Dem Killer auf der Fährte
die er in Elaines Büro gefunden hatte, zu erzählen, und als ich ihn bat, mir eine Kopie von Donna Zalewskis Abschiedsbrief zu überlassen, hat er bloß herumgedruckst.
Die Polizei hatte Elaines Heizung abgestellt und der Putzfrau gekündigt. Das Haus war kalt und roch wie ein Kühlschrank, den seit Wochen niemand mehr geöffnet hatte, und überall lag eine dicke Schicht Staub, die an einigen Stellen aussah wie grauer Puder. Im zweiten Stock befand sich Elaines Schlafzimmer. Das Bett war abgezogen, und eine der Steppdecken lag auf dem Boden. Dann gab es dort noch ein weißgekacheltes Bad und das Arbeitszimmer, das ich gesucht hatte, ein kleiner Raum ohne Fenster, den jemand anderer als Elaine wahrscheinlich als begehbaren Kleiderschrank verwendet hätte. Es war eingerichtet mit einem kleinen Bücherregal, einem Stuhl, einem Panasonic-Drucker auf einem Gestell und einem Schreibtisch, auf dem eine futuristisch aussehende Schwanenhals-Lampe und ein Zeos 286-Computer standen.
Die Schreibtischschubladen waren leer, bis auf etwas Büromaterial, Kugelschreiber und Bleistifte. Die Polizei hatte zwar offensichtlich auch alle Disketten, die Elaine besaß, mitgenommen, jedoch den Computer zurückgelassen. Hätte Elaine gewußt, wie sehr ich einen neuen Computer brauchte und wie gut ich zu Kimi sein würde, hätte sie mir sicher ihren Zeos-286 vermacht, so daß ich mich ermächtigt fühlte, den Computer einzuschalten und den Inhalt ihrer Festplatte zu prüfen. Sie hatte mit Word Perfect gearbeitet, aber keine ihrer Dateien gesperrt. Ich rief einige von ihnen ab und sah, daß sie ihre Patientenunterlagen nicht im Computer archiviert hatte. Bei einigen Dateien schien es sich um mehrere Kapitel für ein neues Buch zu handeln, bei den meisten anderen um Briefe. Zwei davon waren an Joel Baker adressiert, wovon der erste einige Monate zuvor datiert und geschrieben worden war.
Sehr geehrter Dr. Baker,
im Verlauf meiner Behandlung einer ehemaligen Klientin von Ihnen, Frau Donna Zalewski, haben sich schwerwiegende Fragen ergeben, die Ihr Verhalten im Hinblick auf die Beziehung zwischen Therapeut und Patient betreffen.
Bitte kommen Sie in mein Büro, damit wir diese äußerst ernste Angelegenheit besprechen können.
Sie nannte ihm ein Datum und eine Uhrzeit für das Treffen und fragte erst gar nicht, ob ihm dieser Termin passen würde.
Der zweite Brief war ein paar Tage vor Elaines Tod geschrieben worden:
Sehr geehrter Dr. Baker,
da Sie auf meinen früheren Brief nicht zufriedenstellend geantwortet haben, und ich mich nach dem tragischen Tod von Donna Zalewski veranlaßt sehe, Maßnahmen einzuleiten, um zukünftige Vorkommnisse dieser Art zu verhindern, habe ich keine andere Wahl, als die mir zugetragene Information dem Vorstand der Massachusetts Psychological Association zu unterbreiten.
Aus Gründen der beruflichen Verantwortung halte ich es für angebracht, Ihre Patienten auf derartige Enthüllungen über einen Therapeuten vorzubereiten. Deshalb werde ich aus Rücksicht auf Ihre Klienten und in der Hoffnung, daß Sie entsprechende Vorsorge treffen, erst zehn Tage ab heutigem Datum den Vorstand benachrichtigen.
»Ich verstehe ja, daß du auf deinem Berufsethos bestehst«, sagte ich zu Rita. »Und ich finde das auch ganz in Ordnung. Das würde wohl jeder. Wenn ich zu einer Therapeutin ginge, würde ich auch nicht wollen, daß sie mit anderen über mich spricht. Noch nicht einmal, nachdem ich tot wäre, würde ich das wollen, sogar wenn ich eines natürlichen Todes gestorben wäre. Und ich bitte dich ja nicht darum, es öffentlich zu machen. Ich bin nicht Kevin Dennehy. Und ob düs glaubst oder nicht, aber das ist auch nicht die Art von Story, die üblicherweise in Dog's Life erscheint. Ich glaube, das würde da niemanden interessieren.«
Rita hatte ihren linken Ellbogen auf meinen Küchentisch gestützt und strich sich mit den gespreizten Fingern ihrer linken Hand immer wieder durch die Haare. Sie war blaß und knabberte nervös an den Lippen. Alte Angewohnheiten legt man nur schwer ab, sogar nach so vielen therapeutischen Sitzungen, wie Rita sie gehabt hatte.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll«, antwortete sie, während sie die Kopie des ersten Briefes wieder zur Hand nahm. Ich hatte beide Briefe ausgedruckt und mit nach Hause genommen. »Offensichtlich hat er auf ihren ersten Brief nichtgeantwortet, oder ist zumindest nicht zu dem Termin erschienen. Es fällt mir schwer, das zu
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