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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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ihrem eigenen Versagen.
    Das zu hören half ihm, seine Zweifel im richtigen Licht zu betrachten. Er war nicht allein auf einem “morschen” Ast wie der arme alte Pee Dee. Er und Ella waren Verbündete in diesem Kampf. Als er wieder zu Ella sah, schienen sich die harten Linien in ihrem Gesicht entspannt zu haben, und sie sah ihn mit Besorgnis an.
    “Zusammenarbeiten … ich mag diesen Gedanken”, sagte er.
    “Ich auch.”
    “Wissen Sie”, fügte er hinzu und konnte spüren, dass sie gerade eine Mauer zwischen sich eingerissen hatten. “Es wäre ein guter Anfang unserer gemeinsamen Arbeit, wenn Sie aufhörten, mich Mr. Henderson zu nennen, und stattdessen Harris zu mir sagen würden, wie alle anderen auch.”
    “Also gut, Harris. Und bitte, nennen Sie mich einfach Ella.”
    “Gut. Einfach Ella.”
    Er bemerkte, wie ihre Wangen bei seinem schwachen Versuch, lustig zu sein, zart erröteten und ihre dunklen braunen Augen zu funkeln begannen. Irgendwie fühlte es sich ein wenig wie ein Flirt an.
    Als ob auch sie so dachte, presste sie die Hände zusammen und begann hastig, zu sprechen.
    “Letzte Nacht hat Marion vor dem Zubettgehen wahrscheinlich zu viel gegessen, oder sie hatte in der Nacht einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel. Das kann ich jetzt so ad hoc nicht sagen. Ich habe ihr ein Erdnussbutter-Marmeladen-Brot gegeben, um den Zuckerwert wieder ein bisschen zu stabilisieren. Die kleine kecke Göre hat es aber erst gegessen, als sie dachte, ich würde es nicht sehen”, fügte sie hinzu und lächelte leise bei der Erinnerung daran. “Ich fürchte, im Moment stehe ich auf der Liste ihrer Lieblings-Menschen auf dem letzten Platz.”
    Das Geschrei von oben flaute ab. Ella richtete einen Augenblick lang gespannt den Blick in Richtung Decke und spitzte die Ohren. Plötzlich war es herrlich ruhig. Sie sah Harris an, und ein verständnisvolles Lächeln huschte über beide Gesichter.
    “Noch Kaffee?” fragte sie heiter.
    Ella Elizabeth Majors war in ihrem Element. In ihren Augen war der Haushalt mit einem hübschen, aber verstaubten Teppich zu vergleichen, der einfach einmal gründlich ausgeklopft und dann wieder gerade auf den Boden gelegt werden musste. In den letzten paar Tagen hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes die Ärmel hochgekrempelt und das Haus mit Hingabe gereinigt. Sie fühlte, dass sie langsam die Kontrolle über dieses ganze widerspenstige Gemäuer gewann.
    Mit Marion allerdings tat sie sich nicht so leicht. Sie konnte Harris’ Anstrengungen als allein erziehender Elternteil plötzlich sehr gut nachvollziehen. Im Moment saß Marion ganz friedlich am Tisch und aß ihr Frühstück. Ella wollte unter keinen Umständen irgendetwas tun, was sie ärgerte, um diese Ruhe nicht zu stören – auch wenn es nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm war.
    Es war nicht wirklich die Schuld des Kindes, dass es so temperamentvoll war. Marion hatte bis jetzt nach Regeln gelebt, die eher für die Erwachsenen in ihrer Umgebung geeignet waren. Sie ging spät zu Bett und schlief morgens lange. Das Erste, womit Ella begonnen hatte, war, Marion an einen neuen, kindgerechteren Tagesablauf zu gewöhnen. Leider beinhaltete das auch, dass sie das Mädchen jeden Morgen zwingen musste aufzustehen, um es dann mit Nadeln zu traktieren. Und so begann jeder Tag mit einem Wutausbruch statt mit einem Lächeln.
    Aber das waren nur Kleinigkeiten, verglichen mit dem, was der schwerste Kampf werden würde, wie Ella schon ahnte: der Kampf um das Fernsehen. Marion verbrachte viele Stunden täglich vor dem Apparat und sah sich eine Kindersendung nach der anderen an. Manchmal schien sie schon quadratische Augen zu haben. Ella hatte sie bis jetzt noch nicht mit einem der Dutzende Spielzeuge, die im Haus verstreut lagen, spielen oder sich draußen beschäftigen sehen. Sie wusste, dass es einfacher wäre, die Hausarbeit zu erledigen, wenn Marion ruhig auf dem Sofa lag und fernsah. Das schien eine immer gebräuchlichere Form des Kinderhütens zu sein. Aber ihre oberste Priorität bestand darin, sich um Marion zu kümmern, nicht um den Haushalt.
    Also hatte sich Ella für heute vorgenommen, den Fernseher nicht einzuschalten.
    Es dauerte nicht allzu lange, bis sie das verräterische Geräusch des Löffels hörte, der in die leere Müslischale gelegt wurde, und das Scharren eines Stuhls, der nach hinten geschoben wurde. Marion hatte ihr Frühstück offensichtlich beendet. Ella wischte sich schnell die Hände an der Schürze ab und ging durch die

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