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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Statt bedauert zu werden, sollte man den toten Frauen die Schuld zuschieben.
     
    VII
    Letzter Halt: Olympia.
    Jeder erfahrene Reisende wird Ihnen raten: Erreichen Sie stets Ihr Tagesziel, wenn es noch hell ist. Hören Sie auf diesen Rat.
    Wenn Sie sich zum Beispiel einer Siedlung nähern, die zwischen zwei bedeutenden Flüssen liegt, welche beide dazu neigen, über die Ufer zu treten, vermeiden Sie dadurch sumpfigen Boden. Die umliegenden Berge werden nicht dunkel und bedrohlich aufragen, die Fichten angenehmen Duft verbreiten, statt beängstigend über Ihnen zu knacken. Sie werden in der Lage sein, einen Kuhstall von einer Imbissbude zu unterscheiden, und falls es eine Imbissbude ist, werden Sie erkennen, dass die Besitzer ihre Moneten eingesackt und bis zum nächsten Fest dichtgemacht haben (daher die auf den Tischen gestapelten Stühle), weshalb Sie sich nicht zum Narren machen und etwas zu essen verlangen werden von den beiden finsteren Gestalten ohne Öllampe, die gar nicht die Befugnis hätten, Ihnen etwas zu verkaufen, selbst wenn was da wäre.
    Wenn Sie bei Tageslicht eintreffen, werden Sie sich, während Sie weiter die Straße hinaufgehen, oder was hier für eine Straße durchgeht, nicht fragen müssen, in was für einen ekligen Matsch Sie da gerade getreten sind. Und während Sie auf der Suche nach dem Heiligtum hügelauf und hügelab stolpern, werden die Mitglieder Ihrer Reisegruppe Sie nicht mit endlosen Streitereien, ob die beiden Männer nun wirklich ein Stelldichein in der dunklen Imbissbude hatten, in den Wahnsinn treiben. Sie werden Ihre Begleiter auch nicht dadurch kränken, dass Sie sie anbrüllen, verdammt noch mal zusammenzubleiben und mit dem Gelaber aufzuhören.
    Als Nächstes: Wenn Sie das willkommene Licht eines zweistöckigen Luxushotels erreichen, werden Sie nicht so erleichtert sein, Zivilisation gefunden zu haben, dass Sie verkünden, das beste Zimmer im Hause nehmen zu wollen – obwohl der anzüglich grinsende Pförtner Sie zu dieser ausgezeichneten Wahl beglückwünscht. Es stellt sich dann als hübsches Eckzimmer mit Aussicht nach zwei Seiten heraus, mit einem Ausmaß von fünfunddreißig Quadratfuß, das Ihr gesamtes Wochenbudget verschlingt.
    Danach stellen Sie vielleicht fest, dass dieses riesige Gebäude anscheinend vollkommen leer ist und Sie über den Preis hätten feilschen können – dann hätten Sie den Rest Ihrer Gruppe am anderen Ende des Flurs unterbringen und ein wenig Frieden finden können.
    Inzwischen schließt Ihr Wunsch, die anderen aus Ihrer Gegenwart zu verbannen, auch Ihre Frau mit ein, die darauf beharren wird, Sie zu fragen, warum Sie zu stolz sind und nicht einfach zu dem grinsenden Pförtner zurückgehen, um dem verdammten Kerl zu sagen, Sie hätten einen Fehler gemacht und wollten jetzt billigere Zimmer.
    Sie hätte sich die Worte sparen können. Sie sind so erschöpft, dass Sie mit dem Gesicht nach unten fest eingeschlafen sind.
    Das ist die beste Masche, da Sie aus Erfahrung wissen, dass Ihre liebe Frau – befreit von den Regeln des Paternalismus – jetzt selbst leise zu dem grinsenden Pförtner zurückkehren und für die richtigen Unterkünfte sorgen wird. Vermutlich zu herabgesetztem Preis.
    Wenn sie Sie immer noch liebt, wird sie wiederkommen und Sie holen.
    Wenn ihr Name Helena Justina ist, könnte sie Sie sogar aufwecken, um sich mit Ihren Begleitern ein paar von den gewürzten römischen Würsten Ihrer Mutter zu teilen, nun ausgepackt aus Ihren Zusatztuniken, zusammen mit einer Steingutflasche passablen griechischen Weins, den Helena Justina, das Entzücken Ihres Herzens, dem Pförtner als Willkommensgeschenk in Olympia abgeschwatzt hat.
     
    VIII
    Der Tagesanbruch brachte Sonnenlicht und Harmonie in das breite, bewaldete Tal. Ein Hahn weckte uns früh und krähte den ganzen Tag über weiter. Wir erhoben uns wie gute Touristen, hungrig aufs Frühstück und auf Geschichte. Touristen erholen sich rasch. Sobald ich die Kuhscheiße des gestrigen Abends von meinen Stiefeln gekratzt hatte, waren wir bereit für den nächsten langen, anstrengenden Tag.
    Wir waren im Leonidaion untergebracht, benannt nach einem gewissen Leonidas von Naxos, der seine Nachkommen durch den Bau dieses riesigen alten Gästehauses für reisende Großkopfete umsichtig mit einem Einkommen versorgt hatte. Das quadratische Monster hatte einen stillen Innenhof mit Büschen, Wasserspielen und ein paar Stühlen, wo der Nachtwächter, der momentan auch als Tagespförtner diente,

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