Dem Himmel entgegen
er. “Das ist nicht nur ein kleiner Schauer. Wir sollten uns beeilen, damit wir nicht in den Sturm geraten.”
Als hätte der Himmel nur darauf gewartet, dass er seinen Satz zu Ende brachte, öffneten sich sämtliche Schleusen, und ein Platzregen ging hernieder. Es goss in Strömen, und obwohl sie, so schnell es ging, ruderten, konnten sie im Regen keine zwei Meter weit blicken.
“Wir müssen aus dem Wasser und aus dem Boot”, brüllte Harris, um das Prasseln des heftigen Regens zu übertönen. “Lassen Sie uns nach links, ans Ufer.”
Der Regen schwoll an, er schlug ihr ins Gesicht, machte sie blind. Verbissen kämpfte sie mit Harris zusammen gegen die Strömung an. Der lenkte das Boot im Zickzackkurs auf das Ufer zu.
“Harris!” schrie Ella plötzlich. “Das Boot läuft voll Wasser!”
“Rudern Sie einfach weiter! Wir schaffen es schon noch bis in die kleine Bucht!”
Ella kämpfte, doch sie war erschöpft. Ihre Arme fühlten sich wie Gummi an. Jeder verzweifelte Ruderschlag schmerzte. Ella konnte nicht sehen, wie weit sie gekommen waren und in welche Richtung sie fuhren, aber sie wusste, dass sie erst in Sicherheit waren, wenn sie das Geräusch von Sand unter dem Kiel des Kanus hören würde. Endlich hatten sie das rettende Ufer erreicht. Sie stolperten aus dem Boot und zogen es mit letzter Kraft auf den schlammigen Strand. Ella rutschte aus, fiel hin, rappelte sich jedoch wieder auf und zog weiter. Sie hatten es geschafft: Das schwer beladene Kanu war sicher an Land.
Ella ließ kraftlos die Arme sinken, als sie sich umsah. “Wo sollen wir nur hin?”
“Sie holen die Ausrüstung aus dem Boot, und ich werde derweil einen Unterstand aufbauen”, rief er. “Gott sei Dank haben wir ja eine Segelplane.”
Eigentlich war Ella zu erschöpft, um noch etwas zu tun, aber sie folgte seinen Anweisungen, weil sie wusste, wie wichtig es war, die Sachen ins Trockene zu bringen. Sie arbeiteten hart, fielen auf dem schlammigen Untergrund immer wieder hin. Harris warf die Plane über die Äste einer Kiefer und fixierte die Enden mit großen Steinen auf dem Boden. Das Zelt war winzig. Er brachte die Ausrüstung in Sicherheit und war gerade dabei den feuchten Boden mit Plane abzudecken, als sie das erste Donnergrollen in der Ferne hörten.
“Kommen Sie endlich!” rief Harris Ella zu und winkte sie zu sich unter das Zelt, damit sie weit genug von dem Leichtmetall-Kanu entfernt war, das sie eben noch umdrehen wollte. Sie stolperte unter die tief hängende Schutzvorrichtung, als im selben Moment der erste Blitz am Himmel zuckte.
Im Dämmerlicht sah sie Harris auf dem Boden kauern, der sich gegen einen Stapel mit Lebensmitteln gelehnt hatte. Er hatte sich eine dünne Decke um die Schultern gelegt, die sie eigentlich für das Picknick benutzen wollten, und öffnete einladend die Arme, damit sie unter den wärmenden Stoff schlüpfen konnte. Sie kniete unter der Plane, zitternd und klatschnass. Mit klammen Fingern befreite sie sich von der Rettungsweste und kroch hinüber zu Harris, um Schutz zu suchen vor dem Regen, der immer noch heftig wütete und an ihrem Zelt riss. Harris drückte sie an sich, murmelte beruhigend auf sie ein und strich ihr sanft die Tropfen aus dem Gesicht. Ella zog die Knie an und kuschelte sich eng an ihn. In seinen Armen fühlte sie sich seltsam geborgen und sicher vor dem Sturm.
“Sie sind völlig durchnässt”, sagte er.
“Und mir ist so kalt”, fügte sie zitternd hinzu. “Der Regen ist wirklich eisig.”
“Diese plötzlichen Stürme sind meist so schnell wieder vorüber, wie sie gekommen sind. Wir sollten einfach ein Weilchen hier abwarten.”
In diesem Augenblick zuckte ein greller Blitz bedrohlich am Himmel. Ohrenbetäubendes Donnergrollen erfüllte die Luft. Ella schrie erschrocken auf und klammerte sich an seinem T-Shirt fest.
“Das hört sich an, als wäre das Gewitter direkt über uns!”
“Beruhigen Sie sich, Ella. Keine Angst”, murmelte er ganz nah an ihrem Ohr. “Alles ist gut.”
“Sind Sie sicher? Was passiert, wenn der Blitz in einen Baum einschlägt? Ich musste schon Menschen behandeln, die auf diese Art zu Schaden kamen.”
Er runzelte die Stirn und blickte unter der Plane hervor nach draußen. Außer dem Gras, das sich unter den schweren Niederschlägen bog, und dem Regen konnte er nichts erkennen. “Die Bäume stehen weit genug von uns entfernt.”
“Aber was passiert, wenn wir getroffen werden? Ich kannte mal einen Mann, der nicht einmal direkt vom
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