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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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schuldbewusstes Gesicht dazu, seine gesammelten Schätze auszukippen.
    Sein Sack war voll von winzigen Bronze- und Tonfiguren: Miniaturgötter und Tiere. Laut Gaius hatte er sie »gefunden«.
    »Lüg mich nicht an. Ich bin nicht dein trotteliger Vater.
Wo
gefunden, Gaius?«
    »Ach … bloß in Olympia.«
    Blitzeschleudernder Zeus! Diese Trophäen meines Neffen waren jahrhundertealte Weihgaben. Gaius gestand, sie alle aus dem zwanzig Fuß hohen Aschehügel gebuddelt zu haben, der den großen, anwachsenden Altar des Zeus in Olympia bildete. Wie er das ungesehen geschafft hatte, war ein Rätsel. Ich atmete tief durch. Dann schob ich die Gaben zurück in sein Gepäck und sagte Gaius, dass ich, sollte er wegen der Entweihung einer religiösen Stätte verhaftet werden, leugnen würde, ihn zu kennen.
    Er blickte verängstigt. Cornelius zuckte nervös. Ich drohte ihnen beiden, ihr Gepäck gründlicher zu durchsuchen, sobald ich Zeit hatte. Der Blick, den sie wechselten, deutete darauf hin, dass es noch mehr Beute gab.
    Wir setzten unseren Einzug in den Gasthof fort, den Helena auf ihrer piktographischen Karte zu Recht als eine viertürmige Angelegenheit identifiziert hatte – weiträumig genug, um eine imperiale Poststation zu sein, gut ausgerüstet mit Stallungen, Bädern, Gärten und Speiseräumen. Als wir am Morgen auf der Agora waren, hatte Helena mich zu dem griechischen Bankier ihres Vaters mitgenommen. Julia Justa zahlte jetzt für unsere Unterbringung. Da wir der Ansicht waren, dass die Frau eines Senators nur in einem wirklich guten Gästehaus absteigen würde, ließen wir uns von ihr mit einem gleichartigen Maß an Bequemlichkeit versorgen.
    Nach dem Abendessen kam Aulus zu uns, viel früher, als wir erwartet hatten, was gut war. Seine Mutter würde es begrüßen, dass ich ihn vor dem Nachtleben beschützte.
    »Wird das alles ein bisschen zu anstrengend, Junge?«
    »Ich habe Minas gesagt, ich müsse das Fest wegen meines nörgeligen Schwagers und meiner übellaunigen Schwester früher verlassen.«
    »Danke, du Hund! Und, was hatte der Schluckspecht Minas zu sagen?«
    Die Sieben-Stätten-Gruppe hatte sich nie an Minas von Karystos gewandt, obwohl er nun, nachdem er von ihren vielen Heimsuchungen erfahren hatte, entzückt wäre, ihnen bei Schadenersatzforderungen gegen den Reiseveranstalter behilflich zu sein.
    »Studentenhonorare bringen wohl nicht genug ein«, stichelte ich.
    »Er langweilt sich«, erklärte Aulus.
    »Hier handelt es sich nicht um ein Gesellschaftsspiel!«
    »Beruhige dich, Falco.«
    »So was darf nur deine Schwester sagen. Halt dich bedeckt!«
    Minas hatte sich in die Aufgabe gestürzt, die Gruppe zu finden. Sollte sie sich noch im Athener Gebiet aufhalten, würde ihm das gelingen, davon war Aulus überzeugt. Minas kannte jeden, da er bei den meisten, die über ein Speisezimmer oder einen Innenhof verfügten, der nahe an einem guten Weinkeller lag, Essen und sogenannte Symposien geschnorrt hatte. Von der parfümierten Speiseliege des heutigen Abends aus würde Minas die Sache unters Volk bringen; irgendein Bekannter würde unsere Leute gesehen haben.
    Helena setzte sich neben ihren Bruder und griff nach seiner Hand. »Ich bin froh, dass du hier so viel Spaß hast, Aulus.«
    Als wahrer Bruder befreite Aulus seine Hand so schnell wie möglich. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    Helena setzte ihr Gesicht der besorgten großen Schwester auf. »Du bist für zwei Jahre auf diese phantastische Schule geschickt worden, um den letzten intellektuellen Schliff zu bekommen. Aber du musst nicht hierbleiben, wenn es dir nicht gefällt.«
    »Rom hat seine eigenen Lehrer für Jurisprudenz«, stimmte ich zu. Sollten wir damit andeuten, dass Aulus ein scheues Blümchen war, das mit dem Athener Tempo nicht mithalten konnte, würde er sich verpflichtet fühlen, die Sache durchzuziehen, schätze ich. Womit ich recht hatte.
    »Das Umfeld hier ist toll«, erwiderte Aulus ziemlich steif. »Ich fühle mich total zu Hause, und ich lerne eine Menge.«
    Tja, wir hatten es versucht.
     
    Gaius und sein Schatz an gestohlenen religiösen Weihgaben hatten mich entnervt. Ich beschloss, unsere jungen Gefährten genauer zu überwachen. Ich überließ Helena und Aulus dem Verspeisen der Haselnusskuchen, die er vom heutigen Festmahl mitgebracht hatte, und schlich mich auf Zehenspitzen fort, um unseren kleinen Rabauken nachzuspionieren.
    Auf diese Weise belauschte ich eine rührende Szene.
    Der junge Glaucus war mit Aulus

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