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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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ganz unfehlbar einen solchen Gedanken – ihr Hereinkommen erscheint ihm als eine Art von negativer Impertinenz. Die Unterhaltung stockt gänzlich; jeder schaut wie abwesend durch das Fenster vor ihm, und jeder glaubt, daß sein Nachbar gegenüber ihn anstarre. Steigt jemand in Shoe-Lane und noch jemand an der Ecke der Farringdonstraße aus, so brummt der kleine alte Mann in den Bart und bemerkt dem zuletzt Eingestiegenen, wenn er gleichfalls in Shoe-Lane ausgestiegen wäre, so würde er keinen doppelten Aufenthalt verursacht haben; worauf die jungen Leute abermals lachen und der alte Herr eine sehr feierliche Miene annimmt und nichts mehr sagt, bis er bei der Bank aussteigt und so schnell als möglich davontrabt, was wir gleichfalls tun, und zwar mit dem Wunsche, daß unsere Omnibusfahrt andern auch nur einen ganz geringen Teil des Vergnügens gewährt haben möchte, das sie uns selber gewährt hat.

Öffentliche Diners
    Die öffentlichen Diners in London, von des Bürgermeisters alljährlichem Bankett zu Guildhall bis zur Schornsteinfegerjahresfeier zu White Conduit House – von den Gastmählern der Sheriffs oder Goldarbeiter bis zu denen der patentierten Viktualienhändler oder Fleischer – bieten ohne Ausnahme unterhaltende Szenen. Am unterhaltendsten von allen Ergötzlichkeiten dieser Art ist wahrscheinlich das alljährliche Diner einer Wohltätigkeitsgesellschaft. Bei einem solchen sind die Teilnehmenden einander ziemlich gleich – Leute, die jederzeit Stich halten und den Schmaus zu einer ernsthaften Geschäftssache machen, wobei nichts zu lachen ist. Bei einem politischen Gelage ist jedermann unangenehm und geneigt, lange Reden zu halten, was beiläufig gesagt ziemlich ein und dasselbe ist; wogegen man bei einem Wohltätigkeitsdiner Leute aller Art trifft. Mag sein, daß der Wein nicht von bester Qualität ist, daß einige hartherzige Ungeheuer beim Sammeln murren – die Unterhaltung, die man hier findet, das Vergnügen und die Heiterkeit überwiegen dennoch.
    Laßt uns annehmen, wir wären geneigt, an einem Diner dieser Art teilzunehmen – etwa dem des Vereins der »Freunde armer Waisen«. Der ganze Titel der Gesellschaft ist ein paar Zeilen länger, uns jedoch entfallen. Wir entsinnen uns aber deutlich, daß wir auf Bitten eines Waisenfreundes ein Billett genommen haben, und werfen uns in einen Mietswagen. Der Kutscher – ohne Zweifel aus Fürsorge, daß wir uns mit gebührender Würde einführen – verschließt die Ohren gegen unser dringendstes Flehen, uns an der Ecke der Großen Königinstraße abzusetzen, und läßt es sich nicht nehmen, uns bis unmittelbar vor die Tür der Freimaurertaverne zu fahren, um die sich ein Volkshaufe gesammelt hat, die »Armen-Waisen-Freunde« ankommen zu sehen. Während wir den Kutscher bezahlen, hören wir die große Frage erörtern, ob wir vielleicht der edle Lord sein könnten, von dem angekündigt worden, daß er den Vorsitz übernehmen werde, und hören zu unserer Freude den Ausspruch erfolgen, daß wir ein bloßer »Sänger« wären. Das erste, was uns, sobald wir eintreten, auffällt, ist die erstaunliche Wichtigkeit des Komitees. Wir bemerken im ersten Stockwerk eine sorgfältig von zwei Aufwärtern bewachte Tür und gewahren, daß dicke Herren mit sehr roten Gesichtern hinein- und herauslaufen, und zwar mit einer Eilfertigkeit, die der Würde und Gravität von so bejahrten und korpulenten Männern ganz und gar nicht angemessen ist. Wir stehen erschrocken still und meinen in unserer Unschuld, daß sich irgendein Unglück, im Gedränge etwa, ereignet haben müsse. Doch einer der Türsteher enttäuscht uns sogleich –: »Belieben Sie oben hinaufzugehen, Sir; dies Zimmer ist das Komiteezimmer.« Wir begeben uns natürlich hinauf und sinnen im Steigen darüber nach, worin die Geschäfte des Komitees wohl bestehen mögen und ob die Herren sonst noch etwas tun, als daß sie verwirrt durcheinander reden und laufen und die Türsteher umwerfen.
    Wir legen Hut und Mantel ab, empfangen dafür eine sehr kleine Pappmarke, die wir natürlich verlieren, ehe wir ihrer wieder bedürfen, und treten ein in den Saal, in dem wir vier lange Tafeln für die minder ausgezeichneten Gäste, und quer vor ihnen auf einer Plattform am oberen Ende eine fünfte erblicken, die für die besondern Freunde der armen Waisen bestimmt ist. Wir sind so glücklich, an der Tafel ein Kuvert zu finden, das noch mit niemands Karte belegt ist, setzen uns klugerweise sogleich und haben ein wenig Muße,

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