wenn er sich an dich ranmachen will.«
    »Haltet eure Knie bei euch, oder ich versohl euch den Arsch!«, bemerkte Aulus mit dem kristallklaren Akzent eines Senatorensohns.
    Nach einer winzigen Pause rang sich Gaius eine geheuchelte Entschuldigung ab: »Jeder Freund von Onkel Marcus ist … ein Idiot.«
    Mit einem schweren Seufzer befahl Helena: »Seid jetzt bitte alle still.«
     
    Ich konnte nicht wieder einschlafen, nachdem sie mich gestört hatten. Bei Aulus’ torkelnder Heimkehr wäre es höflich gewesen, weit genug wach zu werden, um zu murmeln: »Hallo, wir sind’s!« Als Anführer der Gruppe hatte ich es hingenommen, dass Angelegenheiten der Etikette meine Aufgabe waren; ich konnte es nicht Nux überlassen, unseren Gastgeber zu begrüßen. Jetzt lag ich wach da, hielt Helena sanft an meine Schulter gedrückt und veränderte gelegentlich meine Lage, wenn sie in einem schlechten Traum mit den Füßen zuckte. Im Kopf war sie

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