Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
auch Elternvertreter von Michelles Schule sorgen dafür, dass die Forderungen nach der Todesstrafe schnell wieder verstummen.
Die Demonstrationen sollen von nun an wöchentlich jeden Montagabend stattfinden. Die geplante Strecke soll über die Zweinaundorfer Straße, die Breite Straße und die Dresdner Straße bis zum Augustusplatz führen. Am Augustusplatz soll dann jeweils eine Kundgebung stattfinden.
Unseriöse Berichterstattung ?
Dienstag, 25. August 2008
Die Bild – Zeitung wartet auf der Titelseite mit der Information auf, Michelle sei sexuell missbraucht worden. Will das Boulevardblatt nur Quote machen? Oder liegen der Zeitung tatsächlich interne Informationen vor? Folgt man der Reaktion der Polizei, ist Letzteres der Fall.
»Details zum Tod des Mädchens gehören nicht in die Öffentlichkeit«, kommentiert ein Polizeisprecher den Artikel, »[s]ie nützen nur dem Täter«. Aus diesem Grund habe man eine Informationssperre verhängt. Der Täter darf nicht wissen, was die Polizei alles weiß.
Die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass ein vorläufiger Obduktionsbericht vorliegt. »Wir werden uns zum Inhalt […] mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen und die Angehörigen der Verstorbenen nicht äußern.« Das sei Ausdruck einer gebotenen Zurückhaltung über Informationen zu einem laufenden Ermittlungsverfahren. Klaus-Dieter Müller, der Staatsanwalt, mahnt insbesondere unter Verweis auf die Familie des Opfers zur Zurückhaltung.
Auch an diesem Dienstag gehen fast stündlich Hinweise bei der Leipziger Polizei ein und doch gibt es noch immer keine heiße Spur. Ein Polizeisprecher dämpft die Hoffnungen auf einen schnellen Fahndungserfolg. »Zu glauben, wir sind in wenigen Tagen mit der Überprüfung aller Spuren und Hinweise durch, ist nicht realistisch.« Die Ermittler müssen akribisch vorgehen, Schnellschüsse bringen nichts. Die am Wochenende verhängte Nachrichtensperre wird aufrechterhalten.
Schulleitung und Hort der 25. Grundschule haben einen offenen Brief an die Eltern gerichtet. Darin heißt es:
Liebe Eltern , nun ist es zur traurigen Gewissheit geworden, dass Michelle aus de r Klasse 3a einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist . Viele, fast alle Kinder und deren Eltern und auch wir Lehrer und Erzieher sind davon sehr betroffen . Wir haben deshalb mit Ihren Kindern darüber gesprochen und versucht , auf Ängste und Sorgen einzugehen. Schulpsychologen der Bildungsagentur, Vertreter des Schulverwaltungsamtes, Frau T. und Herr S und wi r
beide standen neben allen anderen Lehrern und Erziehern der Schule bereit, um zu helfen. Erfahrungsgemäß ist es so, dass so ein Geschehen verschiedenste und auch ungewöhnliche Reaktionen auslösen kann. Möglicherweise hat Ihr Kind Ihnen viel erzählt, wollte in Ihrer Nähe sein oder musste immer wieder weinen; vielleicht hat es aber auch kaum über Michelles Tod gesprochen und verhielt sich, als wäre nichts geschehen. Es könnte aber auch sein, dass sich Ihr Kind besonders ausgelassen, albern oder auch aggressiv gebärdet hat. Es kann ebenfalls sein, dass Ihr Kind nicht wie üblich essen möchte, sich nicht wie üblich konzentrieren oder schlafen kann. In den vergangenen Tagen haben Sie selbst und Ihre Kinder schon Wege finden müssen, mit dieser Situation zurecht zu kommen. An dieser Stelle möchten wir Ihnen einige Empfehlungen geben:
Geben Sie Ihrem Kind Gelegenheit, sich auszusprechen, während Sie sich mit ihm beschäftigen,; eine Unterhaltung während des Essens oder beim Spielen ist eine gute Gelegenheit, ihm nahe zu sein und es zu unterstützen.
Lassen Sie es zu, wenn Ihr Kind seine Gefühle zeigt. Es kann auch sein, dass Ihr Kind das Entsetzen erst nach einigen Tagen spürt. Zeigen Sie Verständnis und gestehen Sie Ihrem Kind die Nähe zu, die es im Moment braucht.
Ihre eigenen Sorgen und Ängste dürfen Sie Ihrem Kind ruhig zeigen. Sprechen Sie mit ihm aber auch darüber, was Ihnen hilft, mit der Sorge oder der Angst zurecht zu kommen. So kann Ihr Kind von Ihnen lernen, dass man auch außergewöhnliche Situationen bewältigen kann.
Wenn Sie bemerken, dass Ihr Kind beunruhigende Gedanken hat, fragen Sie es, welche Hilfe es möchte. Vielleicht braucht es Ablenkung oder mehr Nähe.
Wenn Ihnen das Verhalten Ihres Kindes – auch noch nach einigen Wochen – Sorge bereitet, Sie unsicher darüber sind, ob es in der Lage ist, das Geschehene zu verarbeiten, gibt es Stellen, an die Sie sich wenden können: […]
Bitte versuchen Sie auch, Ihren Kindern
Weitere Kostenlose Bücher