Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
macht sich ein Team der Spurensicherung auf den Weg. Die Polizei ist nach dem Notruf schnell vor Ort, da in unmittelbarer Nähe noch immer die umfangreiche Suche nach Michelle läuft. Der Fundort wird weiträumig abgesperrt. Gegen 14:30 Uhr treffen die Kriminaltechniker ein, die das Gelände untersuchen sollen. Noch weiß niemand, ob es sich um einen Unglücksfall oder ein Verbrechen handelt, auch nicht, ob das die Leiche der kleinen Michelle ist.
Wie ein Lauffeuer verbreitet sich im Südosten Leipzigs die Kunde von dem Fund. Sehr schnell ist klar, dass es sich um eine Kinderleiche handelt. Die Anwohner strömen in Scharen zum Stötteritzer Wäldchen; beobachten, wie das Gebiet mit Pylonen und rot-weißem Flatterband abgesperrt wird, versammeln sich, reden, hören Radio und beobachten die Polizei bei ihrer Arbeit. Michelles Eltern sind zu diesem Zeitpunkt daheim, schwanken zwischen Verzweiflung und der Hoffnung, ihre Tochter lebend wieder zu sehen – noch wissen sie nichts von dem grausigen Fund. Vor ihrem Wohnhaus ist es gespenstisch still, nur ein Einsatzwagen auf der anderen Straßenseite bewacht das Haus.
Im Wäldchen und den angrenzenden Straßen wimmelt es unterdessen von Männern und Frauen in olivgrünen Uniformen, von Feuerwehrautos und Polizeifahrzeugen.
Der leblose Körper kann nicht gleich aus dem Tümpel geborgen werden, um keine weiteren Spuren zu zerstören. Die LKA-Beamten müssen sich Meter für Meter heranarbeiten. Jedoch – die Hinweise verdichten sich, dass es sich um die achtjährige Michelle handeln könnte.
Sehr schnell haben auch die Medien von dem Fund im Weiher erfahren, strömen herbei, befragen die Umstehenden, filmen und versuchen, Einblick in das Gelände zu bekommen, während sie auf eine offizielle Pressemitteilung warten.
Inzwischen stellt sich der Landespolizeipräsident den Fragen der Journalisten. Er ringt um Worte, bestätigt, dass es eine Kinderleiche sei, die von Spezialisten der Kriminalpolizei geborgen wird. Ob es sich um Michelle handele, könne er noch nicht sagen, man müsse erst die Bergung und Identifizierung abwarten. Spezialkräfte seien unterwegs, unter anderem die Tatortgruppe des Landeskriminalamtes, Fährtenhunde und Spezialhunde, so genannte Mantrailer , die den Individualduft einzelner Personen erkennen und aufspüren könnten. Sie sollen Fährten aufnehmen, die vom Fundort wegführen. Auch der zuständige Staatsanwalt ist vor Ort. In Leipzig sind vier Staatsanwälte für die Bearbeitung von Kapitalverbrechen zuständig. Klaus-Dieter Müller ist einer von den vieren und der Fall Michelle wird ihm zugeteilt.
Die Kriminaltechniker der Spurensicherung tragen weiße Schutzanzüge und Handschuhe. Als die geborgene Kleidung untersucht wird, sind sich die Ermittler bereits ziemlich sicher. Trotzdem ist es notwendig, die eindeutige Identifizierung von Michelle abzuwarten. Ob das ihre Eltern tun werden, ist noch unklar. Dies sei ganz allein ihre Entscheidung, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt. Trotz zahlreicher Übereinstimmungen bei Kleidung und sonstigen Merkmalen gibt es juristische Sicherheit erst, wenn eine DNA-Probe vorliegt.
Dr. Carsten Hädrich ist der Rechtsmediziner, der zu diesem Zeitpunkt Rufbereitschaft hat. Er wird sofort nach dem Auffinden des Kinderkörpers alarmiert und fährt zum Fundort. Noch am Ufer nimmt er eine erste Leichenschau vor. Auf einer wasserfesten Folie wird das tote Kind entkleidet und untersucht. Er stellt Schürfwunden, Blutergüsse und Schwellungen fest, und dass am Hinterkopf ganze Haarbüschel fehlen. Das Kind ist schon längere Zeit, etliche Stunden, tot. Dann wird der kleine Körper ins rechtsmedizinische Institut in der Johannisstraße gebracht.
Die Zeit schleicht dahin, während Taucher zum Einsatz kommen und Ermittler in achselhohen Wathosen den Weiher Stück für Stück durchforsten.
Stunden später wird aus Vermutungen traurige Gewissheit und die Polizei gibt bekannt: Michelle ist tot. Am Abend dieses Tages, dem Tag, an dem Michelles Leiche gefunden wird, pumpt die Feuerwehr den Teich ab, um keine Spuren zu übersehen.
Unklar ist nach wie vor, wie die Leiche des achtjährigen Mädchens in den Weiher gelangt ist. Mehr als 100 Polizisten hatten auch dieses Gelände in den zurückliegenden Tagen bereits durchkämmt, ein Anwohner saß am Vortag mit seiner Frau auf einer Bank direkt am Teich – niemandem ist etwas aufgefallen, niemand hat den im Wasser treibenden Körper vorher gesehen. Wo war die Kinderleiche in der
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