Dem Leben Sinn geben
Dank. So wird eine heimliche Liebe daraus, so verbreitet wie andere heimliche Lieben.
Aus einer solchermaßen verleugneten Liebe kann eine verwahrloste werden, eine, die keine sein soll, verborgen vor den Augen der Anderen, aufrechtzuerhalten nur mit einem schlechten Gewissen, mit allen Merkmalen einer verschwiegenen Leidenschaft, die dem gerissenen, nicht aber dem klugen Umgang mit Geld förderlich ist. Um die heimliche Liebe zu kaschieren, wird sie ideell eingekleidet, mit ansehnlichen Ideen, Werten und Worten ausgestattet, die keine Zweifel aufkommen lassen sollen: Aus reiner Menschlichkeit werden großzügig »Mittel zur Verfügung gestellt«, wo es in Wahrheit um lukrative Investitionen geht. Unbedingt sollen »Arbeitsplätze erhalten bleiben«, wo in Wahrheit der Gewinn erhalten und politisch eine Wiederwahl gesichert werden soll.
Sinnvoller wäre eine gepflegte Liebe , die sich zu ihrem Objekt bekennt und so gefühlvoll wie überlegt, mit menschlicher und monetärer Kompetenz damit umgeht. Wenn einer das Geld liebt, es jedenfalls mag und wertschätzt, nimmt ja vielleicht auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass das Geld ihn wiederum liebt, ihn nicht verlässt und sogar gerne auf ihn zukommt, voller Vertrauen, gut behandelt zu werden. Vor allem das kluge Kalkül könnte den bewussten Umgang mit Geld zur Erscheinungsform einer geistigen Liebe machen, einer Agape -Liebe über den bloßen Eros des Geldes hinaus. Und auch diese Liebe muss atmen können, daher wäre außer der Fähigkeit zur Ekstase auch die zur Askese einzuüben, um nicht nur zur Verausgabung, sondern auch zur Zurückhaltung und Enthaltsamkeit in der Lage zu sein, in der die Kräfte und Geldbestände sich wieder erholen können.
Beide Seiten könnten abwechselnd in einem vorsätzlich gepflegten, widersprüchlichen Umgang mit Geld zum Vorschein kommen: Geizig , wo es nötig ist, großzügig , wo es möglich ist. Der Geiz sorgt für die materiellen Ressourcen, mit denen die ideelle Großzügigkeit frei hantieren kann. Geiz ist nötig, damit der Großzügigkeit nicht irgendwann überraschend die Mittel abhandenkommen, Großzügigkeit ist erforderlich, damit der Geiz sich nicht in einem geistlosen Raffen erschöpft, diesem Dagobert-Duck-Syndrom . Wo aber ist es möglich, sich großzügig zu zeigen? Eigentlich überall, günstige Gelegenheiten dazu offerieren jedoch Kunst und Kultur, die im Gegenzug Geist und Sinn in reichem Maße zur Verfügung stellen.
Die Liebe zu Kunst und Kultur als Element der Lebenskunst
Die »Förderung der Liebe zur Kunst« liegt zuallererst den Künstlern selbst am Herzen. Mit seiner Frau Ada gründete der Maler Emil Nolde eine Stiftung unter diesem Namen, die nach seinem Tod 1956 ihre Arbeit aufnahm und seither am Wohn- und Arbeitsort des Malers in Seebüll nahe der Insel Sylt, seit 2007 auch in Berlin Ausstellungen veranstaltet, in denen Menschen ihre Liebe zur Kunst entdecken oder ihr wieder nachgehen zu können. Langsam wandere ich an den Bildern entlang, halte vor einem inne, das mir besonders interessant erscheint: Irgendetwas zieht meinen Blick an, eine Farbe, eine Linienführung, eine Technik, das gemalte Licht, die eigenartige Komposition, das dargestellte Sujet. Was genau ist es? Wasruft das in mir wach? Was stellt das Bild dar? Wann wurde es gemalt? Wo? Welchen Titel hat der Maler ihm gegeben?
Das Denken und Deuten kommt in Gang, auch dann, wenn mir ein Bild nicht gefällt. Ausstellungen vermitteln Sichtweisen, die überraschend, bekräftigend, dann wieder fragwürdig und rätselhaft erscheinen. Sie schaffen Freiräume, in denen der Besucher saumselig umherwandern und neue Zusammenhänge aufspüren kann, angeregt von den Objekten der Kunst und auch gänzlich losgelöst davon, denn die Gedanken schweifen ab und finden ihre eigenen Sujets. Zwischendurch geht der Blick zum Fenster, einem Bild anderer Art. Draußen setzt der Wind die Blätter in Bewegung, drinnen hat der Maler die Bewegung mit dem Pinsel festgehalten oder aber seine eigene Wirklichkeit geschaffen.
Die Wirklichkeiten der Bilder sind für den Betrachter Möglichkeiten der Welt, des Sehens, Fühlens, Denkens, Lebens. Der Raum flirrt von Möglichkeiten, das macht die Erotik einer Ausstellung aus, und das ist wohl auch ein Grund für die Liebe zur Kunst: Kunst erkundet Möglichkeiten und zeigt deren Unerschöpflichkeit auf, in der Moderne mehr als je zuvor, denn Kunst ist das Möglichkeitskraftwerk der Moderne. Der Reichtum der Möglichkeiten macht einen
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